Cabo de Sao Vincente. Die Algarve lockt mit ihrer Landschaft, der entspannten Lebensart und dem angenehmen Klima, das auch im Winter viele Surfer an den Strand zieht. Dem Ehepaar Bald gefiehl die portugiesische Region so gut, dass es beschloss sich dort eine neue Existenz aufzubauen.

Die „letzte Bratwurst vor Amerika“ geht weg wie warme Semmeln. Manche finden Wolfgang Balds Würstchengrill am Cabo de Sao Vincente, dem südwestlichen Ende Europas, zwar fehl am Platze. Sie meinen: Wenn schon eine Imbissbude, dann eine, die portugiesische Spezialitäten, gegrillte Sardinen zum Beispiel, anbietet. Doch der wohlgenährte Sachse, der gerade eine Thüringer ordert, ist offensichtlich heilfroh, nach all dem Fisch der letzten Tage mal wieder in eine ordentliche Bratwurst beißen zu können.

Schöne Landschaft und entspannter Lebensstil

Was Wolfgang Bald nur zu gut nachvollziehen kann. Als er mit Ehefrau Petra vor mehr als 20 Jahren seinen ersten Urlaub an der Algarve verbrachte, sehnte sich der Nürnberger nach einer deftigen Fleischmahlzeit. Obwohl er keinen Fisch mag – und den gibt’s an der portugiesischen Küste andauernd – kam der gelernte Industriekaufmann immer wieder. Die Landschaft, die entspannte Lebensart und vor allem das angenehme Klima, auch im Winter gefiel den Eheleuten so gut, dass sie ihre sicheren Jobs kündigten und in Sagres an der West-Algarve eine neue Existenz aufbauten.

Mittlerweile öffnet der Imbiss am Kap, das in der Antike als Ende der Welt galt, auch im Winter. Schließlich liegen die Tagestemperaturen im Februar bei angenehmen 15 Grad – zum Baden zu kalt, doch prima für Strandspaziergänge: Das Wellenrauschen in den Ohren und die Seeluft in der Nase – das ist fast so wie Urlaub an der Nordsee. Allerdings auf portugiesisch, etliche Grad wärmer und vor der Kulisse imposanter Agaven und rotbrauner Klippen.

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Surfer aus allen Teilen Europas haben den Reiz der Algarve im Winter längst entdeckt: keine lästigen Badegäste, stattdessen viele perfekte Wellen. Viele von ihnen kommen in altersschwachen VW-Bussen, die mühsam die steilen Straßen hinauf ächzen. Die sportlichen jungen Männer bleiben vier, sechs Wochen oder länger.

Bunte Strickmütze, lässiger Gang, cooler Gesichtsausdruck – man erkennt die Wellenreiter auch ohne Brett. Buchten zum Surfen, zum Zugucken oder für den Strandspaziergang gibt es reichlich in und um Sagres. Zum Beispiel die Praia Tonel am Fortaleza de Sagres, der Festung, auf der Heinrich der Seefahrer im 15. Jahrhundert eine Seefahrerschule gründete, die auch der junge Christoph Kolumbus besuchte. An der Praia Beliche bangt man unweigerlich um das Leben der Klippen-Angler.

Die deutsche Gemeinde schaut sonntags „Tatort“

Die Petri-Jünger hocken oben auf den steilen Felsen und werfen ihre Angelrouten aus 70 Meter Höhe in den Atlantik. Und an der Praia Martinhal kommt das ehrgeizige Projekt des Schweizers Roman Stern in den Blick. Er hat hier ein luxuriöses Ferienressort speziell für Familien aufgebaut – sehr geschmackvoll und ganz ohne Bärchen-Teppiche.

Mit ein bisschen Glück findet man noch eine geöffnete Strandbar. Man bestellt für einen Euro einen Bica, einen portugiesischen Espresso, blinzelt abwechselnd in die milde Wintersonne und zu den Surfern. Die Könner schaffen es mit unglaublichem Geschick, minutenlang auf den Wogen zu tanzen. Sven Engelmann ist einer von ihnen. Der ehemalige Krankenpfleger aus Landshut kam als Urlauber und blieb. Heute betreibt er in Sagres die angesagte Surferbar „Warung“ (Indonesisch für Kneipe). Hier trifft sich die deutsche Gemeinde, auch, um am Sonntagabend übers Internet den „Tatort“ zu gucken.

Keine Bettenburgen

Die Touristiker an der Algarve sind einmal mit dem Anspruch angetreten, die Fehler der Costa Brava zu vermeiden und nicht eine Bettenburg an die nächste zu reihen. Für das Ende Europas ist der Anspruch erfüllt – schon aufgrund der Topographie. Die steile Klippen-Landschaft lässt sich nicht so einfach bebauen – zum Glück.

So kann man oben auf dem windumtosten Hochplateau vom Cabo Sao Vicente zum höchsten Punkt der Gegend, der Torre de Aspa, wandern. Man zieht sich seine Kapuze über den Kopf, hockt sich auf einen Stein und schaut auf die Weite des Atlantiks. Und sieht nichts als das Meer – in Richtung Westen sogar für 5000 Kilometer. Dann wird die Ostküste Nordamerikas auftauchen.