Rom. . Krisenzeit hin, Krisenzeit her: Die Sonne Italiens zieht weiterhin magisch Ausländer an. Vielerorts bauen Deutsche, Schweizer, Holländer, Engländer und vor allem auch Amerikaner verfallene Häuser und ganze Dörfer wieder auf. In die Ruinen kommt damit modernes Leben.
Zypressen, Kastanienbäume, Pinien und Eichen umgeben das malerische Dorf Fighine in den toskanischen Bergen bei Siena. Es drohte, wie so viele verlassene Mini-Ortschaften irgendwo in Italien, ganz dem Zahn der Zeit zum Opfer zu fallen. Die "Retter", Max und Joy Ulfane, stammen aus Südafrika - und hatten aus Liebe zur pittoresken Toskana nicht nur eine Villa, sondern dieses ganze Dorf gekauft. Um die mittelalterlichen Steingebilde rund um ein Schloss nach und nach wieder auf Vordermann zu bringen. "Wir wollten immer etwas in Italien besitzen", erinnert sich Joy. Also gut, dass Max ein Bankexperte ist.
Von Ligurien im Nordwesten von "Bella Italia" bis nach Sizilien legten Deutsche, Schweizer, Holländer, Engländer und vor allem auch Amerikaner in den vergangenen Jahren Hand an, um sich im Schweiße ihres Angesichts und mit einer Finanzierung im Rücken den mediterranen Traum zu erfüllen. So wie Max und Joy Ulfane, die von London aus immer wieder nach Italien zum Urlaub angereist waren, bevor sie dann Nägel mit Köpfen machten. Das restaurierte Fighine ist heute fest in angelsächsischer Hand, präsentiert sich im Internet nur auf Englisch.
Ausländer erschaffen in kleinen Dörfern ein Europa im Mini-Format
"Es sah aus wie eine schlafende Schönheit, mit Efeu bedeckt", sagt Max Ulfane, wie es in Fighine vor 18 Jahren aussah, als sie das Mini-Dorf erwarben. Nach zähen Verhandlungen machten sie dann aus dem Chaos über die Jahre hinweg Ordnung. "Was man noch mehr braucht als Geld, das ist Geduld", fügt Joy an. Immerhin hatte in dem verlassenen Dorf, in das sie sich verliebt hatten, kaum ein Haus noch ein heiles Dach. So war über Jahre viel fachmännische Hilfe gefragt.
Landflucht in Boomzeiten ließ anmutige kleine Dörfer, oft mit einer bereits wackeligen Burg oder einem Kastell, in italienischen Tälern oder an den Berghängen im Landesinneren zurück. Meist waren es dann ausgesprochene Italien-Freaks, die mit ansteckender Energie dann andere mitzogen. Wie in dem 450-Seelen-Dorf Airole im ligurischen Val Roja. Dort ist heute jeder dritte stolze Hausbesitzer ein Ausländer, Deutsche, Niederländer und Franzosen tragen zu einem kosmopolitischen Europa im Mini-Format bei. Krise hin, Krise her, 2012 kauften 4600 ausländische Familien Häuser in Italien, Tendenz steigend, hielt der "Corriere della Sera" fest. Der "italienische Traum" besteht weiter.
TUI kauft und restauriert das verfallene Dorf Castelfalfi
Aber auch ausländische Unternehmen möbeln italienische Dörfer auf und modernisieren sie. So kaufte der Touristikkonzern TUI vor sechs Jahren das Dorf Castelfalfi im Herzen der hügeligen Toskana. Ein paar Leute lebten dort noch, die insgesamt 26 Bauernhäuser waren zu Ruinen verfallen. Der Konzern investierte Hunderte Millionen Euro in das mittelalterliche Dorf: Landhäuser und Appartements entstanden, auch ein Golfplatz und eine Osteria eröffnet, die Burg wird noch umgebaut. "Nachhaltigkeitsaspekte haben dabei oberstes Gebot", hält TUI fest, ökologische Landwirtschaft und eigene Energieversorgung sind wichtig. So wird die Jahrhunderte alte Kulturlandschaft Toskana runderneuert.
Wie man so einen Boom beschleunigt, das hat die Autorin Frances Mayes von der US-Westküste Ende des Jahrhunderts vorgemacht: Mit dem Bestseller "Under the Tuscan Sun" (Unter der toskanischen Sonne) hat sie vielen ihrer Landsleute Italien nahegebracht, wie der Engländer Peter Mayle den Briten die Provence. "Ich bin dabei, ein Haus in der Toskana zu kaufen", beginnt sie darin ihre Liebesbeziehung zu dieser Landschaft der Olivenhaine, Weinberge und Mischwälder. Indem sie eine aufgegebene Villa in der Toskana erwirbt und liebevoll restauriert (und anschaulich beschreibt), öffnet Mayes eine "Tür der Sehnsucht" in eine neue Welt. Der reinen Faszination werden so Beine gemacht.
Faszination des Südens widersteht jeder Krise
Heute sind Amerikaner nicht nur in Fighine präsent. Das Dorf Casole bei Siena ist fest in ihrer Hand, und auch in Irsina in der Basilikata gehören sie neben Deutschen und Engländern zu den "Erneuerern". Die Faszination des Südens scheint so jeder Krise zu widerstehen. Landschaftlich reizvoll, von Natur wie von Nostalgie etwa des Mittelalters umgeben, abgeschieden und sicher ist man hier. Und das sehen auch Kanadier, Belgier, Schweizer, Österreicher und Südafrikaner so, die vielerorts ebenfalls Stein auf Stein setzen - nachdem sie diese zuvor zu erschwinglichen Preisen aufgekauft haben. (dpa)