Portugal. Der Radtourismus in Spanien entwickelt sich bereits. Nun zieht Portugal mit Radwegen durch die Algarve nach. Von Fischerdörfern bis zu waldigen Hügel - es gibt viel zu sehen. Ein Rundblick über die Algarve am Bergort Monchique oder Natur pur im Parque Natural da Ria Formosa sind nur zwei Highlights.

Nördlich des Leuchtturms von Sagres herrscht Ruhe. Europas südwestlichste Ecke kennt keinen Rummel. Lärm machen an der Costa Vicentina nur Wind und Wellen – wenn der Atlantik mit brachialer Gewalt gegen die Felsen donnert. Dort wirkt der Naturschutz: kilometerweit menschenleere Strände, dazwischen mächtige Klippen mit brütenden Vögeln, ab und zu ein Gehöft, aber keine Hotelkomplexe. Könnten Start oder Ziel einer Radreise attraktiver sein?

Radwege durch die Algarve

„Jahrelang hat Portugal mit angesehen, wie sich jenseits der Grenze, vor allem im spanischen Andalusien, der Fahrradtourismus entwickelt. Bis die Verantwortlichen festgestellt haben: Dieses Potenzial bietet die Algarve auch“, sagt Cristina Dias, Radreiseleiterin aus Faro. Seit kurzer Zeit führen zwei Fernradwege quer durch die Algarve bis zur spanischen Grenze, und beide, die Ecovia und die Via Algarviana, beginnen oder enden an der wilden Costa Vicentina.

Startpunkt Carrapateira

Wir starten unsere Reise in Carrapateira, einem kleinen Fischerdorf am Atlantik, und kurven von einem Aussichtspunkt zum nächsten – von Traumbuchten hoch zu mächtigen Klippen und wieder runter ans Meer. Im aufgewühlten Wasser sieht man Taucher, die waghalsig nach Muscheln, Oktopus und anderem Seegetier suchen. Wer gerne Fisch isst, darf sich an der Costa Vicentina auf die Cataplana, den berühmten Meeresfrüchteeintopf aus dem Kupferkessel, freuen. Oder auf Muscheln mit Curry und Zwiebeln, Spezialität von Chef Fernando im kleinen Restaurant Mazagao in Carrapateira.

Weiter durchs Hinterland

Unsere Tour, ein Mix aus beiden Routen, führt zunächst auf der Algarviana ins Hinterland, hinauf in die waldigen Hügel der Serra de Monchique. „Die Via Algarviana wurde im Rahmen eines Ökotourismusprojektes ursprünglich als Wanderweg konzipiert. Lokale Radsportfans wie wir haben dazu dann auch eine anspruchsvolle Fahrradroute kreiert“, sagt Cristina. Die Strecke verläuft auf bestehenden Wegen, schwierige Etappen werden umfahren.

Rundumblick über die Algarve

Doch in der lieblich anzuschauenden Serra merkt der Radler, dass die Algarve alles andere als eine flache Flunder ist. Die Hügelstrecken gehen ordentlich in die Beine. Immerhin liegt der höchste Punkt der Algarve, der Gipfel des Foia, auf 902 Höhenmetern. Eine durchaus sportliche, landschaftlich lohnende Etappe: Vom Bergort Monchique winden sich die Serpentinen acht Kilometer hinauf, erst durch dichten Wald mit Eukalyptus und Korkeichen, später vorbei an Rhododendron und Buschwerk. Auf dem kargen Gipfelplateau wird es unwirtlich: Kühler Wind pfeift durch den Antennenwald der Telekomgesellschaften, aber der Rundumblick reicht fast über die ganze Algarve bis in die Nachbarregion Alentejo. Wohl dem, der die Caldas de Monchique als Etappenort gewählt hat: Das beschauliche Thermalbad bringt ausgelaugte Waden auf Vordermann und im benachbarten Hotel kommen herrlich nostalgische Kurort-Gefühle auf.

Stille Route und einsame Höfe

Wir schlängeln uns weiter auf der Algarviana gen Osten. Eine stille Route durch ausgestorbene Bergdörfer, vorbei an einsamen Höfen. Eine gute Übersetzung am Rad sowie GPS samt Karte sind hier von Vorteil, denn die Beschilderung an den Ausläufern der Serra weist einige Lücken auf. Im gemütlichen Silves, wo ein Besuch der Kathedrale und des mächtigen Kastells lohnt, nehmen wir Abschied vom beschaulichen Hinterland und von der Via Algarviana. Weiter geht es nun an der „klassischen Ferien-Algarve“. Eine blaue Linie am Straßenrand und Hinweistafeln weisen den Weg entlang der Ecovia. Dieser „Ökoweg“ eröffnet selbst Algarve-Wiederholern neue Einblicke – kulinarischer Art. Die Algarve bedeutet nämlich nicht immer nur Fisch & Co. Bei „Ramires“ etwa in Guia bei Albufeira gibt es keine Speisekarte, denn alle essen nur „FrangoPiriPiri“ – scharfes Grillhähnchen mit Tomatensalat und Reis. Einheimische fahren dafür kilometerweit.

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Natur pur

Am Praia da Galé rollen wir über einen langen Bretterweg, vorbei an Teichen mit Flamingos – ein Winterquartier für viele Zugvögel. Im Kontrast dazu stehen die Marina von Albufeira, ein moderner Jachthafen mit legobunten Gebäudequadern, und die lebendigen Gassen der Altstadt. Jenseits der Strandorte geht es über gemütliche Landsträßchen, ringsherum blühen die Mandeln, Orangenbäume hängen voll reifer Früchte. Im Parque Natural da Ria Formosa dominiert Natur pur: Dünen, Lagunen und Vögel weit und breit. In weiten Schleifen kurven wir durch die Idylle am Meer. Zum krönenden Abschluss verwandelt die untergehende Sonne die letzten Kilometer bis zur Algarve-Hauptstadt Faro in eine Fahrt wie durch ein gigantisches, kitschig-schönes Gemälde.