Frankfurt a. Main/New York. Eine Zählung der Pinguin-Brutpaare auf der Antarktis-Insel Deception Island hat ergeben: Die deutlich angestiegene Zahl der Touristen in diesem Gebiet ist nicht die Ursache dafür, dass es dort immer weniger Pinguine gibt. Vielmehr würden die flugunfähigen Vögel unter dem Klimawandel leiden.

Freispruch für Antarktis-Touristen: Die wachsenden Besucherzahlen sind offenbar nicht schuld daran, dass es immer weniger Pinguine auf der Antarktischen Halbinsel gibt. Das zeigt die erste Volkszählung unter Zügelpinguin-Brutpaaren auf der Antarktis-Insel Deception Island - einem der beliebtesten Ziele von Antarktis-Touristen.

Der Pinguin-Bestand auf dieser Insel hat demnach seit 2002 um fast 40 Prozent abgenommen. "Die Pinguine werden aber auch dort weniger, wo überhaupt keine Touristen hinkommen", erklärt Thomas Müller vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Frankfurt am Main, einer der Autoren der Studie.

1354 Besucher in einem Jahr

Das zeige, dass der Tourismus nicht der Grund für den starken Rückgang der Zügelpinguine sei. Die Forscher gehen stattdessen davon aus, dass der Klimawandel und die damit verbundenen Umweltveränderungen den flugunfähigen Vögeln zu schaffen machen, wie sie im Fachmagazin "Polar Biology" berichten.

Die großen Pinguinkolonien auf Deception Island sind eines der bekanntesten und beliebtesten Ziele für Antarktis-Besucher. In der Saison 2010/2011 hätten allein 1354 Touristen die Kolonie am Baily Head besucht, sagen die Forscher. Zwar umfasse diese Kolonie weniger als ein Prozent der weltweiten Population der Zügelpinguine, dennoch sei bisher umstritten gewesen, ob die zunehmenden Besucherzahlen den Tieren schaden.

Kaum konkrete Informationen

Auf den letzten Treffen der Mitgliedsstaaten des Antarktisvertrages sei unter anderem deshalb diskutiert worden, ob Touristen der Zugang zur Insel und speziell dieser Kolonie verboten werden sollte. "Konkrete Informationen dazu, wie viele Zügelpinguine es auf Deception Island gibt und wie sich ihre Anzahl verändert hat, gab es bisher nicht", schreiben Ron Naveen von der Organisation Oceanites und seine Kollegen.

Bestandsaufnahme bei Eisregen und Sturm

Für ihre Studie erfasste das amerikanisch-deutsche Team im Dezember 2011 unter oft ungemütlichen Bedingungen in einer knapp zweiwöchigen Zählaktion alle Pinguin-Brutpaare und bebrüteten Nester der 137 Quadratkilometer großen Insel. Gezählt wurde von einem vor der Insel liegenden Schiff aus, die Forscher gingen dabei jedes Gebiet mehrfach durch, um Fehler möglichst gering zu halten.

Die Zählung erfasste gleichermaßen die Touristenhotspots der Insel wie auch Kolonien, die nicht vom Tourismus betroffen sind. "Wir haben 79.849 Brutpaare gezählt, davon 50.408 in der Kolonie Baily Head", berichten die Wissenschaftler. Verglichen mit einer früheren Populationsstudie aus dem antarktischen Sommer 1986/1987 deute dies auf einen starken Rückgang um mehr als 50 Prozent hin.

Klimawandel als Hauptursache

Weil die frühere Erhebung möglicherweise nicht genau genug war, zählten die Forscher zusätzlich die Pinguine aus der Luft: Sie verglichen ihre Anzahl in hochauflösenden Satellitenbildern aus der Saison 2002/2003 und 2009/2010. "Unsere Ergebnisse deuten auf einen Rückgang der Brutpaare um 39 Prozent in diesen sieben Jahren hin", sagen die Forscher.

Dieser Rückgang betreffe auch die Brutplätze, die nie mit Touristen in Berührung gekommen seien. Weil nicht nur die Zügelpinguine, sondern auch andere Pinguinarten auf der Antarktischen Halbinsel in den letzten Jahren immer weniger wurden, halten die Forscher den Klimawandel für die Hauptursache dieses Rückgangs.

"Die Antarktische Halbinsel erwärmt sich schneller als jeder andere Ort auf der Südhalbkugel", erklärt Müller. Die Durchschnittstemperaturen seien in den letzten 50 Jahren um 2,8 Grad Celsius gestiegen. "Es wäre erstaunlich, wenn dies die Pinguine kalt ließe", meint der Forscher. (dapd)