Hamburg. Wer mit dem ICE 35 nach Kopenhagen will, der wird nicht nur über festes Land rauschen, sondern auch im Bauch einer Fähre übers Meer fahren. Doch dies soll nicht immer so bleiben, denn der Reiseweg über das Meer wird 2021 eingestellt: Züge und Autos sollen dann durch einen Absenktunnel fahren.

Nächster Halt: Fähre“, steht auf den Displays im Großraumwagen des ICE 35 von Hamburg nach Kopenhagen. „Velkommen om bord“, begrüßt auch der Zugführer die in Puttgarden zugestiegenen Fahrgäste über die Lautsprecher in Dänisch. „Vi ønsker jer en behagelig overfart.“ Behaglich soll die Überfahrt werden? Und das, obwohl der ICE im Grenzbahnhof auf der Insel Fehmarn den festen Boden unter den Rädern verliert? Auf der 45-minütigen Fährpassage von Puttgarden nach Rødby über den Fehmarnbelt verschwindet der Schnellzug der DB nämlich im Bauch eines Fährschiffes der dänischen Fährgesellschaft Scandlines.

Der Zug hat einen reservierten Platz

Draußen an der Mole wartet die „Deutschland“ mit weit aufgerissener Bugklappe. Polternd fahren die letzten Lkw und Reisebusse in die untere Ebene des Fährschiffs ein. 120 Pkw sind bereits über eine Schwenkbrücke auf das darüber liegende Autodeck gefahren. Draußen sichert Werner Wulf in neongelber Warnweste und mit einer Fahne die Einfahrt des nahenden Triebzuges.

Doch als 1997 die „Karl Carstens“ als Flaggschiff der DB-Fährflotte ihren Dienst quittieren musste, war die Seefahrt auch für Wulf vorbei. Seither weist er fünf Mal täglich einen Direktzug von Hamburg nach Kopenhagen in Puttgarden auf die Fähre ein. Ebenso oft winkt er die Gegenzüge von der Fähre über die Hafenstraße hinweg in den Bahnhof von Puttgarden ein.

Eisenbahnfähre nur noch bis 2021 im Betrieb

Bald hat er das Rentenalter erreicht. Auch die dänischen Eisenbahnfähren werden in absehbarer Zeit als Relikt einer gemütlichen Reise-Epoche ihren Dienst quittieren müssen. Im Jahr 2021 sollen mit der Eröffnung des neuen Absenktunnels Autos und Züge knapp unterhalb des Meeresgrundes zwischen Fehmarn und dem dänischen Lolland hin und her rauschen. Solange aber heißt es für den Zug „ab in den Bauch“ der Fähre. „Alle passagerer skal derfor forlade toget under overfarten og ga til færgens øvre dæck“, tönt jetzt die Stimme aus dem Lautsprecher. „Wir müssen Sie bitten, den Zug nach Ankunft auf der Fähre zu verlassen und die oberen Decks aufzusuchen“, wird danach auf Deutsch übersetzt. Zwischen den benachbarten Lastwagen steigen die Fahrgäste aus und klettern über die Treppenhäuser der Fähre auf das Oberdeck.

Ein leichtes Rumpeln und der schwankende Boden zeigen an, dass die Fähre abgelegt hat. Nur 45 Minuten wird die Fahrt über die Ostsee dauern. Die Restaurants, Cafeterias und der Duty-free-Shop füllen sich schnell. Draußen an der Reling stehen die Reisenden und lassen sich den salzigen Ostseewind um die Nase peitschen. Gespannt warten sie darauf, dass die Hafenanlage von Rødbyhavn in Sicht kommt. Und dann zeichnen sich auch schon bald die endlosen Windkraftanlagen am dänischen Küstenstreifen ab.

Dänen, die regelmäßig die Vogelfluglinie zwischen Hamburg und Kopenhagen nutzen, sitzen im Innenraum des Fährschiffs bei einer Tasse Kaffee, lesen Zeitung oder checken Emails. Schneller als gewünscht werden die Passagiere gebeten, sich wieder in ihre Autos oder in den Zug zu begeben. Das Eisenbahnabenteuer, eine Zugfahrt auf dem Schiff fortzusetzen, wird aber bald der Vergangenheit angehören.