Brüssel. Wer im Ausland per Handy telefoniert oder mobil ins Netz geht, kann eine böse Überraschung erleben. Immer noch wird die Nutzung des Mobilfunknetzes auf Reisen schnell teuer. Am 1. Juli sinken erneut die Preise. Nach 2015 sollen Roaming-Gebühren ganz wegfallen.
Für Geschäftsreisende und Urlauber ist es eine Selbstverständlichkeit: Mal schnell Mails checken, die Speisekarte übersetzen oder zu Hause anrufen. Wer das im Ausland per Smartphone oder Notebook mobil macht, kann schnell hohe Kosten anhäufen. Unter dem Druck der EU sinken die Roaming-Gebühren in Europa schon seit Jahren. Ab 1. Juli gelten neue maximal erlaubte Preise.
Was ändert sich am 1. Juli?
Von diesem Stichtag an gelten neue gesetzliche Obergrenzen. Ein Anruf aus dem europäischen Ausland kostet dann maximal 24 statt bisher 29 Cent pro Minute (ohne Mehrwertsteuer). Deutsche Kunden zahlen inklusive Steuer maximal 28,6 Cent pro Minute und für die Annahme eines Anrufs 8,3 Cent. Eine SMS schlägt inklusive Steuer mit höchstens 9,5 Cent statt 10,7 Cent zu Buche. Ankommende SMS kosten den Handynutzer weiter nichts. Ab Juli 2014 sinken die Werte erneut.
Was ist neu beim Internet-Surfen im Ausland?
Anbieter dürfen maximal 45 Cent vor Steuern (statt 70 Cent) pro Megabyte Datenvolumen verlangen. Inklusive Steuern macht das 53,5 Cent (bisher 83,3 Cent). Erst seit Sommer 2012 gibt es solche Grenzen, vorher zahlte ein Nutzer oft bis zu 4 Euro. Ein Megabyte entspricht 100 Mails ohne Anhang, weniger als einer Stunde Internet-Surfen oder einer Minute Musik-Download im MP3-Format.
Wie viel Geld spart der Verbraucher konkret?
Ein Musterbeispiel: Wenn eine vierköpfige deutsche Familie eine Woche lang Urlaub am Mittelmeer (etwa Frankreich, Italien oder Griechenland) macht, spart sie bei den Handy-Gebühren rund 23 Euro. Gegenüber dem Jahr 2009 beläuft sich die Ersparnis sogar auf 463 Euro. Für diese Berechnung legt die EU-Kommission bestimmte Mengen an E-Mails, Surfen im Internet und Hochladen von Fotos zugrunde. EU-Kommissarin Neelie Kroes sagt: "Die neuen Preiskürzungen lassen den Verbrauchern mehr Geld in der Tasche für den Sommer."
Wie sieht es beim Urlaub im neuen EU-Land Kroatien aus?
Vier Millionen Europäer machen nach EU-Angaben jedes Jahr Urlaub in Kroatien. Am 1. Juli wird das Land das 28. Mitglied in der EU. Damit werden Telefongebühren für Urlauber laut EU-Kommission bis zu 15 Mal billiger. Verreist die deutsche Familie aus dem Musterbeispiel nach Kroatien, spart sie 397 Euro gegenüber dem letzten Sommer.
Sollen die Auslands-Gebühren irgendwann auch ganz wegfallen?
Ja, das ist das erklärte Ziel von Neelie Kroes. Als Termin gilt das Jahr 2015. Einen Gesetzentwurf will die Kommissarin im September präsentieren. Im Kurzmitteilungsdienst Twitter schrieb Kroes: "Lassen Sie uns mobile Roaming-Kosten ein für alle mal loswerden."
Was ist "Roaming" überhaupt?
Das Wort "Roaming" stammt aus dem Englischen und bedeutet in etwa "umherwandern". In der Welt der Telekommunikation steht es für die Möglichkeit, auch in ausländischen Mobilfunknetzen zu telefonieren. Die Anbieter verlangen für die Weiterleitung von Gesprächen und Daten Roaming-Gebühren. Diese machen laut EU-Kommission rund 4 Prozent des gesamten EU-Mobilfunkmarktes aus, etwa 5 Milliarden Euro Umsatz.
Wie ist die Lage für Verbraucher derzeit?
Wer sein Handy im Ausland nutzt, muss hohe Zusatzkosten zahlen, kritisiert die EU-Kommission und spricht von einer "Kostenfalle". Trotz der EU-Regeln seien die Telekomfirmen jeweils knapp unter den Grenzen geblieben - obwohl weitere Preissenkungen möglich gewesen wären.
Was kann der Handynutzer im Urlaub und auf Geschäftsreise noch tun?
Auf den Warnhinweis achten, den er erhält, wenn beim Datenroaming eine bestimmte Kostengrenze erreicht ist. Die Handy-Mailbox sollte im Ausland ausgeschaltet oder nicht abgehört werden. Wer in der Nähe der deutschen Grenze Urlaub macht, kann eventuell ins deutsche Netz wechseln. Bei Smartphones sollte man einige Funktionen abschalten und beim Anbieter nach Paketen fürs Ausland wie etwa Tages-Flatrates fragen. Außerdem kann man im Ausland häufig kostenlose oder deutlich preiswertere WLAN-Zugänge erhalten, um E-Mails abzufragen oder im Netz zu surfen.
Wie reagiert die Telekom-Branche auf die Ansage aus Brüssel?
Mit Kritik. Seit Jahren argumentieren die Anbieter, die Kosten entstünden durch den Aufwand, sich gegenseitig grenzübergreifend Rechnungen zu stellen. Telekomfirmen bemängeln, dass die EU den Unternehmen systematisch die Gewinne und damit das Geld für Investitionen abgrabe.
Und wie sieht es aus beim Telefonieren außerhalb der EU?
Für Übersee oder Asien gelten die Regeln nicht. Die EU kann ihre Gesetzgebung nämlich nicht auf außereuropäische Länder anwenden. (dpa)