Karlsruhe. Schlaflos in Mainhattan: Anwohner hatten bereits im Oktober gegen den massiven Fluglärm des Frankfurter Airport geklagt. Ab Dienstag verhandelt nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über ein Nachtflugverbot. Die Chancen der Kläger stehen nicht schlecht.
Für Millionen Menschen ist der Frankfurter Großflughafen eine feine Sache. Urlaubern und Geschäftsreisenden ermöglicht das internationale Drehkreuz den Weg in alle Welt und ist zudem für über 70.000 Beschäftigte die größte Arbeitsstätte Deutschlands. Dieser Job-Motor brummt mit 270 Millionen Euro im Jahr zwar auf Hochtouren. Doch den Preis dafür zahlen immer mehr lärmgeplagte Anwohner.
Was zumindest eine ungestörte Nachtruhe angeht, hoffen sie nun auf die letzte Instanz: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt ab Dienstag über ein Nachtflugverbot am Airport. Die Chancen der Kläger, mehrere Anwohner aus den Städten Rüsselsheim und Offenbach, stehen nicht schlecht: Auf deren Klage erließ bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Oktober vergangenen Jahres ein vorläufiges Verbot von Nachflügen in der Zeit zwischen 23.00 und 05.00 Uhr. Auch mit Blick auf die neue Landebahn, die wenige Tage später eröffnet wurde und seitdem zahlreichen Gemeinden Fluglärm beschert, die zuvor davon verschont waren.
Bouffier betont wirtschaftliche Bedeutung
Gegen diesen Eilbeschluss zog das Land Hessen, mit über 30 Prozent größter Anteilseigner am Flughafenbetreiber Fraport AG, nun in Leipzig vor Gericht und handelte sich damit prompt den massiven Ärger zahlreicher Bürge rein. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) argumentiert ebenso wie die Fraport mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens. Dass verspätete Flüge anders als jetzt auch noch nach 23.00 Uhr landen dürfen, sei für den größten Frachtflughafen Europas von strategischer Bedeutung, sagt Fraport-Chef Stefan Schulte. Das sehen die Logistik-Unternehmen, die sich um den Flughafen angesiedelt haben und 150.000 Menschen beschäftigen, ebenso.
Auf der anderen Seite stehen allerdings Hunderttausende Bürger, die bei tagsüber rund 500.000 Starts und Landung im Jahr zumindest nachts auf ein wenig Ruhe hoffen. Nach anhaltenden Protesten haben nun Land und Fraport ein mehr als 100 Millionen Euro schweres Programm zur Befriedung aufgelegt. In den besonders vom Lärm betroffene Gebieten sollen bis zu 230 Häuser mit über 500 Wohnungen von Lärmopfern aufgekauft werden. Zudem haben 81.000 Haushalte Anspruch auf den Einbau besonderer Schallschutzfenster.
Südumfliegung führt zu zusätzlichem Lärm
Gleichwohl mehrt sich die Zahl der Klagen. Acht Kommunen aus Rheinland-Pfalz und Hessen und weitere Einzelkläger zogen nun gegen die sogenannte Südumfliegung vor Gericht, da die neue Landebahn auch zu neuen Flugrouten und zusätzlichem Lärm führte. Die Gemeinden werfen dem Land vor, bei Festlegung der neuen Flugschneisen nicht beteiligt worden zu sein. Lärmschutz für Menschen müsse Vorrang haben vor flüssigem Flugverkehr und Profitmaximierung der Airlines, argumentieren sie.
Der zuständige Verwaltungsgerichtshof in Kassel will nun erst die Entscheidung der Leipziger Richter abwarten. Gut möglich, dass sich der Streit um den Airport vor Gerichten noch über Jahre hinzieht und derweil die Prognose von Fraport-Chef Schulte Realität wird. Der Flughafen werde die Zahl der Flugbewegungen bis etwa 2022 auf 700.000 im Jahr steigern, sagt er. (afp)