Provence. Eine neue Agentur in Aix-en-Provence vermietet den VW T2 für einen nostalgischen Urlaub. „Das Leben in einem VW Campervan hat einen anderen Rhythmus“, wirbt die Agentur. Dirk Engelhardt hat mit dem Bulli anfangs so seine Schwierigkeiten.

Mit dem Volkswagen verbindet wohl jeder Deutsche so seine Erinnerungen. Mir fällt dazu mein Onkel Hubert aus Borken ein. Der pflegte allen ungefragt mitzuteilen, dass der VW Käfer „das beste Auto der Welt sei“. SEIN Käfer war ein Prachtexemplar, das selbst nach 30 Jahren gepflegter Ausfahrten taufrisch wie am ersten Tag aussah. Nicht zuletzt dank Onkel Huberts Wienerkünsten – nach jedem Regenguss tupfte er den Wagen in der Garage mit einem Wildledertuch penibel genau trocken.

Echte Käfer oder Bullis sieht man heute selten auf den Straßen. Eine neue Agentur in Aix-en-Provence hat sich dieser Marktlücke angenommen und bietet den VW T2 zur Miete für einen nostalgischen Urlaub an. Mit dem 1,6 Liter luftgekühlten Motor bringt der Rot-Weiße es auf der Landstraße auf gut 90 Stundenkilometer, und für einen kurzen „Summer of Love“ ist er mit Kühlschrank, Waschbecken, Gaskocher und einem „Rock‘n‘Roll“-Bett für zwei Personen ausgestattet. Wenn man am Steuer sitzt, merkt man sofort, dass dies ein echter Oldtimer ist: Neben dem Gaspedal kann man durch den Fußboden auf den Asphalt der Straße gucken, und der Geruch ist jene unverkennbare Mischung aus Gummi, Schweiß und Altöl, die VW in den Siebzigern innewohnte.

Im Urlaub einfach mal treiben lassen

„Das Leben in einem VW Campervan hat einen anderen Rhythmus“, wirbt die Agentur. Und rät, sich im Urlaub einfach mal dorthin treiben zu lassen, wo es schön ist. Diesen Rat hätte ich vorher lesen sollen, denn ich hatte vorsorglich ein GPS mitgebracht, um einige schöne Plätze einfach zu finden. Was ich nicht bedacht hatte: Ein Bulli von 1971 hat noch keinen Zigarettenanzünder. „Das ist kein Problem, es gibt hier Campingplätze zuhauf“, sichert mir Agenturchef Milo bei der Übergabe des Busses zu. Und sagt mir noch, dass der erste Gang manchmal schwer einrastet.

Auch interessant

Von DerWesten

Ich lasse mich also von Aix-en-Provence in Richtung Osten treiben, in die Berge des Luberon. Entlegene Dörfer wie Pernes-les-Fontaines und Mazan mit idyllischen, von stämmigen Platanen gesäumten Plätzen werden passiert. Villes sur Auzon hat gleich mehrere Campingplätze.

Auch Gang zwei streikt – Bulli muss ins Krankenhaus

Die erste Nacht im Bulli wird begleitet von Froschgequake – das Bett ist bequemer, als es aussieht.

Am nächsten Tag zeigt sich Freund Bulli lustlos. Der erste Gang geht gar nicht mehr rein. Das macht jeden Start vor roten Ampeln zur schweißtreibenden Angelegenheit. Gegen Mittag, im Dörfchen Sénas, streikt auch der zweite Gang. Ein Anruf bei der Vermietung, zwei Stunden später nimmt ein Abschleppwagen Bulli huckepack und bringt ihn ins „Krankenhaus“.

Eine Hotelübernachtung in Aix-en-Provence soll die Flower-Power-Tour unterbrechen, auf Kosten der Autovermietung natürlich. Aix hat den natürlichen Charme eines südfranzösischen Provinzstädtchens. Oberhalb der Altstadt liegt das Atelier des Malers Paul Cezanne. Alles ist noch originalgetreu so belassen, wie er es eingerichtet hatte. Die Bilder allerdings fehlen – sie sind heute in Museen und Galerien in aller Welt verstreut. Als Bordproviant versorge ich mich in einer Konditorei mit Calisson – Konfekt in Form eines Weberschiffchens.

Feuerwerk verstört Vögel

Der T2 wird am nächsten Tag pünktlich aus der Werkstatt entlassen. Ich will nun ans Meer und fahre Richtung Hyeres. Dort sollen öfters Camper mit ihren Bussen am Strand stehen. Direkt am Strand kann man dank der Caravansperren nun nicht mehr parken, aber auf der Halbinsel Giens gibt es einen gut ausgestatteten Campingplatz. Der Weg dorthin führt auf einer schmalen Landzunge entlang ehemaliger Salinen, auf denen heute fotogene Flamingos stelzen. „Bis 1996 wurde hier noch Salz gewonnen“, erzählt mir Marc Simo am Eingang des Naturparks. „Wir versuchen jetzt, die Salinen instand zu setzen und wollen bald wieder mit dem Salzanbau anfangen.“ Das ist nicht einfach, denn Naturschutz ist in Frankreich immer noch ein Stiefkind. „Schlimm ist der Vergnügungspark direkt dort nebenan“, sagt Simo, „die machen zur Saisoneröffnung immer ein Riesenfeuerwerk, welches die Vögel hier verstört“.

Hyeres bietet aber noch weitere Kleinode: Zum Beispiel die Villa Noailles, die 1920 ein Experimentierfeld für Künstler im Vorfeld der Bauhaus-Bewegung war. Erbaut haben das Haus Charles und Marie-Laure de Noailles, wohlhabende Mitglieder der Pariser Intellektuellenszene, 1923. Eine Ausstellung zeugt von den wilden Partys der südfranzösischen Boheme. Hinunter in das Dorf geht man durch einen duftenden Park am Berg. Unten angekommen, leiste ich mir frischen Fisch im besten Restaurant am Place Massillon, dem Bistrot de Marius. Der Campingkocher bleibt heute kalt.