Hegne. Das idyllische Hinterland des “Schwäbischen Meeres“ ist in Zeit der Besinnung und inneren Einkehr das perfekte Reiseziel. Im “Haus St. Elisabeth“ kann man in das Klosterleben eintauchen oder mit dem Regionalzug “Seehas“ ins quirlige Konstanz fahren..
Eilig huscht der "Seehas" durch die idyllische Winterlandschaft der Bodenseeregion. Unermüdlich bringt der Regionalzug ganze Gästescharen nach Konstanz. Viele historische Sehenswürdigkeiten wollen in der Bodenseemetropole erkundet werden. Auch ein Thermalbad wartet darauf, die Besucher zu verwöhnen. Doch in der Vorweihnachtszeit zieht es die meisten vor allem auf den Weihnachtsmarkt.
Sie tauchen ein in stimmungsvolle Adventsromantik und lassen sich vor den Festtagen zu gemütlichen Genießer- und Shoppingtouren verführen. Über 150 geschmückte Stände ziehen sich durch die mittelalterliche Altstadtkulisse in den Stadtgarten hinein bis zum Hafen. Dort ankert unter den wachsamen Augen der zum Wahrzeichen avancierten schönen "Imperia"-Statue ein Weihnachtsschiff und lädt mit weiteren festlich illuminierten Buden zu Besuch an Deck oder gar zu einer Fahrt voller Weihnachtsüberraschungen auf dem Obersee.
Während sich die umstrittene neun Meter hohe Skulptur der "Imperia" mit den Karikaturen eines Papstes in der linken und eines Kaisers in der rechten Hand unverdrossen aller vier Minuten im Kreis dreht, dreht so mancher dem bunten Treiben lieber den Rücken zu. Denn für viele ist Advent eher die Zeit der Besinnung und inneren Einkehr.
Sie zieht es mehr in das idyllische Hinterland des "Schwäbischen Meeres". Und wo könnte eine Auszeit vom Alltag nachhaltiger sein als in einem klösterlichen Umfeld? In nur zehn Minuten bringt der "Seehas" die Ruhesuchenden nach Allensbach am westlichen Bodenseeufer. Der Ortsteil Hegne ist mit seinem Kloster der "Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz" schon längst für zahlreiche Menschen zum Pilgerort geworden.
Kloster, Pilgerort und modernes Hotel
Zum Klosterareal auf einer Anhöhe vor dem eigentlichen Dorf gehören das ehemalige Schloss und jetzige Haupthaus der Schwestern, die Klosterkirche, ein gepflegter Park und einige moderne Gebäude wie das idyllisch am Waldrand gelegene Hotel "Haus St. Elisabeth". Schon 1580 hatte der Konstanzer Bischof das Schloss Hegne, einen einstigen alemannischen Herrensitz, gekauft und zum mondänen Sommersitz umgebaut.
1892 erwarben es die Kreuzschwestern, deren Spiritualität sich am Leben des heiligen Franz von Assisi orientiert. "Vielleicht wundert es den einen oder anderen, dass wir ein modernes Hotel betreiben", sagt Schwester Edith. "Aber es ist unser Ordensleitbild, das Bedürfnis der Zeit zu erkennen, der rote Faden sozusagen, nach dem wir handeln", erklärt sie milde lächelnd. Das Bedürfnis der Zeit sei der Wille Gottes, ist sie überzeugt. Und jede Zeit habe natürlich ihre eigenen Bedürfnisse. So muss man für innere Einkehr in den letzten Tagen des Jahres keineswegs auf Komfort oder Freizeitvergnügen verzichten, wie mancher vielleicht von einem Kloster erwartet. Im Haus St. Elisabeth kann man beides haben.
Rat- und Rastsuchende werden fündig
Schon beim Frühstück geht Schwester Edith von Tisch zu Tisch. "Wie geht es Ihnen? Haben Sie gut geschlafen?", erkundigt sie sich nach dem Wohlbefinden der Gäste. Manche nutzen die Gelegenheit für ein Gespräch. "In unserer schnelllebigen Zeit tut es gut, wenn jemand zuhört", sagt fast entschuldigend der Tischnachbar. Manch einer erhält dabei eine neue Sicht auf die Dinge seines Alltags.
Aber das Hotel ist lediglich ein Domizil mit Klosteratmosphäre. Man muss sich nicht auf Hausmeditationen und Bibelgespräche einlassen. Es muss auch nicht das Innehalten in der hauseigenen Kapelle sein. Wer lieber die Natur im Alpenvorland zu ausgiebigen Spaziergängen und Erkundungen nutzt, nimmt die Vorbereitungen für eines der wichtigsten Feste im Kirchenkalender eben nur am Rande wahr. Es ist die gelungene Mischung aus gelebter Tradition und lebendiger Moderne, die in der traditionsreichen Kulturregion am Untersee für das neue Jahr Kraft schöpfen lässt.
Weltkulturerbe-Insel Reichenau
Zu Füßen Hegnes erstreckt sich der Gnadensee. In der weißen Jahreszeit bekommt die seichte Ausbuchtung des Untersees oft eine tragfähige Eisdecke, was das klostereigene Seegrundstück, auf dem im Sommer Badebetrieb herrscht, schnell zum Tummelplatz von Schlittschuhläufern macht. Aber die Eisdecke rückt auch die Sehenswürdigkeiten der gegenüberliegenden Welterbe-Insel Reichenau in "erlaufbare" Nähe. Sonst ist die größte Bodensee-Insel nur mit der Fähre oder über den einen Kilometer langen Damm zu erreichen.
Eine Statue des Wanderbischofs Pirmin, der 724 die Benediktinerabtei auf der "reichen Au" gründete, empfängt die Gäste allerdings zu jeder Jahreszeit. Drei romanische Kirchen mit weltberühmten Wandmalereien legen Zeugnis ab von der einstigen Bedeutung der Klosterinsel als eines der geistig-kulturellen Zentren des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Auch in Hegne kann man in ein religiöses Umfeld eintauchen. Bei einer Klosterführung geben die weltoffenen Barmherzigen Schwestern gern Einblick in ihr Ordensleben. Edith Senn, die aus dem Schwarzwald kommt, ist 23-jährig in den Orden eingetreten. Nun lebt und arbeitet die gelernte Kindergärtnerin seit über 40 Jahren in Hegne, davon über 30 Jahre in der klostergeführten Fachschule. Ihr Vorbild ist Mitschwester Ulrika (1882-1913), deren sterbliche Überreste in der Krypta der Klosterkirche ruhen und die der Papst 1987 seligsprach. Wem das nach seinem Selbstverständnis zu religiös ist, den bringt der "Seehas" in wenigen Minuten ins quirlige Konstanz. (Die Autorin war auf Einladung von Bodensee Tourismus unterwegs.) (dapd)