Berlin. . In Deutschland wurden bereits gute Erfahrungen mit unabhängigen Schiedsleuten gemacht – beispielsweise in der Versicherungswirtschaft. wo Streitfälle mit einem Streitwert von bis zu 10 000 Euro geschlichtet werden. Auch sollen nach Vorstellung der EU grenzübergreifende Ombudsstellen ins Leben gerufen werden.

Wenn der Bundestag mitspielt, können auch Flugpassagiere auf eine Schlichtungsstelle hoffen, die ihnen bei einem Streit mit den Airlines zu ihrem Recht verhilft. So ist der Weg für einen Ombudsmann frei, seit sich auch viele internationale Unternehmen bereit erklärt haben, an einem Schiedsverfahren teilzunehmen. „Durch die Einigung mit den großen Verbänden verspricht die Schlichtung ein echtes Erfolgsmodell zu werden“, sagt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).

Nicht alle Linien dabei

Jahrelang haben sich die Fluggesellschaften, anders als zum Beispiel die Bahnen, gegen eine kundenfreundliche Schiedsstelle gewehrt. Noch immer sind nicht alle Unternehmen mit an Bord. Ryanair und Easyjet, über die es von Seiten der Kunden immer wieder Beschwerden gibt, haben sich dem Vorhaben noch nicht angeschlossen. Wohl auch deshalb fährt das Justizministerium zweigleisig. Ein Gesetzentwurf dazu sieht die Einrichtung eines freiwilligen Anlaufpunktes und eines behördlichen vor. An letztere können sich dann die Passagiere jener Fluglinien wenden, die partout nicht mitmachen wollen.

„Damit gibt die Bundesregierung ihrer Erwartung Ausdruck, dass auch die an einer behördlichen Schlichtung teilnehmenden Luftfahrtunternehmen die Vorteile einer Schlichtung noch erkennen werden“, heißt es im Entwurf. Anders gesagt: Wenn sich die betroffenen Airlines weiter verweigern, droht ihnen der öffentliche Pranger.

Streitwert bei Fluggästen soll bis 5000 Euro gehen

An die Schlichter können sich Fluggäste in Streitfällen bis zu einem Betrag von 5000 Euro wenden. Entschädigungsansprüche bei einer Überbuchung der Maschine, die Annullierung von Flügen oder Schäden am Gepäck gehören ebenso dazu wie die Diskriminierung Behinderter. Nach Angaben des Bundesverbands der deutschen Luftverkehrswirtschaft wird die Schiedsstelle auch vermitteln, wenn die Airlines bei einer Flugstornierung durch den Kunden die ihm zustehenden Gebührenanteile am Ticket nicht erstatten wollen.

Ob das Verfahren den Kunden wirklich etwas bringt, muss sich erst zeigen. Denn im Gegensatz zu Einrichtungen in anderen Branchen beugen sich die Airlines dem Schlichterspruch nicht automatisch. Der Ombudsmann für die Versicherungen kann dagegen bis zu einem Streitwert von 10 000 Euro entscheiden.

Gute Erfahrungen in der Versicherungswirtschaft

Die Politik fördert die Versuche zu einer gütlichen Einigung zwischen Verbrauchern und Unternehmen. Dahinter steht auch das Eigeninteresse, den Steuerzahlern kostspielige Gerichtsverfahren zu ersparen. Mittlerweile haben Banken, Fernverkehrsfirmen, die Telekommunikationsbranche, Energieversorger oder auch Rechtsanwälte eine Schiedsstelle eingerichtet. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) findet den Trend gut. Allerdings sollten die Anbieter besser dafür sorgen, dass es erst gar nicht zu Kundenbeschwerden komme, fordert ein Sprecher.

Wie erfolgreich Schlichtungsverfahren sein können, berichtet der Ombudsmann der Versicherungswirtschaft, Günter Hirsch. „Es ist davon auszugehen, dass die Verfahren der alternativen Streitbeilegung zu einer nicht unerheblichen Entlastung der Justiz führen“, erläutert der frühere Richter. 2011 behandelten seine Schiedsleute fast 18 000 Eingaben – 3,4 Prozent weniger als 2010. Der Ombudsmann werde als Autorität akzeptiert, obgleich Beschwerdeführer mit dem Ergebnis mitunter Schwierigkeiten hätten. Denn im Gegensatz zur Justiz kann Hirsch nicht selbst ermitteln. Steht Aussage gegen Aussage, geht der Kunde oft leer aus.

Kritik an Vorschlägen der EU

Auch die EU will die Gründung von Schlichtungsstellen befördern. Bis Ende 2012 soll eine entsprechende Richtlinie verabschiedet werden. Grund ist der zunehmende Handel über Grenzen der Mitgliedsländer hinweg. Viele Verbraucher meiden den Einkauf im Ausland, weil sie ihre Rechte dort im Streitfall nur schwer durchsetzen können. Das will Brüssel ändern. Verbraucherschützer sind mit den Vorschlägen aber nicht zufrieden, weil sie zu wirtschaftsfreundlich sind. So wurde weder die Unabhängigkeit der Schlichter vorgeschrieben noch eine vorherige Tätigkeit des Schiedsmannes auf Seiten der Anbieter verboten.