Berlin. Was fünf Sterne bei einem Hotel bedeuten, weiß jeder. Bei Ferienwohnungen zählen dagegen weniger Pool und Spa als Waschmaschine und Kühlschrank. Der Standard steigt auch hier. Manche Vermieter wollen das nicht einsehen.
Michael Wufka ist ein freundlicher Herr, aber manchmal platzt ihm der Kragen: «Wenn jemand meint, er kann eine 30 Jahre alte Sofagarnitur in sein Ferienhaus stellen, muss man sagen, das geht nicht.» Der Geschäftsführer der Tourist Info Plau am See ist einer von rund 1000 Prüfern, die im Auftrag des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Privatzimmer zertifizieren. Wie bei Hotels vergeben Wufka und seine Kollegen einen bis fünf Sterne. Dabei haben sie aber andere Prioritäten.
«Der Unterschied ist, dass sich die Gäste in einer Ferienwohnung selbst verpflegen und länger bleiben», sagt Justyna Mazur, die Leiterin der Klassifizierung beim DTV. Deshalb müssen in der Küche einer Drei-Sterne-Unterkunft ein Backofen oder eine Mikrowelle stehen. «Wir gehen davon aus, dass die Gäste selbst kochen wollen.»
Grundsätzlich gibt es drei Klassifizierungssysteme in Deutschland. Die Sternesysteme des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands und des DTV sowie die G-Klassifizierung für Gasthäuser, die noch kein Hotel, aber auch keine Privatzimmervermietung mehr sind. Die drei Systeme schließen sich gegenseitig aus, ein Vermieter oder Hotelier kann nicht zweimal Sterne bekommen. Für die Einordnung ist manchmal schon der Name entscheidend: Wer seine Unterkunft zum Beispiel «Hotelappartement» nennt, wird nicht vom DTV zertifiziert.
Seit 1994 vergibt der DTV Sterne an Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Privatzimmer. 1996 wurden die ersten Bögen für Prüfer entwickelt, mittlerweile umfassen die beiden Kataloge 180 Kriterien. Um einen Stern zu erhalten, muss ein Vermieter 14 Mindestkriterien erfüllen. So müssen die Zimmer mindestens ein Außenfenster haben.
Für fünf Sterne verlangt der DTV natürlich mehr: zum Beispiel eine Waschmaschine und einen fest installierten Safe. Außerdem muss der Vermieter 900 Punkte sammeln. Wasserbetten bringen 24 Punkte, ein Handtuchwärmer 16, eine Nachttischlampe 8 Punkte. Für Etagenbetten zieht der Prüfer 32 Punkte ab.
Schwieriger zu erfassen sind die soften Kriterien, etwa der Gesamteindruck oder die Aussicht. «Damit tun sich viele Prüfer schwer», sagt Mazur. «Aber in den Schulungen sehen sie gute und schlechte Beispiele.»
In der Regel übernehmen die Tourismusorganisationen vor Ort die Prüfung. Allerdings haben diese kommunalen Stellen das Ziel, für ihre Stadt oder Region zu werben. Mit der Objektivität ist das dann so eine Sache. Seit 2004 müssen die Touristinfos deshalb einen Lizenzvertrag mit dem DTV schließen. «Zuvor hielten sich viele nicht an die Regeln», sagt Mazur. «Oft konnte der Vermieter selbst im Katalog eine Sterne-Kategorie ankreuzen.»
Seit 2007 dürfen nur noch ausgebildete Prüfer die Sterne vergeben. Die Touristinfos können nun entweder einen der 80 Prüfer aus dem DTV-Pool anfordern oder einen ihrer Angestellten zum Prüfer ausbilden lassen. Dafür wird dieser zwei Tage von einem DTV-Trainer geschult und muss danach alle drei Jahre zur Auffrischung. Denn in diesem Rhythmus überarbeitet der DTV seinen Kriterienkatalog. Dann berät eine Kommission, ob er noch zeitgemäß ist. «Wir müssen schauen, was die Gäste wollen», sagt Mazur. «Und die Gäste wollen immer mehr.»
Deshalb verlangt der DTV ab diesem Jahr von Vier-Sterne-Ferienwohnungen eine vollwertige Stereoanlage und eine Geschirrspülmaschine. «Die Gäste sagten in Befragungen, dass sie im Urlaub nicht abwaschen wollen», erklärt Mazur. Wohnungen mit einem Videorekorder bekamen bis vor kurzem noch Extrapunkte. Dieses Kriterium haben Mazur und ihre Kollegen in diesem Jahr gestrichen. «Wer hat heute noch Videos?» Stattdessen punkten Unterkünfte mit DVD- und Blu-ray-Player.