Manila. Erst bebte die Erde heftig auf den Philippinen, jetzt fürchten die Menschen um die Urlauber. Denn beliebte Ausflugziele des Inselstaats wie die Insel Bohol und zahlreiche Sehenswürdigkeiten, besonders die alten Kirchen, sind zerstört. Was wird jetzt aus der Tourismusindustrie?
Pausenlos kontaktiert Reiseleiterin Lynlyn Bullecer Touristen in aller Welt. Um sie davon abzubringen, jetzt Urlaub auf den Philippinen zu machen - zumindest in den Landesteilen, wo das heftige Erdbeben mehr als 150 Menschen das Leben kostete und beliebte Touristenattraktionen zerstörte. "Jetzt herzukommen - das kann man nicht genießen", sagt Bullecer.
Das Epizentrum des Bebens lag ausgerechnet auf der Insel Bohol, eines der beliebtesten Touristenziele des Landes. Straßen und Brücken seien unpassierbar, sagt Bullecer. Viele historische Kirchen auf dem "Schokoladenhügel" - eine Ansammlung von mehr als 1200 Hügeln, die in der Trockenzeit braun wie Schokolade werden - seien zerstört. "Es ist so traurig, den Schaden zu sehen. Vor allem an den alten Kirchen."
Schutz der Relikte hat oberste Priorität
Viele der beschädigten Gotteshäuser seien mehrere Jahrhunderte alt gewesen, berichtet Trixie Angeles von der philippinischen Kulturstiftung NCCA. Sechs, die als nationale Kulturgüter galten, seien besonders schwer getroffen.
"Diese sechs Kirchen sind beispielhaft, wenn es um ihre Architektur, ihre religiöse und historische Bedeutung geht." Oberste Priorität habe nun der Schutz der Relikte. Es habe in der Vergangenheit Fälle von Plünderungen gegeben, sagt Angeles. Für den Wiederaufbau der Kirchen müsse nach dem schlimmsten Erdbeben seit 1990 mit mehreren Millionen Dollar gerechnet werden.
Ruinen als Attraktion?
Trotz des Rückschlags glauben Experten, dass die Touristen nach Bohol und auf die für ihre tropischen Strände bekannte Insel Cebu zurückkehren werden. Mehr als eine Million ausländische Besucher haben nach Angaben philippinischer Behörden allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres die Visayas-Inseln - zu denen auch Bohol und Cebu gehören - besucht. Das entspricht knapp einem Drittel der Ausländer, die zwischen Januar und Juli die Philippinen besuchten.
"Bohol und Cebu sind sehr wichtig für unser Tourismuskonzept", sagte Tourismus-Minister Ramon Jimenez kürzlich in einem Fernsehinterview. An diesem Donnerstag werde eine Kommission auf die Inseln reisen, um den Schaden zu bewerten.
Auch John Patrick Chan, Manager bei der Bellevue Hotels Group, erwartet, dass der Tourismus sich schnell erholt. "Wir sollten imstande sein, alles, was zerstört wurde, wieder aufzubauen", sagte er in einem Fernsehinterview. Doch seine Fazit klingt ernüchternder: "Auch Ruinen können eine Attraktion sein." (dpa)