Wenig Trinkgeld, weiße Socken: Sind Deutschlands Touristen wirklich so peinlich? Oder ist alles nur ein Vorurteil?

Das Ergebnis ist ziemlich niederschmetternd. Fragt man die Deutschen nach dem Verhalten ihrer eigenen Landsleute im Urlaub, kriegt man höchst selten Gutes zu hören: Schlecht gekleidet, nörglerisch und knausrig sollen sie sein, und morgens als erste am Pool unterwegs, um die Liegestühle mit Handtüchern zu reservieren.

So sieht es jedenfalls fast jeder zweite Bundesbürger. Das ergab eine repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Emnid durchgeführt hat. 45 Prozent der Befragten gaben an, über deutsches Benehmen im Ausland schon einmal peinlich berührt gewesen zu sein. Besonders unangenehm empfanden 69 Prozent das angeblich herablassende Verhalten den Einheimischen gegenüber. Für betrunkene Landsleute schämten sich 67 Prozent, für übertriebene Beschwerden 64 Prozent. Fehlendes Gespür für die Sitten im Ausland konstatierten 62 Prozent.

Die Deutschen sehen sich selber also äußerst kritisch. Doch sehen uns auch andere Nationen so? Fallen wir im Ausland tatsächlich überall unangenehm auf? Die Antwort lautet: nein. TNS Infratest befragte 4500 Hotelmanager in 27 Ländern und kam zu dem Schluss, dass die Deutschen weltweit sogar zu den beliebtesten Urlaubern zählen. Auf einer Liste von 15 Ländern schaffte Deutschland es auf Platz vier. Wie die Untersuchung zeigt, schätzen Hoteliers weltweit an den Deutschen ihren Ordnungssinn, ein ruhiges, gelassenes Aufreten, Großzügigkeit beim Trinkgeld und – man staune: die Neigung, wenig zu meckern.

Beliebter als die Deutschen sind nur die Japaner, Briten und Kanadier. Die Franzosen dagegen belegen den letzten Platz. Sie gelten als geizig, arrogant und ungebildet.

Lediglich bei den Briten, so scheint es, stehen wir in unerschütterlich schlechtem Ruf. Vor allem die Boulevardpresse der Insel gibt sich alle Mühe, das schlechte Image zu zementieren. Offenbar mit Erfolg: 2008 etwa klagte ein britischer Tourist auf Schadensersatz, weil er auf der griechischen Insel Kos mit seiner Familie in einem Hotel untergebracht war, wo größtenteils Deutsche ihren Urlaub verlebten. Er bekam Recht. Medien berichteten jetzt von einem Fall, der sich letztes Jahr auf einem britischen Kreuzfahrtdampfer zutrug. Hier untersagte der Kapitän Passagieren das Reservieren der Deckstühle – mit der Bemerkung, „er dulde kein deutsches Benehmen auf seinem Schiff”.

Doch von Ungefähr kommt der Groll über die teutonische Handtuch-Marotte sicher nicht. Die Reviermarkierung mittels Badetextilien scheint tatsächlich eine deutsche Vorliebe zu sein. Hätte der Reiseveranstalter Thomas Cook sonst wohl für deutsche Gäste erst letzte Saison den neuen Service eingerichtet, Liege und Sonnenschirm beim Buchen der Reise gleich mitzureservieren? „Komfort-Sorglos-Paket” nennt das Unternehmen das Angebot, das wörtlich „Schluss mit dem Handtuchkrieg” machen will.

Was versuchsweise in neun Hotels begonnen wurde, läuft laut Isabella Partasides von Thomas Cook „sehr sehr gut”. So gut, dass das Angebot in diesem Sommer auf insgesamt 43 Hotels an Atlantik und Mittelmeer ausgebaut werden soll.