Dieses Jahr wird ein Jahr der Giganten. Nie zuvor fuhren in Europa so viele so große Kreuzfahrtschiffe wie in diesem Jahr. Waren 2010 in europäischen Gewässern noch zehn Schiffe mit mehr als 3000 Passagieren unterwegs, sind es in diesem Jahr schon 16 – ein Zuwachs von 60 Prozent. Weitere 14 Schiffe haben eine Kapazität von 2500 bis 3000 Passagieren.

Nie zuvor war auch die Auswahl an verschiedenartigen Schiffen so groß. Kreuzfahrten nach Nordeuropa, zu den Kanaren und ins Mittelmeer bieten deutsche Reisebüros inzwischen auf mehr als einhundert Kreuzfahrtschiffen an. Vom 68-Passagiere-Luxus-Segelschiff Sea Cloud und brandneuen Nobelschiffen wie der Le Boréal (264 Passagiere) über Klassiker wie Albatros (850 Passagiere) und MS Deutschland (520 Passagiere) sowie kleineren, amerikanischen Schiffen wie Holland Americas Ryndam mit 1260 Passagieren und mondänen Edel-Schiffen der Solstice-Class (2850 Passagiere) bis hin zu den ganz großen wie Liberty of the Seas und Norwegian Epic findet sich für jeden das passende Kreuzfahrtschiff.

Mit den neuen Mega-Schiffen in Europa wird vor allem für jüngere Kreuzfahrer und auch Familien die Auswahl an Schiffen und unterschiedlichen Bordprogrammen deutlich größer – vom Broadway-Musical über Kinder-Entertainment mit Zeichentrick-Figuren wie Spongebob und den Madagaskar-Pinguinen bis hin zu Eislaufbahnen und gigantischen Wasserrutschen am Pooldeck.

Zu den spektakulärsten Neuankömmlingen im Mittelmeer zählt das bis vor gut einem Jahr noch größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die Liberty of the Seas mit 3634 Passagieren, auf dem die Gäste mit einer Gegenstromanlage an Bord sogar Wellenreiten lernen können. Das neue Flaggschiff von Norwegian Cruise Line (NCL), die Norwegian Epic mit 4100 Passagieren, sorgt für Furore mit seinem ungewöhnlichen Kabinendesign, einer Show der Blue Man Group und einer gigantischen Wasserrutsche am Pooldeck. Erstmals schickt auch Carnival einen seiner Giganten nach Europa: Die Carnival Magic mit 3690 Passagieren geht im Mai im Mittelmeer auf Jungfernfahrt.

Von den zwölf Kreuzfahrtschiffen, die dieses Jahr neu in europäischen Gewässern fahren, stammen übrigens neun von amerikanischen Reedereien, die restlichen drei (AIDAsol, Mein Schiff 2 und Costa Favolosa) haben zumindest amerikanische Mutterkonzerne. Die Massenmarkt Kreuzfahrt in Europa ist längst fest in der Hand der Amerikaner, auch wenn die Passagiere das oft nicht merken. TUI Cruises gehören zur Hälfte zum Royal-Caribbean-Konzern, AIDA und Costa zu Carnival. Einzig wirklich europäische Reederei mit Schiffen im Massenmarkt ist MSC. MSC fährt mit immerhin elf Schiffen in Europa, genauso vielen wie Royal Caribbean. Nur Costa hat 2011 noch mehr Kreuzfahrtschiffen in Europa, nämlich 14.

In Grenzen hält sich bei den ganz großen Schiffen allerdings die Vielfalt bei den Landgängen: Sie konzentrieren sich auf wenige, beliebte und inzwischen oft etwas überlaufene Häfen. Los geht’s meist von Barcelona, dem neuen Kreuzfahrt-Mekka in Europa, auch Civitavecchia (Rom), Genua und Savona beheimaten viele große Kreuzfahrtschiffe.

Als Faustregel gilt: Je kleiner das Schiff, desto ungewöhnlicher sind die Fahrtrouten. Wer in den Katalogen der Reedereien blättert, der findet aber auch bei den Mega-Schiffen das eine oder andere Fahrtrouten-Schmankerl. Beispielsweise die 14-Nächte-Fahrten der Celebrity Solstice im Mai, Juni und Juli von Southampton aus entlang der portugiesischen Küste und durch die Straße von Gibraltar einschließlich Hafenstopps in selten angelaufenen Häfen wie Toulon, Cagliari und Vigo.

Ein besonderes Erlebnis ist immer Venedig, Ausgangspunkt vieler Kreuzfahrten von Costa Fortuna, Carnival Magic und Voyager of the Seas. Ein Highlight im Mittelmeer ist außerdem der faszinierende Hafen von Valletta auf Malta, den zum Beispiel die MSC Fantasia im Sommer regelmäßig anläuft.

Für Fans der traditionellen Kreuzfahrt gibt es übrigens keinen Grund zur Trauer. Zwar wird Kreuzfahrt allmählich zum Massengeschäft auf immer größeren Schiffen. Doch die kleinen, klassischen Schiffe wie Astor, Deutschland, Albatros und Princess Daphne sterben nicht aus. Wer Wind und Wellen, Sonne und Seeluft möglichst hautnah erleben will, der kann dem Gigantismus problemlos trotzen und sich einen Klassiker mit Fahrtroute abseits des Massentourismus aussuchen. Wenn nicht zufällig eines der großen Schiffe am selben Tag im selben Hafen anlegt, ist vom Kreuzfahrtboom in Europa kaum etwas zu spüren.