Mit neuen Premium-Wegen werden Wanderer in bislang kaum bekannte Gegenden gelockt

Sie heißen „Traumpfade", „Traumschleifen", oder „Extratouren". Mit vielversprechenden Namen werden Wanderer zu Tages- und Wochenendtouren verlockt, auf neuen Premium-Wegen, die oft ein bisschen anders, vielleicht ein wenig wilder sind. Und sie führen in kaum bekannte hessische Gegenden.

„Extratouren" nennt man die Tagesrouten in Hessen, und sieben dieser Wanderwege führen durch den Vogelsberg, das kleine Mittelgebirge zwischen Gießen und Fulda. Die Wanderwege sind zwölf bis 19 Kilometer lang, meist gut ausgeschildert – und erst selten beschritten worden.

Ein guter Startpunkt ist Lauterbach. Durch das schmucke Fachwerkstädtchen führt die 16 Kilometer lange Extratour „Lauterbacher Bachtour". Ziemlich geruhsam geht es voran, die Strecke hat kaum Anstiege. Unter den Füßen knirscht bröseliges Basaltgestein, denn der Vogelsberg ist ein Vulkanmassiv. Heute erinnern bizarr geformte einzelne Felsen und Felsblöcke noch an den feuerspeienden Vulkan.

Die erste Vogelsberger Extratour wurde im Herbst 2007 eröffnet und man erhofft sich einen ähnlichen Erfolg wie mit dem bei Radlern beliebten Vulkanradweg. Noch aber schlummern die Premium-Wege vor sich hin. So auch die „Lauterbacher Bachtour". Auf Basaltstein folgt ein Wiesenpfad, die kleine Lauter fließt plätschernd dahin. Nach etwa zwölf Kilometern kommt Schloss Eisenbach in Sicht, ein Schmuckstück aus dem 13. Jahrhundert. Einladend ist im Sommer die schöne Terrasse, die zum Gasthaus gehört.

Das Rathaus in Ortenberg bietet diese Postkarten-Idylle.
Das Rathaus in Ortenberg bietet diese Postkarten-Idylle. © MSG

Eine Wirtschaft besitzt auch der kleine Ort Busenborn, den durchquert man auf der 14 Kilometer langen Route „Gipfeltour Schotten". Das Dorf liegt in einer Talmulde. Nach dem letzten Haus führt ein steiler Anstieg hinauf zum Bilstein, eine von insgesamt vier Bergkuppen auf diesem Weg.

Die Gipfel verwöhnen mit Weitblicken, welche die Hügel erfassen auf denen sich Waldstücke mit großen Weideflächen abwechseln. Manchmal ist das Gras von Hecken umgeben und über den Wiesen flattern Lärchen. Um die Waden nicht sofort übers Maß hinaus zu strapazieren, beginnt man mit der Wandertour am besten gleich oben - auf dem 764 Meter hohen Hoherodskopf.

Naturnah, idyllisch und abwechslungsreich, mit möglichst vielen Schlängel- und Trampelpfaden statt gerader Asphaltstreifen - so lässt sich der Anspruch der vom Deutschen Wanderinstitut in Marburg zertifizierten Extratouren oder Traumpfaden grob umreißen. Sie sind das Pendant zu den jeweils über einhundert Kilometer langen Premium-Fernwanderwegen à la Rheinsteig oder Rothaarsteig. Die Kurzstrecken haben einen Vorteil: Es sind Rundwege.

Ähnlich wie im Vogelsberg versucht man auch im nordöstlichen Zipfel Hessens Wanderer mit erlebnisreichen Touren anzuziehen. Fünf zertifizierte Premium-Routen gibt es bereits im Naturpark Meißner zwischen Eschwege und Bad Soden-Allendorf, weitere sollen in diesem Jahr hinzukommen. Hier geht es meist steiler zur Sache. So führt die Königstour, der Premium-Wanderweg Nummer eins, über den Hohen Meißner: Er misst 754 Meter und ist Nordhessens höchste Erhebung.

Schon seit 2005 existiert der Premium-Wanderweg P4 in der sogenannten Hessischen Schweiz. Eine Gegend im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet, geprägt von dichten Wäldern, Grimms Märchenwälder, die sich ringsum den Hohen Meißner – Frau Holles Hausberg – ausbreiten. Keine Straße kommt dem 15,5 Kilometer langen P4 in die Quere. Er verläuft auf steil abfallenden Felskanten, um dann immer wieder auf verschlungenen Pfaden in Buchenwälder einzutauchen.

Immer wieder bietet der Weg herrliche Ausblicke ins Werratal, etwa vom Wolfstisch, eine 2000 Jahre alte germanische Kultstätte. Der Laubwald verschluckt alle Geräusche, die vom Tal kommen. Nur die eigenen Schritte sind zu hören, gedämpft auf weichem Waldboden. Man kann ein bisschen seinen Gedanken nachhängen und die Stille genießen.