Wenn Miran Mocnik, genannt Mickey, oben auf der Spitze der Landzunge von Piran steht, unter ihm die Adria, über ihm die Kirche des heiligen Georg, fühlt er sich wie der Kapitän am Bug eines Kreuzfahrtschiffes. Steuerte er zur Küste gegenüber, wäre er in drei Stunden in Venedig. „Wenn die Luft ganz klar ist, kann man vom Kirchturm sogar den Campanile auf dem Markusplatz erkennen.“

Mickey, lässiger Pferdeschwanz, Lederjacke, Jeans, ist in Portoroz zu Hause, dem größten Badeort an der istrischen Küste Sloweniens, gerade mal einen halbstündigen Spaziergang von Piran entfernt. Dem Städtchen sieht man an, wie eng es 500 Jahre lang mit der Republik Venedig verflochten war. 1283 hatte sich Piran unter den Schutz der mächtigen Venezianer gestellt. Das Symbol ihrer Herrschaft, der geflügelte Markuslöwe mit einem aufgeschlagenen Buch, schmückt Stadttore und Rundbögen. Der Turm der Georgskirche ist eine Kopie des berühmten Campanile – das Wahrzeichen von Piran.

Die Piazza Tartini, ein Platz wie eine Theaterkulisse, steckt voller Geschichten. Und Mickey kennt sie alle. In der Mitte das Denkmal des Giuseppe Tartini – kein Herrscher auf seinem Pferd, sondern ein Musiker und Mathematiker mit seiner Geige. „Berühmt für seinen Teufelstriller“, erzählt Mickey. „Er hat im Traum den Teufel spielen gehört und die Noten aufgeschrieben.“ Die Leute sagten, nur zwei könnten die Violine so rasend schnell spielen: „der Teufel und Tartini.“

Heute heißt alles Tartini: das Theater, Hotels, Cafés. Das schönste Gebäude des Platzes ist ein rotes dreistöckiges Haus im venezianisch-gotischen Stil, ähnlich wie der Dogenpalast in Venedig. Ein reicher Händler hat es im 15. Jahrhundert für seine Braut gebaut, 16 Jahre jung aus einer armen Familie. Das erboste die Piraner Patrizierfamilien, sie streuten böse Gerüchte über die junge Frau. Einmal brachte der Händler daher eine Marmorplatte mit, die er zwischen den oberen Fenstern einbaute und auf der geschrieben steht: „Lasse pur vir“, „lasst die Leute reden!“

Mittelalterliche Gassen und Treppchen ziehen sich den Hügel hinauf bis zur Georgskirche – ein schöner Bummel. Unterwegs erzählt Mickey, dass sein Großvater während des Ersten Weltkriegs österreichischer Soldat wurde. Es war Napoleon, der die Ära der Venezianischen Republik 1797 beendet hatte.

Slowenische Weine sind
hier noch ein Geheimtipp

Wenig später folgte das kaiserliche Österreich, nach dem Ersten Weltkrieg kamen die Italiener. Erst 1991, nach Titos Tod und dem Zerfall Jugoslawiens, erkämpfte sich Slowenien seine Unabhängigkeit. Bereits 2004 trat das Land der EU bei und führte 2007 den Euro ein.

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Von DerWesten

Im hügeligen Hinterland kann man die wunderbaren slowenischen Weine probieren, hierzulande fast noch ein Geheimtipp. Im Bergdorf Gazon betreibt der junge Winzer Uros Rojac sein 15-Hektar-Weingut. Ökologisch. Auf dem Land, das schon seinem Urgroßvater gehörte, gedeihen 75 000 Weinpflanzen und 200 Olivenbäume. „Reine Familienarbeit“, betont er. Typisch für die Region sind sein weißer Malvazija und der schwere rote Renero, der „schwarze König“.

Zurück am Meer wartet am Kai von Portoroz Irena Fonda, die zu einer Bootstour einlädt. Es geht hinaus in die Piraner Bucht zu der Fischfarm „Fonda“, einem Familienunternehmen, das Wolfsbarsche nur mit ökologischem Futter aufzieht. „Wohl als einzige Fischfarm der Welt“, meint Irena. Draußen in einem 650 Hektar großen Naturschutzgebiet sieht man die Netzkäfige, in denen die Fische frei im Meerwasser schwimmen. „Die großen Fische brauchen fünf Jahre. Wenn man sie überfüttert, dann werden sie fett.“

Irena schlägt noch einen kleinen Abstecher durch den „Kanal Grande“ zu den berühmten Salinen von Secovlje vor, wo bis heute Meersalz nach uralten Verfahren gewonnen wird. Die Blütezeit der Salinen war in der Ära der K.u.K.-Monarchie, als das Salz aus Piran in ganz Europa ein begehrter Luxusartikel war. „Die beste Qualität ist die Salzblüte ‚Fleur de Sel’, erklärt Irena, während sie einen rohen Wolfsbarsch in feine Scheiben schneidet, auf Weißbrot legt, mit Olivenöl beträufelt, dazu etwas Salzblüte. „Probier!“ sagt sie. Es schmeckt einfach köstlich!