Kuala Lumpur. Jedes Jahr im Mai feiert Kuala Lumpur das Festival “Colours of Malaysia“. Ein bisschen erinnert es an den Karneval in Rio. Es ist so bunt und vielschichtig, wie das Land selbst. Tradition trifft auf Moderne, Volkstanz auf Hip Hop.

Im Zentrum von Kuala Lumpur werden Erinnerungen an das Sambadrom von Rio de Janeiro wach. Der Merdeka-Platz, direkt vor dem Glockenturm des Sultan-Abdul-Samad-Gebäudes, ist von Zuschauertribünen gesäumt, zwischen denen drei Stunden lang etwa 7000 farbenfroh gekleidete Festivalakteure vorbeiziehen. Neben traditionellen Kostümen und Tänzen bestimmen Themenwagen und ausgelassene Musik den Zug.

Vieles ähnelt dem brasilianischen Vorbild, und doch unterscheiden sich die "Colours of Malaysia" deutlich vom Karneval in Rio. Die Initiative geht in Kuala Lumpur vom Tourismusministerium aus, das Fest ist nicht ganz so pompös wie in Rio. Statt Sambaschulen treten hauptsächlich Schüler und Studenten auf. Und statt nackter Haut wird eine auf gegenseitiger Toleranz basierende Vielvölkerkultur zelebriert. Zuweilen driftet die Parade in eine Werbeveranstaltung für ein Schuh- oder ein Shoppingfestival ab. Das stört den Gesamteindruck aber nicht besonders.

Die jungen Leute sind mit Begeisterung dabei und ziehen das Publikum in ihren Bann. Immer wieder stoppen die Tanz- und Musikgruppen vor der Haupttribüne, um Szenen aus der Geschichte und Gegenwart des Landes nachzuspielen. Nach dem Ende des Umzuges startet auf dem Merdeka-Platz ein Konzert mit der einheimischen Rock-Queen Ella. Pop, Hip Hop und was die aktuelle Musikszene sonst noch zu bieten hat, reißen die jugendlichen Teilnehmer mit. Es wird getanzt und gejubelt, und der Besucher aus Europa fragt sich, ob er denn tatsächlich in einem islamisch-geprägten Land zu Gast ist.

Die "Sky Bar" ist ein beliebtes Ziel

Doch damit nicht genug. Nachdem die Party auf der Straße gegen Mitternacht langsam ausklingt, zieht es eine ganze Reihe von Teilnehmern in die angesagten Clubs der Stadt. Beliebtestes Ziel ist die "Sky Bar" im "Traders Hotel". Rund um den Pool in der Mitte der Bar wird kräftig getanzt, und so ganz nebenbei kann man beim Cocktail die benachbarten Petronas Towers im Glanz nächtlicher Scheinwerferbeleuchtung bewundern.

Ein junges Paar weiß, wie man ganz ohne Schlangestehen an die begehrten Tickets für die Sky Bridge kommt, und so trifft man sich am nächsten Morgen am Eingang der Petronas Towers, dem einst mit 452 Metern höchsten Gebäude der Welt. In atemberaubender Geschwindigkeit katapultiert der Fahrstuhl die Besucher in 170 Meter Höhe, wo die beiden Türme mit einer gläsernen Brücke verbunden sind - ein beeindruckender Aussichtspunkt.

Von hier oben bekommt man einen guten Eindruck von der 1,5 Millionen Einwohner zählenden Metropole. Minarette der Moscheen, chinesische Pagoden und Hindutempel wechseln sich mit den Wolkenkratzern internationaler Banken ab, und immer wieder lockern grüne Parks das Stadtbild auf.

Hafenstadt Malakka gilt als "Venedig des Ostens"

Tradition und Moderne gehen in der Metropole eine enge Symbiose ein. Längst ist Kuala Lumpur zu einem internationalen Finanzzentrum geworden, das Bruttoinlandsprodukt legte seit 1970 um mehr als 6000 Prozent zu, das Pro-Kopf-Jahreseinkommen liegt bereits bei etwa 10.000 US-Dollar (rund 7600 Euro). Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Alltagsleben wider. Junge Leute treffen sich gern in schicken Restaurants und in den riesigen Einkaufstempeln am Fuß der Petronas Towers, wo man von Gucci bis Ferragamo so ziemlich alles vorfindet, was in der Modewelt Rang und Namen hat.

Bescheidener geht es im "Venedig des Ostens", der alten Hafenstadt Malakka zu. Hier gehört das Fahrrad noch zu den Hauptverkehrsmitteln, und auch die Touristen fahren in farbigen Trishaws, dreirädrigen Fahrrädern, durch die engen Gassen der Altstadt. Man atmet Geschichte ein, wenn man durch die Jonker Street schlendert und eines der schmalen, aber unglaublich lang gezogenen holländischen Häuser aus der Kolonialzeit betritt.

Handel ließ die Stadt erblühen

Düfte aus längst vergangenen Zeiten haben sich im Holzinterieur altehrwürdiger Hotels und Pensionen festgesetzt. Die Unmengen an Pfeffer, die Chinesen, Araber, Inder und später Portugiesen, Holländer und Briten hier handelten, kribbeln noch heute in der Nase.

Der Handel mit Gewürzen, Tee, Seide, Opium und Tabak ließ die Stadt vor 500 Jahren erblühen, weckte aber auch Begehrlichkeiten europäischer Kolonialmächte. Reste der Portugiesenfestung A Famosa laden genauso zu Erkundungsgängen ein, wie das holländische Stadthuys oder Chinatown mit seinen chinesischen Tempeln. Im multikulturellen Schmelztiegel ist die Auswahl an Nationalitätenrestaurants groß. Und schließt man den Abend mit einer Bootsfahrt auf dem Melaka-Fluss ab, so erstrahlen sie wieder im Scheinwerferlicht, die Farben Malaysias, mit denen Künstler die Häuserfassaden verschönert haben. (dpa/tmn)

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