Wellness in der Wanne: In Bad Sobernheim an der Nahe werden seit 100 Jahren erfolgreich Lehm-Kuren durchgeführt

Ein Bad im Lehm, das ist eine echte Aufgabe: Fünf Zentner Erde warten in der Wanne. Aber es ist das genaue Gegenteil vom Eintauchen in eine mit warmem Wasser gefüllte Badewanne. Man muss sich hineinarbeiten in den Schlamm. Mit aller Kraft wühlen und schaufeln. Und doch, irgendwann steckt man richtig tief im Dreck. Bis zum Hals. Und der Lehm ist vom vielen Herumwühlen weich und cremig geworden wie Mousse au chocolat.

Gesund ist eine solche Schlammschlacht in jedem Fall – erst recht, wenn man in Bad Sobernheim mit der Erde ringt. Dort hat der Lehm besondere Eigenschaften, er entzieht dem Körper Giftstoffe, entsäuert und versorgt mit Mineralien. Gut fürs Immunsystem.

Bereits seit 100 Jahren schwört man im rund 60 Kilometer von Mainz entfernten Kurort auf die heimische Erde und bietet Lehm- und Felkekuren an. Der Name geht auf den Begründer Pastor Emanuel Felke (1856 - 1926) zurück. Ein evangelischer Pfarrer und erfolgreicher Naturheilkundler.

Eines Tages bat ihn Andreas Dhonau aus Sobernheim um Rat. Dhonau litt an einer hartnäckigen Neurodermitis-Erkrankung, und kein Mittelchen half. Bis er Felke traf. Dieser befand sogleich: „Runter mit den Wickeln, auf die Haut kommt nur noch Lehm.” Dazu verordnete er Bewegung an der frischen Luft, viel Wasser sowie gesunde Kost. Das wirkte.

Rheinland-Pfalz

Anreise: Mit dem Auto vom Ruhrgebiet über die A3 Richtung Köln, weiter über A59, A1 und A61 bis Ausfahrt Waldlauberheim. Dort über die B41 nach Bad Sobernheim. Entfernung: rund 250 Kilometer.

Veranstalter: Wellness à la Felke-Kur bietet Rheinland-Pfalz-Tourismus

0261/91 52 00

http://www.ichzeit.info

im Rahmen diverser Arrangements. Zum Beispiel: Zwei Tage in Menschels Vitalresort

06751/850

www.menschel.com

zur Vollpension, mit ärztlicher Beratung, Lehmserailbad, Massage und Fitnesskurse ab 320 Euro.

Besonderheiten: Für Gesundheitsprogramme wie etwa die Felkekur zahlen viele Krankenkassen einen Zuschuss.

Kontakt: Rheinland-Pfalz Tourismus

0261/91 52 00

www.rlp-info.de

Der Geheilte war so beeindruckt, dass er seine Metzgerei auflöste und 1907 das erste Kurhaus in Sobernheim gründete – als Wirkungsstätte für den Lehmpastor. Bald schon kamen die Menschen und kurten nach „geistlichem” Prinzip.

Die traditionelle Felkekur beginnt früh morgens, draußen, beim Sitzreibebad: Ab ins kalte Wasser, das über Nacht in den Wannen am Ufer der Nahe gut ausgekühlt ist, dabei den Körper immer wieder kräftig rubbeln. Dann raus aus der Wanne, und zum Aufwärmen eine zackige Gymnastik.

Solch ein Tagesbeginn atmet den spartanischen Geist frü-herer Zeiten, und für Kneippsche Aktionen sind Menschen heute nur noch selten zu begeistern. Auf die harte Tour muss keiner mehr „lehmen”, der Gast hat in modernen Einrichtungen die Wahl: Lehmbad im Freien oder in einer beheizten Halle. Oder lieber direkt die Soft-Variante: Rasulbad in der Dampfsauna und schwitzen bis sich die Poren öffnen. Dann kommt der Heilschlamm auf die Haut.

Die Felkekur wird heutzutage als Gesundheitsprogramm unter der Rubrik Medical Wellness angeboten, denn sie senkt die Leber- und Cholesterinwerte und den Blutdruck. Eine strikte zwei- oder dreiwöchige Kur wie früher, das mache allerdings kaum noch einer, erzählt Jan Bolland, Chef des Wellnesshotels BollAnt's im Park. „Heute kombinieren die Gäste verschiedene Anwendungen. Und auch beim Essen gibt es längst nicht mehr nur Schmalkost: Von der Fastenkur über vegetarische Küche bis hin zur Gourmetküche reicht die Palette.

Am traditionellsten wirkt „Menschels Vitalresort” in Bad Sobernheim: Englisches Landhausambiente, ein 35 Hektar großer Park mit alten Bäumen, mittendrin eine Therme. Monika Menschel, die Enkelin des Gründers, pflegt guten Kontakt zu den Gästen und begrüßt jeden persönlich zum Frühstück. Dort stärkt sich gerade die eingeschworene Gemeinschaft der „Lehmer”, meist robuste ältere Damen. Das Sitzreibebad im Freien ist aber selbst abgehärteten Naturen im Frühjahr noch zu kalt, also bevorzugen die Damen die Frühwanderung mit Arzt Dr. Matthias Menschel über die Hügel des Soonwaldes oder ziehen ihre Runden im Pool.

Während der Kur bekommt jeder seine eigene gekachelte Lehmgrube mit fünf Zentnern Schlamm gefüllt. „Man muss sich dem Lehm anvertrauen”, ermuntert Monika Menschel. Also gut. Hinein in die Erde, zum Wühlen und Schaufeln… Bleibt noch die Frage: Wie wird man den Lehm wieder los? Duschen und abschaben, mit einem Teigschaber aus Plastik.