Gargano - Italiens vergessener Sporn - Ein Windsurfer-Paradies mit magischen Kräften
Man kann über diese Straße sagen, was man will. Aber nicht, dass sie langweilig wäre. Mit waghalsigen Kehren und Kurven schwingt sich die Via Litoranea zwischen Peschici im Norden und Manfredonia im Süden von Bucht zu Bucht. Fällt steil ab, steigt wieder an, gibt den Blick frei auf die tiefgrünen Aleppo-Kiefern oder schlängelt sich an verträumten Fischerorten und wuchtigen Kalksteinfelsen vorbei. Allein die Küstenstraße des Gargano ist eine Reise wert.
Trotzdem liegt der Gargano, der Sporn des italienischen Stiefels, im Abseits. Vergessen, verträumt, von ganz großen Tourismusströmen noch immer verschont. Woran das liegt? Natürlich am fehlenden Flughafen und einer fehlenden ausgebauten Bahnverbindung. Aber sicherlich auch an der langen Anreise und der waghalsigen Fahrt an der Küste entlang, die viele Urlauber abschrecken dürfte. Wer tut sich das schon an, wenn er auch am Gardasee schöne Ferien verbringen kann?
Die Antwort bekommt man spätestens, wenn der Mistral von Bucht zu Bucht weht. Der bekannte Schönwetterwind entfaltet zwischen April und Juli am Sporn seine volle Kraft und sorgt für beste Surf-Bedingungen vom Santa-Maria-Strand bis zur Molinella-Bucht. Etwa 10 000 Wind- und immer mehr Kitesurfer zieht es deshalb regelmäßig nach Vieste. Sie alle locken die beständigen Winde, aber auch die angenehmen Preise. Apulien zählt noch immer zu den günstigen Ferienregionen Italiens.
Wer nicht wegen des Mistrals kommt, der tut es vielleicht wegen Mario Ottaviano. Der Besitzer des gleichnamigen „Trabucco-Restaurant Da Mimi” in Peschici serviert nicht nur ausgezeichneten Fisch, er macht dies auch in atemberaubender Kulisse. Mario betreibt eine der letzten Fischfang-Plattformen, die direkt über dem Meer an den steilen Kreideklippen hängen. Zentnerweise haben seine Vorfahren damit früher Dorade und Seewolf aus dem azurblauen Wasser gezogen. Jetzt sind von den 36 Holzgerüsten gerade noch sechs Trabucchi übrig geblieben. Auch am Gargano bleibt die Zeit nicht stehen.
Noch immer in voller Pracht erstrahlt dagegen die Foresta Umbra, eine einmalig kühle Oase unter der heißen Sonne Süditaliens. Im letzten Urwald Apuliens gedeihen 1000 Jahre alte Eiben neben Buchen, die so dick wie Kirchtürme sind. Man kann die letzten hundert Garganischen Rehböcke in dem Märchenwald bewundern. Aber auch rund 60 Prozent der europäischen Orchideen, die auf traumhaften Wegen entdeckt werden wollen. Ein Ort zum Radeln, Wandern und Staunen. Doch das ist nichts gegen den Anblick, der die Urlauber bei Andria erwartet.
Kaum ein Bauwerk lässt Besucher mit so vielen Fragen zurück, wie das Castel del Monte. Die achteckige Burg, einst vom Stauferkönig Friedrich II. in Auftrag gegeben und erst nach 20-jähriger Bauzeit fertiggestellt, gilt als schönster und geheimnisvollster Bau des Mittelalters. Noch immer rätseln Experten, was die ungewöhnliche Form der „Krone Apuliens” bedeuten soll. Ist sie das Resultat der Quersumme aus dem Geburtsdatum des römisch-deutschen Kaisers? Ein esoterischer Ort mit magischen Kräften? Oder kann mit ihrer geometrischen Formel sogar die Pyramide in Gizeh neu erforscht werden? Das Castel del Monte bleibt ein Rätsel. Bis heute.
Natürlich könnte man jetzt noch das Itria-Tal mit den runden, weiß getünchten Steinhäusern mit kegelförmigen Dächern besuchen. Man kann einen Trip auf die Tremiti-Inseln wagen, um im glasklaren Wasser zu schnorcheln. Oder vom Hafen von Vieste aus die einzigartigen Grotten erkunden. Irgendwann zieht es aber auch den letzten Urlauber an den Strand. Ein paar der schönsten Bade-Paradiese Süditaliens befinden sich am Gargano. Wild und schroff, zugleich aber von einer besonderen Sanftheit, schmiegen sie sich an die kleinen Fischerorte. Als schönste Strände gelten der Baia delle Zagare rund 20 Kilometer südlich von Vieste. Aber auch der Scialmarino-Strand acht Kilometer nördlich des Ortes ist einen Ausflug wert. Übrigens nicht nur, wenn der Mistral wütet. Und wenn der Urlaub zu Ende ist? Dann packt man seine Surfer-Klamotten zusammen und macht sich an den nervenaufreibenden Heimweg. Die Via Litoranea wartet schon.
Anreise
Die rund zwölfstündige Anreise erfolgt mit dem Auto über Brenner, Modena, Rimini. Auf der Küstenautobahn geht's vorbei an Ancona. Der nächste größere Bahnhof ist Foggia. Von dort verkehren Busse. Flughäfen gibt's in Foggia und Bari. Weiterreise mit „Ferrovie del Gargano”.
Klima und Reisezeit
Surfer kommen von April bis Juli auf ihre Kosten. Angenehme Badetemperaturen gibt's von Juni bis Ende September. Die Wassertemperatur erreicht bis 25 Grad. Die Lufttemperatur fällt in den Sommermonaten selten unter 30 Grad. Im Oktober hat man Apulien fast für sich allein.
Kontakt
Italienische Zentrale für Tourismus 069/23 74 34,
www.enit.de