Essen. Die Straße der Romanik feiert Geburtstag. Seit nunmehr zwanzig Jahren zieht sich die Route mit ihren 80 Stationen durch ganz Sachsen-Anhalt. Entlang der 1000 Kilometer gibt es einiges zu entdecken? Geschichten aus dem Mittelalter, Klöster, Kirchen und Wissenswertes über die Herrschaft der Ottonen. Zum Geburtstag wird zudem mit vielen Aktionen kräftig gefeiert.

Ein Kreuzgang aus vier Flügeln, runde Bögen, Würfelkapitelle, Ornamente zur Abwehr von Dämonen: Im Hof des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg ist die Romanik erlebbar geblieben. Das ist selten. Meist muss man sich erst später Hinzugefügtes – Türme aus der Gotik, Giebel aus der Renaissance und Figuren aus dem Barock – wegdenken.

Wer Spaß an solcher Mühe hat, ist auf der Straße der Romanik richtig. Die vor 20 Jahren, im Mai 1993, durch Sachsen-Anhalt gezogene touristische Route hat 80 Stationen. Orientierung bietet das „Haus der Romanik“ gleich hinter dem Magdeburger Dom. Dort werden Geschichten aus dem Mittelalter erzählt. Multimedial versteht sich, mit Bildschirmen und Tonkonserven. Selbst mit Duftdüsen. Weil die Besucher aber am liebsten die Kirchen angucken, ist Weihrauch immer schneller aufgebraucht als die Gerüche aus Küche oder Kräutergarten.

Schwierige Entscheidung: Gen Norden oder Süden?

Die Routenführung der rund 1000 Kilometer langen Tour schlängelt sich in Form einer zerbeulten Acht durch das Land. Deren Schnittpunkt liegt in Magdeburg. In der Stadt an der Elbe herrschte vor einem Jahrtausend ein regelrechter Bauboom, denn nirgendwo schien es dringlicher, den christlichen Glauben mit mächtigen Kirchen zu demonstrieren als im Grenzland zu den Slawen. Und nirgendwo residierten die Könige und Kaiser so prachtvoll wie auf ihren Burgen in diesem Grenzland.

Wer seine Romanik-Tour in Magdeburg beginnt, kann den Dom und das Kloster Unser Lieben Frauen besichtigen und muss dann eine schwierige Entscheidung treffen: Nord- oder Südroute? Die Nordroute zieht sich durch die Altmark, wo romanische Backsteinkirchen und Klöster, beispielsweise das Prämonstratenserkloster Jerichow, das Bild der Dörfer prägen. Die Südroute führt vor allem zu den Zeitzeugen der Herrschaft der Ottonen. Besonders lohnt dort ein Besuch der Dome von Merseburg, Halberstadt und Naumburg, der Neuenburg, der Burg Saaleck und der Quedlinburger Stiftskirche.

„In 80 Tagen an der Straße der Romanik“

An der Straße der Romanik wird in den kommenden Monaten das 20-jährige Jubiläum mit vielen Veranstaltungen gefeiert. An 20 Orten stellen 60 Maler und Bildhauer „Neue Kunst in alten Mauern“ aus. Alle 80 Bauwerke haben einen Kalender mit Konzerten, Sommer- und Familienfesten, Ausstellungen, Sonderführungen und Festspielen gefüllt und laden zur Reihe „In 80 Tagen an der Straße der Romanik“.

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An zwölf Stationen lockt die 11. Musikalisch-Literarische Entdeckungsreise von Mai bis Oktober. Auf der „Classic-Tour der Romanik“ brummen an diesem Wochenende Oldtimer durch das Land. Eine Neuheit für besonders emsige Romanik-Reisende ist ein Stempelheft. An jeder der Stationen kann man sich den Beleg für seine Anwesenheit einstempeln und so an einer Verlosung teilnehmen.

Mehr als andächtiges Verweilen

Überhaupt ist Romanik nicht nur andächtiges Verweilen in finsteren Gewölben – und nicht nur ein Thema für Experten. Auch solche Szenen gehören zur Zeitreise: Aus der Tür zur Kinderkemenate der Neuenburg schreitet gerade kichernd ein Hofstaat voller Knirpse, gekleidet als Edelfräuleins, Ritter und Spielleute. Oder Megedeborch, das mittelalterliche Dorf auf dem Hof des Kulturhistorischen Museums Magdeburg. Dort steigt Rauch aus dem Feuer und klingt der Hammer des Schmieds, werden Körbe geflochten und Töpfe gebrannt. Alles präzise Romanik? Könnte sein. Aber manchmal wird der Architekturführer auch einfach beiseitegelegt.