Essen. Urlauber haben im katalonischen Roses die Möglichkeit, einen Tag lang auf einem Fischerboot mitzufahren. Jeder Tourist bezahlt 140 Euro inklusive Verpflegung. Die Fischer wollen, neben dem Verdienst, den schlechten Ruf der Fischerei verbessern - sie machen das Meer nicht kaputt, sie säubern es.

7 Uhr morgens am Ausgang des Hafens von Roses im nördlichen Katalonien. Ein Dutzend Fischerboote warten ungeduldig auf den „Startschuss“ zur Abfahrt, hier in Form einer Sirene. Die Netze sind aufgerollt, die hellblauen Fischkästen leer und gestapelt an Bord. Der Morgen dämmert noch, die Lichter der Villen am Hügel oberhalb des Küstenortes blinken.

Spätestens um 17 Uhr müssen Kapitän Francesc Sastre Fontes und seine Mannschaft wieder zurück sein. Wenn er später einliefe, würde ihm diese Zeit von der Fangzeit am nächsten Tag abgezogen. Die Eile hat aber noch einen anderen Grund: Je früher der Fischer seinen Fang am Nachmittag in der Lonja, dem Fischmarkt, abliefert, desto höher sind die Preise, die er dafür in der Versteigerung erwarten kann. Die Restaurants wollen den Fisch so frisch wie möglich, oft noch zur Verarbeitung am gleichen Tag.

Schlechten Ruf der Fischerei verbessern

Seit ein paar Monaten gibt es in Roses die Möglichkeit für Touristen, einen Tag lang auf einem Fischerboot mitzufahren. Die Genehmigung dafür zu erhalten, war gar nicht so einfach. Gesetzlich war die Mitfahrt von Touristen auf Fischerbooten bisher untersagt. Die Fischer, die sich an der Initiative beteiligten, wollten zwei Dinge erreichen: Zum einen einen Nebenverdienst – jeder Tourist bezahlt 140 Euro für einen Tag auf See, inklusive Verpflegung. Zum anderen wolle man den schlechten Ruf der Fischerei verbessern. „Wir machen das Meer nicht kaputt“, bekräftigt Sastre. Vielmehr würden die Fischer es sogar säubern, denn oft verfängt sich Abfall in den Netzen, den die Fischer dann an Land nehmen.

Es wird heller. Die Boote sind so weit auseinander gedriftet, dass die „Mèdan“ von Kapitän Sastre mutterseelenallein auf dem Meer ist. Mit einer riesigen, elektrisch betriebenen Kabeltrommel wird das 50 Meter lange Schleppnetz mit Stahlseilen ins Meer hinabgelassen. Zwei Stunden fährt Sastre jetzt mit mittlerer Geschwindigkeit und hofft, dass sich die Fische unten am Meeresboden im Netz verfangen.

Zeit für ein Matrosenfrühstück: in der Kombüse gibt es Pulverkaffee aus Blechtassen, dazu das in Katalonien unverzichtbare Tomatenbrot, Salami und Schinken. Nach zwei Stunden wird das Netz heraufgeholt – die Beute fällt allerdings enttäuschend aus. Mittelmeerdorsch, Hechtdorsch, Seeteufel, Garnelen, Tintenfisch und Seezunge werden mit flinken Fingern von den vier Fischern auseinandergeklaubt und in die Kisten sortiert. Die Strumpfbandfische, die nicht verkäuflich sind, fliegen zurück ins Meer.

Am Vorabend zur Schulung zusammengefunden

Am Vorabend hatte sich die kleine Gruppe von Hilfsmatrosen zur „Schulung“ zusammengefunden, um sich für den Tag auf dem Kutter vorzubereiten. Bei einem spektakulären Sonnenuntergang, der die fast geschlossene Bucht von Roses in tiefrotes Licht tunkte, wurde die „Mèdan“ in Augenschein genommen. Eine verfrühte Rückfahrt bei Seekrankheit? „Unmöglich“, betont Projektleiter Xavi Abad.

Nach dem enttäuschenden ersten Fang peilt Kapitän Sastre dann einen weiter entlegenen Fanggrund an. Drei Stunden lang zieht das Boot das Schleppnetz über den Meeresboden, währenddessen ist an Bord Müßiggang angesagt. Auf Monitoren kann die Beschaffenheit des Meeresbodens verfolgt werden, und die roten Flecken darüber signalisieren Fischschwärme. In der Kombüse brutzelt der Chefkoch indes das Mittagessen. Frischeren Fisch gibt’s nirgends! Die eben gefangenen Filets werden in kleine Tranchen geschnitten, paniert und in Olivenöl gebraten. Dazu gibt es Baguette, Salat und einen spritzigen Weißwein aus dem Baskenland.

Was der zweite Fang wohl mit sich bringt? Die Kurbel zieht das prall gefüllte Netz hoch. Viele Zigalas, und immerhin ein mindestens 90 Zentimeter großer Seeteufel sind dabei. Obwohl der Fang gut war, lohnt sich laut Kapitän Sastre die Fischerei kaum noch: Für einen Tag benötigt der Kutter rund 1000 Liter Diesel. Und dies durch den Fischverkauf wieder hereinzuholen, ist mitunter nicht möglich. Sastre ist realistisch: „An diesen Zuständen sind die Fischer selbst schuld.“ Wurden 1960 im Mittelmeer noch 800.000 Tonnen Fisch gefangen, waren es 1998 1,7 Millionen Tonnen. Große Trawler fahren mit Ultraschallortungsgeräten und Kühlhäusern an Bord.

Delfine scheinen unbeeindruckt

Nur die Delfine, die immer wieder neben dem Boot auftauchen und über die Wellen springen, scheinen unbeeindruckt. „Sie helfen uns manchmal sogar, die Fische ins Netz zu treiben, indem sie hinter dem Schiff schwimmen.“