Im Gondwana Praehistorium werden Dinos lebendig. „Bildung und Abenteuer müssen sich nicht ausschließen”, findet Paläontologe Andreas Braun
Man taucht ein in ein „Land vor unserer Zeit”. Allerdings hat das Gondwana-Praehistorium recht wenig zu tun mit den putzigen Zeichentrick-Dinosauriern aus Hollywoods Traumfabrik. In Landesweiler-Reden bei Saarbrücken fühlt man sich tatsächlich um Millionen Jahre zurückversetzt. Ein Tyrannosaurus Rex attackiert sein Opfer, zwei Raptoren streiten um Beute, um die Ecke rauscht ein Wasserfall in die Tiefe – und mittendrin steht Andreas Braun, Privatdozent für Paläontologie an der Universität Bonn. Das Reise Journal sprach mit ihm über Sinn und Erfolg einen Abenteuerpark mit wissenschaftlichem Anspruch zu errichten.
Was verschlägt denn bitte einen habilitierten Paläontologen nach Disneyland?
Braun: Ganz einfach: Die Stelle war ausgeschrieben und sie hat mich sehr interessiert. Weil es dabei auch um die Frage geht, wie man Bildung zeitgemäß transportieren kann. Aber ich würde nicht von Disneyland sprechen. Immerhin lehnen wir uns an den Urkontinent auf der südlichen Erdhalbkugel an.
Wovon würden Sie sprechen? Von einem Urzeit-Freizeitpark?
Braun: Da kommen wir der Sache schon sehr nahe. Wir wollen Wissen vermitteln ohne trocken zu sein. Das ist der Anspruch, den wir haben und verfolgen.
Worin liegt ihre wissenschaftliche Aufgabe konkret?
Braun: Sicher zu stellen, dass wirklich alles richtig ist, was bei uns im Praehistorium ausgestellt wird. Jede Pflanze passt in die richtige Zeit, jeder Dinosaurier zu der Pflanze, die er gerade verspeist. Niemand soll am Ende des Rundgangs sagen können, es würde etwas nicht stimmen.
Mit der Eröffnung Ende 2008 dürfte dieses Arbeitsfeld ja als abgearbeitet gelten. Was machen Sie heute?
Braun: Ich gebe Spezialführungen für Studenten, Leistungskurse oder Kollegen. Oder ich erarbeite neue Konzeptionen. Es gibt immer was zu tun.
Wissenschaft und Abenteuer – wie glaubwürdig ist es, das eine mit dem anderen zu verbinden?
Braun: Ich halte das für sehr glaubwürdig Bildung auf eine unterhaltsame Art und Weise zu vermitteln. Es mag ein Klischee sein, aber Lernen funktioniert mit Spaß eben doch am besten. Das, was Spaß macht, bleibt hängen. Und dazu gehören eben auch akustische und visuelle Effekte, wenn sich unsere Dinosaurier bewegen und Laute von sich geben. Unsere Darstellung der Dinge ist etwas Besonderes. Aber wer bei uns im Gondwana Praehistorium viel lesen will, hat dazu natürlich auch die Möglichkeit.
Ein Besuch ist also Bildung für die ganze Familie?
Braun: Genau. Die Großen können Lesen, die Kleinen puzzeln, einen Riesenskorpion nachbauen oder auf Schnitzeljagd gehen. Wir lassen uns aber derzeit noch viel mehr einfallen.
Geht das Konzept denn auch auf?
Braun: Ja, das geht auf. 90 Prozent unserer Besucher gehen hochzufrieden wieder nach Hause.
Allerdings kamen seit Eröffnung im Dezember 2008 nur gut 200 000 Menschen. Wie groß ist die Enttäuschung?
Braun: Da gibt es eine gewisse Diskrepanz, da haben Sie recht. Aber wir sind nicht enttäuscht. Die Resonanz für das erste Jahr war zufriedenstellend. Aber natürlich wissen wir, dass wir über unsere Heimatregion hinaus noch nicht so bekannt sind. Das gehen wir jetzt verstärkt an.
Trotzdem: Kommt die Idee eines Dino-Themenparks 15 Jahre nach „Jurassic Park” nicht zu spät?
Braun: Dinosaurier sind natürlich ein ewiges Thema. Mal ganz abgesehen davon war „Jurassic Park” eine riesige Idee und ein toller Film. Aber wir reiten ja nicht auf dieser Welle. Wir sind breit aufgestellt, bei uns geht es um die Urzeit als Ganzes, beginnend mit dem Urknall. Und die Neugier darauf ist enorm. Es gibt eine Urzeitbegeisterung. Die Dinosaurier sind nur ein Kapitel.
Wie sind die Dinosaurier denn jetzt eigentlich ausgestorben? Gibt es im Gondwana die Lösung?
Braun: Kein Wissenschaftler hat die Lösung.
Aber einige Ihrer Zunft haben im Magazin „Science” behauptet, es sei ein Meteorit gewesen.
Gondwana Praehistorium, 66578 Schiffweiler (Ortsteil Landsweiler-Reden), 06821/9 31 63 10
Braun: Man kann es nicht ernsthaft belegen. Vielleicht hat er dazu beigetragen. Ich glaube, es gab mehrere Gründe, zumal die Forschung festgestellt hat, dass die Dinosaurier schon vor dem Einschlag weniger wurden, was Population und Artenvielfalt anbelangt. Wir haben keine endgültigen Antworten und wir kommunizieren das im Gondwana-Praehistorium auch genau so. Wissenschaft ist im Fluss. Das versuchen wir auch zu vermitteln.