Würzburg. .

Wenn Weinbauern ins Schwärmen geraten, muss die Architektur herhalten. So ein edler Tropfen hat nach dem Ausbau einen soliden Unterbau. Er zeigt ein festes Gerüst mit klaren Linien und sauberer Struktur. Was ein Wunder, wenn immer mehr moderne Winzer begabte Baumeister rufen, um ihre Weine in Szene zu setzen? Die neuen Outlets des Rebensaftes haben nichts mit den traditionellen Straußenwirtschaften gemein. Der Wein wird in schicken Vinotheken verkostet, in gestylten Boutiquen verkauft, zum Essen im hauseigenen Restaurant serviert. Und für die Nacht gibt es das Bett im eigenen Designer-Hotel.

Der rote Krauskopf des Winzers signalisiert Stehvermögen: Ludwig Knoll vom Weingut am Stein hat die besten Kreszenzen nach seinen Kindern Vinzenz und Antonia benannt. Inmitten der Würzburger Steillage ließ er sich und seine Philosophie in Szene setzen. Drei Architekten formten einen transparenten Würfel aus grünem Glas (Blätter) und vertikalen Balken (Rebstöcke). Drinnen spielt das Licht wie unter einer Pergola. Im „WeinWerk“ kann man alle Produkte verkosten und kaufen. Auch ausgiebig: Es gibt Gästezimmer. Im Küchenhaus lädt ein Sternekoch zu Kursen und Events.

Moderne Architektur im Weinbau – da hat’s schon beim Opa geklingelt: Der stellte 1929 seine Kellerei im avantgardistischen Bauhaus-Stil in die Weinberge beim pfälzischen Kindenheim. Diese Stilikone hat Enkel Jochen Kreutzenberger nun zum „gläsernen Weingut“ für seine exzellenten Rieslinge und Rivaner erweitert. Für den „weißen Paradiesvogel im ländlich bunten Hühnerstall“ gab es den Deutschen Architekturpreis.

Wie Großvater und Enkel

Für den Generationenwechsel im Gewerbe steht die Weinwerkstatt Lubentiushof an der Mosel. Im engen Niederfell hat Andreas Barth, der Quereinsteiger, seinen Erweiterungsbau auf ein Abbruchgelände gesetzt. Neben dem historischen Weinhof aus groben Bruchsteinen steht nun der Neubau – giebelgleich, aber luftig-leicht aus Glas, Stahl und Holzlamellen. Wie der Enkel neben dem Großvater. Die uralten Rieslingreben für den „Gondorfer Gäns“ wachsen auf dem Schiefer der Steilterrassen. Der Hausherr steht für Slow Food ein und passend dazu für einen „langsamen Wein“.

Die Kunden stehen buchstäblich auf ihrem Wein. Sie stehen auf Glas direkt über den Holzfässern im Weinkeller. Mit diesem Gag haben die Architekten das Ehepaar Gierer in Nonnenhorn am Bodensee überzeugt. Als elegante Vitrine ist der Verkauf an die für Verkostungen aufgemöbelte Scheune angefügt. Glaswände eröffnen Ausblicke auf den Bodensee mit seinen typischen Streuobstwiesen und Weinbergen. Außer Wein kann man auch Obst probieren – natur und gebrannt. Josef Gierer verkauft jetzt immerhin ein ganzes Fünftel mehr Wein – und auch an deutlich jüngere Kunden.

Über, in und unterm Boden

Seit Jahrhunderten wird im österreichischen Langenlois ein fabelhafter Wein gekeltert – jetzt hat er ein Gesicht: Das Loisium. Architekt Steven Holl, ein New Yorker, hat hier „unter, in und über der Erde“ gewerkelt und einen markanten Kubus zwischen die Rebzeilen gewürfelt. Er birgt Besucherzentrum, Vinothek und Shop. Im schwebenden Hotel darf man bei ayurvedischen Fußmassagen mit Traubenextrakten die Zeit verträumen. Unter der Erde erschließt sich dem Gast ein 900 Jahre altes Kellerlabyrinth.

Wenn ein Titan mit Titan arbeitet, kommt ein gigantisches Kunstwerk heraus. Frank Gehry ließ sich mit einer Flasche seines Geburtsjahrgangs ’29 ködern – zum Bau des Weinhotels „Marqués de Riscal“ in der spanischen Rioja. Wie beim Guggenheim-Museum in Bilbao wellte der kanadische Stararchitekt breite Bänder aus Titan zu einer futuristischen Skulptur. „Das Ding“, wie es die Leute von Elciego nennen, ignoriert rechte Winkel. Die Räume sind so facettenreich wie der Tempranillo-Wein. Berauschend ist selbst die Vinotherapie: Das Spa lockt mit Weinhefe-Wrapping und Crushed-Cabernet-Peeling.