Mit der „Frédéric Chopin“ unterwegs auf Elbe und Moldau
Spiegelblank und tiefblau liegt das Wasser über dem Land. Die V-förmige Spur einer Ente fängt die ersten Sonnenstrahlen ein und funkelt wie tausend kleine Diamanten. Die Elbe ist über die Ufer getreten und hat die Landschaft in ein Seen-Plateau verwandelt. Die tief hängenden Äste der großen Weiden ziehen in der Strömung kleine Wellenlinien.
Der Kapitän der „Frédéric Chopin“ hat für die romantische Schönheit keinen Blick. Er schaut nur auf die Bojen, die an ihren Ketten zerren. Nur sie zeigen ihm noch die Fahrrinne an, durch die er die 80 Passagiere seines Schiffes sicher durch das Biosphärenreservat Mittlere Elbe nach Wittenberg bringt.
Eine Flusskreuzfahrt auf der Elbe hat immer auch einen Hauch von Abenteuer. Der Fluss ist launisch, unreguliert und selten führt er die richtige Menge Wasser. Im Vergleich zu Donau und Rhein fahren deshalb auf diesem Fluss nur relativ wenige Kreuzfahrtschiffe – dabei stehen die Sehenswürdigkeiten entlang der Elbe regelrecht Schlange: Hamburg, Tangermünde, Magdeburg, Meißen, Dresden, Sächsische Schweiz, Litomerice. Fast überall legt das Schiff in Laufweite zum Zentrum an.
Besonders reizvoll ist die Fahrtroute von Potsdam über den Elbe-Havel-Kanal zur Elbe und in Tschechien über die Moldau bis nach Prag. Nur wirklich kleine Elb-Kreuzfahrtschiffe wie die „Frédéric Chopin“ und die „Katharina von Bora“ von Nicko Tours können überhaupt auf der schmalen Moldau fahren.
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Einer der Höhepunkte auf der Fahrt die Elbe hinauf ist die abendliche Einfahrt nach Dresden. Am Ufer aufgereiht liegen die Schiffe der ältesten Raddampfer-Flotte der Welt. Die hell angestrahlte Kulisse des historischen Dresden mit Semper-Oper, Hofkirche und Brühlscher Terrasse wirkt wie die Nachtaufnahme des berühmten Canaletto-Gemäldes. Dahinter versteckt sich die wieder aufgebaute Frauenkirche. Nur ihre gewaltige Kuppel ist zu sehen.
Eine schwierige Entscheidung müssen die Passagiere am nächsten Morgen treffen: Sollen sie den vielleicht schönsten Teil des Elbtals vom Bus aus auf der Tagestour erleben? Oder auf dem Schiff durch die zerklüfteten Felsformationen der Sächsischen Schweiz fahren? Für abenteuerlustige Nostalgiker gibt es sogar eine dritte Alternative, allerdings nur inoffiziell: umsteigen auf einen Raddampfer – und erst in Bad Schandau wieder aufs Kreuzfahrtschiff zurück.
Sein Können muss der Kapitän noch einmal gegen Ende der Kreuzfahrt zeigen: zwischen Melnik und Prag auf der Moldau. Besonders für eine Brücke über den Seitenkanal der Moldau bei Vranany lohnt es sich, früh aufzustehen. Durch Nebelschwaden schiebt sich die „Frédéric Chopin“ langsam auf das Nadelöhr zu. Keiner, der schon wach ist und mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand am Kabinenfenster steht, glaubt wirklich, dass das Schiff da durch passt. Nur Zentimeter liegen zwischen den Pfeilern der Brücke: links, rechts, sogar oben. Größere Schiffe kommen hier nicht mehr durch, müssen ihre Passagiere bereits in Melnik ausschiffen und mit dem Bus nach Prag bringen.
Die „Frédéric Chopin“ fährt direkt bis Prag, wo sie zur Abenddämmerung ankommt und den Passagieren einen grandiosen Blick auf die Goldene Stadt bei Sonnenuntergang bietet.