Essen. Zum Schutz des Ökosystems kreuzen ab Juli 30 Prozent weniger Schiffe im Eis - denn dann tritt das Verbot für Schwerölnutzung und -transport in der Antarktis in Kraft. Betroffen davon sind vor allem amerikanische Reedereien.

Vor genau 100 Jahren entdeckte Roald Amundsen den Südpol – und machte den Weg frei für Expeditionsreisen in die Antarktis. Nach den Forschern kamen ab den 50er-Jahren auch die ersten Touristen. In den letzten Jahren waren es bis zu 35.000 pro Jahr. Doch diese Zahl wird sich wohl nun deutlich reduzieren.

Der Grund dafür sind verschärfte Umweltschutz-Regularien, um das sensible Ökosystem zu schonen. Leidtragende sind dabei hauptsächlich die Gäste amerikanischer Reedereien. Deutsche Eismeer-Touristen kommen weiterhin auf ihre Kosten.

Vor allem amerikanische Reedereien betroffen

Zentraler Punkt im aktualisierten Regelwerk der International Maritime Organisation (IMO) ist das Verbot der Schwerölnutzung und auch des -transports in der Antarktis. Schweröl baut sich im eisigen Wasser viel schlechter ab als Diesel und hat darüber hinaus auch deutlich ungünstigere Verbrennungswerte. Dieser Schiffstreibstoff wird jedoch vor allem von großen Schiffen mit Kapazitäten von über 1000 Passagieren und starken Eisbrechern genutzt. Auf diesen Schiffen ist eine Umstellung auf das umweltverträglichere Dieselöl entweder technisch nicht möglich oder schlicht nicht finanzierbar.

Als Konsequenz haben die großen amerikanischen Reedereien wie Celebrity Cruises, Princess Cruises, Regent Seven Seas, Crystal Cruises und Holland America Line ihre Antarktis-Kreuzfahrten aus dem Programm gestrichen. Damit fällt schon ein gutes Drittel der Besucher weg, laut IAATO (International Association of Antarctic Tour Operators) waren in der vergangenen Saison knapp 12.000 Amerikaner im eisigen Süden unterwegs.

Eisbrecher bieten ganz anderes Reiseerlebnis

Allerdings waren die Reisenden auf den dicken Ozeanlinern ohnehin nur zum fernen Bewundern unterwegs. Denn Anlandungen mit Beibooten sind schon seit 2009 nur noch für Schiffe erlaubt, die maximal 500 Gäste an Bord haben.

Ein ganz anderes Reiseerlebnis suchten und fanden Passagiere dagegen auf den Eisbrechern. Schiffe wie die legendäre Kapitan Khlebnikov können sich in die entlegensten Regionen durchbeißen, und haben zudem auch noch Hubschrauber an Bord, um ihre Gäste an ganz besondere Stellen zu fliegen. Die Antarktis-Abschiedstour des russischen Eisbrechers zum Jahreswechsel 2011/2012 ist bereits so gut wie ausgebucht.

Nicht betroffen von der neuen Verordnung sind Expeditionsschiffe wie die MS Bremen und Hanseatic von Hapag-Lloyd oder das norwegische Hurtigruten-Schiff Fram. Diese Schiffe fahren schon seit Jahren ausschließlich mit dem umweltfreundlicheren Dieselöl.

Schweröl als Treibstoff ist künftig für Schiffe tabu

Bei Hapag-Lloyd engagiert man sich sogar bereits seit Jahrzehnten aktiv für den Schutz der sensiblen Ökosysteme und plädiert für einen respektvollen Umgang mit Flora und Fauna. Konkret bedeutet das, dass in der Antarktis jeweils nur kleine Gruppen von 20 Passagieren unter Leitung eines erfahrenen Lektors an Land dürfen.

Die Anlandeplätze werden zudem vor dem Ausbooten von erfahrenen Expeditionsleitern und Experten vor Ort geprüft. In Vorträgen werden Passagiere und Besatzungsmitglieder auf die Sensibilität der jeweiligen Fahrtgebiete hingewiesen und zu einem entsprechenden Verhalten aufgefordert.

Ein reduzierter Routenverlauf oder gar ein völliger Verzicht auf Antarktis-Touren ist für Sebastian Ahrens, Geschäftsführer von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, jedoch kein Thema: Wer in die Antarktis reise, solle sich nach Meinung des Experten nicht mit einer Route entlang der peripheren Gebieten zufrieden geben, „sondern sich für eine echte Expeditionstour entscheiden“. Schließlich unternehme man eine solche Reise meist nur einmal im Leben.

Norwegische Reederei bietet "Klimareisen"

Deshalb gilt es bei der Wahl des Schiffs auf bestimmte Kriterien zu achten: Damit einerseits die strengen Auflagen zum Schutz der sensiblen antarktischen Umwelt auch garantiert eingehalten werden und andererseits hautnahe Naturerlebnisse sowie genügend Zeit für Anlandungen und Tierbeobachtungen bleiben. Frei nach dem Motto „Schützen kann man nur, was man kennt“, geht man auch bei Hurtigruten vor. Die norwegische Reederei fühlt sich dem Umweltschutz verpflichtet und bietet „Klimareisen“ an.

Vor 100 Jahren war Amundsen mit seinem Expeditionsschiff Fram in der Antarktis unterwegs und hat am 14. Dezember 1911 den Südpol entdeckt. Pünktlich zum großen Jubiläum wird die aktuelle Hurtigruten-Fram wieder in der Region unterwegs sein – mit Passagieren an Bord, die auf den Spuren des großen Entdeckers wandeln wollen, und hoffentlich sensibilisiert für das fragile Ökosystem wieder nach Hause fahren.