Hannover/Düsseldorf. Die Reform des Gewerbesteuergesetzes vor fünf Jahren könnte Reiseanbieter nun teuer zu stehen kommen. Der Deutsche Reiseverband schätzt die Höhe der Nachzahlungen auf 1,4 Milliarden Euro. Die Existenz mittelständischer Veranstalter und damit auch zahlreicher Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.
Wegen drohender Gewerbesteuer-Nachzahlungen befürchtet die Reisebranche eine Pleite- und Entlassungswelle. Der Deutsche Reise Verband (DRV) schätzt die rückwirkend ab 2008 erhobenen Steuern auf bundesweit 1,4 Milliarden Euro.
Dem Magazin "WirtschaftsWoche" sagte DRV-Präsident Jürgen Büchy: "Die Existenz mittelständischer Reiseveranstalter und damit Zehntausender Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel."
Der Chef des Reisekonzerns Tui, Friedrich Joussen, hatte bereits in einem Brief die Ministerpräsidenten der Länder auf das Problem aufmerksam gemacht. Ziel sei es, gemeinsam mit Bund und Ländern eine Einigung über die Auslegung der Gewerbesteuer-Hinzurechnung zu erzielen, sagte eine Tui-Sprecherin am Samstag der dpa in Hannover. "Es sind ja nicht nur die Großen der Branche betroffen, sondern vor allem viele mittelständische Reisebusbetriebe, die es in jeder Stadt und in jedem Landkreis gibt."
Reform des Gewerbesteuergesetzes verursacht Belastungen
Die höheren Belastungen für die Reiseanbieter begründen die Finanzämter laut Bericht mit der Reform des Gewerbesteuergesetzes vor fünf Jahren. Demnach wird bei der Berechnung der Gewerbesteuer auch die Hälfte aller Pacht- und Mietzahlungen sowie Leasinggebühren für "unbewegliche Anlagegüter" berücksichtigt.
Betriebsprüfer in Nordrhein-Westfalen hätten diese Verfahren nun auch für den Einkauf von Hotelkontingenten durch Reiseveranstalter übernommen, die Finanzämter der anderen Bundesländer hätten sich dieser Argumentation angeschlossen.
Tui droht, den Hoteleinkauf ins Ausland zu verlagern
Marktführer Tui hat nach dem Bericht der "WirtschaftsWoche" bereits angedroht, den Hoteleinkauf für Pauschalreisen ins Ausland zu verlagern, sollte die Regelung nicht zurückgenommen werden. Dazu sagte die Tui-Sprecherin: "Die Branche droht nicht, sondern will im Dialog eine faire Lösung für die Betriebe und ihre Mitarbeiter erreichen."
Bei der Tui hatte der neue Konzernchef Joussen ein straffes Sparprogramm eingeleitet, um die Kostenstruktur zu verbessern. Vor allem in der Zentrale in Hannover gibt es Einschnitte. Außerdem soll das Hotel-Geschäft mit seinen diversen Marken gestrafft und die Verschuldung verringert werden, damit die Zinsbelastung sinkt. Im dritten Quartal war die Tui wegen höherer Reisepreise und der Erholung der Container-Reederei Hapag-Lloyd in die Gewinnzone zurückgekehrt. Joussen hatte als Grund zudem das Sparprogramm genannt. (dpa)