Das Stauferjahr 2010: Mit Konzerten, Festspielen und einer großen Ausstellung feiern 17 Städte die Herrscherdynastie des Adelsgeschlechts

Wir schreiben das Jahr 2010, Baden-Württemberg ruft ein Stauferjahr aus. Sein kunsthistorischer Höhepunkt muss allerdings warten bis September. Erst dann wird in Mannheim das Reiss-Engelhorn-Museum mit großem Atem erzählen über „Die Staufer und Italien”.

Mit Staufer-Ausstellungen hat man im deutschen Süden angenehme Erfahrungen gemacht. Es war 1977, da wagte man in Stuttgart die erste große Schau. Man hatte auf eine Schar historisch Interessierter gehofft. Die Realität übertraf dann schönste Erwartungen – „die Staufer” wurden regelrecht gestürmt.

Woher das kam? Obwohl ihre Zeit doch so kurz war, obwohl ihr Reich so rasch unterging wie es aufgestiegen war, hat doch kaum ein Geschlecht das deutsche Nationalgefühl so befeuert wie die Welt der staufischen Herrscher. Noch Bismarck machte 1874 Geld locker und schickte zwei deutsche Historiker in den Orient, die verschollenen Gebeine Friedrich Barbarossas aufzuspüren. Natürlich fanden sie nichts, aber das ist eine andere Geschichte.

Sich in der Stammheimat der Staufer auf Spurensuche zu begeben, ist leicht und schwer zugleich. Schwer, weil 800 Jahre eine lange Zeit sind und die Geschichte vorüberzog an einst mächtigen Burgen, bedeutenden Pfalzen und den Zeichen der Macht im Allgemeinen. Da steht man dann auf der Spitze des namengebenden Hohenstaufen bei Göppingen und ahnt allenfalls die Konturen des einst so mächtigen Stammsitzes des Geschlechts – Vergänglichkeit bei schöner Sicht.

Tröstlich: Wissensdurst stillt – ein Wanderviertelstündchen bergab – ein Dokumentationsraum, der auf kleiner Fläche das Kunststück vollbringt, eine ganze Mittelalterwelt zu erschließen.

Leicht ist es aber doch, weil Prachtvolles geblieben ist. Bad Wimpfen etwa. Da braucht man keine Lupe zur Staufersuche. Die Stadtsilhouette zeigt schon von weitem, womit sich bis heute wirksam werben lässt: Wimpfen, den Neckar zu Füßen, hat die größte Kaiserpfalz nördlich der Alpen. Ein kleines Wunder, dass so vieles geblieben ist, so gut erhalten dazu: die Arkaden des staufischen Palas, die Pfalzkapelle, holprige Gassen. Als Hofdamen der Stauferzeit gewandete Wimpferinnen führen (nach Anmeldung) hinauf. Ein Muss ist der „Blaue Turm”. Natürlich, weil er ein Bergfried wie aus dem Bilderbuch ist: stolz, stattlich, filmreif. Über seine einzige Bewohnerin lässt sich so ziemlich das gleiche sagen. Es ist Blanca Knodel, Deutschlands einzige Türmerin. Blanca Knodel ist ein Original, reich über jene heitere Verrücktheit verfügend, die man haben muss, wenn man sich freiwillig von einer Riesenwohnung auf 53 Quadratmeter verkleinert. Dazu kommen 134 wuchtige Stufen vom Wimpfener Boden bis zu ihrer Wohnung. „Ja ja”, sagt sie und lacht. Man überlege sich die Besorgungen und Arztgänge schon ein bisschen in dieser Etage. „Aber wenn ich dann hier oben sitze und ein Sturm kommt oder ein Gewitter, dann ist das ein Wahnsinnsgefühl, es in diesem starken Turm zu erleben!” Die Romantikerin mit Mutterwitz trifft man zwischen 10 und 18 Uhr eigentlich immer. Das kleine Entgelt für den grandiosen Panoramablick 60 Meter über dem Kopfsteinpflaster, zahlt man japsend oben. „Der Weg runter ist aber gratis”, sagt Frau Knodel, die in der Reihe der Wimpfener Türmer, bestehend seit dem 30-jährigen Krieg, Platz 32 belegt.

Baden-Württemberg

Anreise: Ab Essen oder Duisburg mit dem ICE nach Mannheim

0180/5 99 66 33

www.bahn.de

Mit dem Auto: Aus dem Ruhrgebiet über die A3 und A6 in drei Stunden bis Mannheim. Entfernung: 300 Kilometer. Benzinkosten: rund 35 Euro.

Veranstalter: Die Touristenbüros der Städte bieten diverse Pauschalangebote zum Stauferjahr, z.B. „Staufische Burgenromantik in Bad Wimpfen” mit zwei Übernachtungen und Frühstück, Stadtführung, Neckar-Schifffahrt und Abendmenü ab 189 Euro pro Person

07063/9 72 00

www.badwimpfen.de

Kontakt: Tourismus-Marketing Baden-Württemberg

0711/23 85 80

www.tourismus-bw.de

www.remmannheim.de

www.kloster-lorch.com

www.burgguttenberg.de

Es gibt Dinge auf dieser Staufer-Erkundung, die sind historisch kaum von Rang. Aber Spaß machen sie doch. Mag man im 1102 gegründeten Kloster Lorch über die Kunstgewerblichkeit des gewaltigen Staufer-Panoramas schmunzeln, dem Charme des riesigen Rundumgemäldes wird man sich schwerlich entziehen können. Hans Kloss hat es gemalt. 30 Meter lang, viereinhalb hoch. Man spaziert an schillernd-bunter Geschichte vorbei, sieht Aufstieg und Fall des schwäbischen Adels, Barbarossa, Friedrich II. Und falls Ihnen ein paar Gesichter im Fußvolk gegenwärtig vorkommen: Wer 2002 das Panorama als Mäzen unterstützte, wurde zum Dank „hineingemalt” – auf 30 Metern ist ja Platz genug. Lorch sollte übrigens die Grablege der Staufer werden. Es hat nicht geklappt. Auch die Italienliebe war im Weg.

Was adelige Sesshaftigkeit bedeutet, das lässt sich bei einer Staufer-Tour auf Burg Guttenberg veranschaulichen. Wer immer hier in Neckarmühlbach durch eine der wenigen Burganlagen der Stauferzeit führt, die nie in Schutt und Asche gelegt worden sind, es wird ein echter von Gemmingen-Guttenberg sein. „Ich möchte nicht, dass Studenten etwas auswendig lernen und dann aufsagen. Das muss doch gelebt sein, was man vermittelt. Burgführungen machen nur meine Mutter, meine Frau oder ich”, sagt Bernolph Freiherr von Gemmingen-Guttenberg. Der Mann ist ein prachtvoller Rhetoriker. Mit Lust bläst er den Staub von Mauern, Rüstungen und Waffen vergangener Zeiten. Und er pflegt noch eine tierische Erinnerung an die Zeit der Staufer. Seine „Deutsche Greifenwarte” zieht auch Falken auf. Deren unverwechselbare Lederhaube wird nämlich Friedrich II. zugeschrieben. Bis heute hat man sie nicht verändert.