Serengeti: Im Singita Game Reserve gehen Safari-Tourismus und Nachhaltigkeit Hand in Hand – vor unglaublicher Kulisse
In Afrika kommt die Nacht schnell. Fundi weiß das. Und deshalb ist er unruhig. Nicht wegen der Löwen oder der Geister, die nach Einbruch der Dunkelheit auf den Rücken von Hyänen reiten, wie hier viele glauben. Sondern weil ein Stück weiter vorne ein LKW mit ein paar jungen Männern liegen geblieben ist. Fundi gibt also Gas, biegt ein Stück vorher ins hohe Gras ab und umfährt die Gruppe zügig. Erst später steuert er den Jeep zurück auf die Schotterpiste. Auf die Frage, warum er das gemacht hat, antwortet er: „Weil man nie weiß, wann es gefährlich wird.”
Tansania. Die Serengeti. Fundis Arbeitsplatz. Der 31-Jährige arbeitet als Ranger für das Singita Grumeti Reserve, einem 1500 Quadratkilometer großen Schutzgebiet nordwestlich des Serengeti Nationalparks, jener Wildnis, die Ende der 50er Jahre durch die Tierfilme von Bernhard Grzimek weltberühmt wurde. Auch Fundi hat die Studien des Frankfurter Zoo-Professors gelesen, am liebsten mag er „Serengeti darf nicht sterben”, die Dokumentation als Buch zum Oscar gekrönten Film. Das Erbe des deutschen Tierfilmers zu bewahren ist schwer in einem der ärmsten Länder der Welt. Einer Region, in der laut Weltbank das Volkseinkommen jährlich unter 500 Dollar liegt und „die Jagd auf Wildtiere Teil des täglichen Überlebenskampfes ist”, sagt Fundi. Volksstämme – Tansania hat 130 Stämme mit mehr als 100 verschiedenen Sprachen – wie die Massai davon zu überzeugen, dass der Schutz von Wildtieren Geld durch Tourismus bringen könnte, sei „kaum vermittelbar”.
Einer, der es trotzdem versucht, ist Fundis Arbeitgeber, Paul Tudor Jones. Ein Hedgefonds-Manager mit einem von Forbes geschätzten Privatvermögen von sechs Milliarden US-Dollar. Drei Lodges hat der Finanzjongleur seit dem Jahr 2003 in Tansania errichten lassen, Ultraluxus-Herbergen, in denen 650 Menschen zu Bedingungen arbeiten, wie es sie in Tansania eigentlich nicht gibt: Mit bis zu 400 Dollar Lohn monatlich, pünktlich ausbezahlt, einer Klinik und drei Mahlzeiten täglich. Was betuchten Amerikanern und Europäern auf dem Niveau von Pariser Sternerestaurants serviert wird, stammt großteils von den Feldern der umliegenden Bauern. Denen wiederum hat man Brunnen gebaut und Schulen für ihre Kinder. Kurz gesagt: Hier sorgen Luxustourismus und die Zinsen eines Milliardärs für Nachhaltigkeit.
Die Serengeti ist anders als man sie sich vorstellt – zumindest in der kleinen Regenzeit. Dann stehen die Gräser hüfthoch, wo sonst nichts als trockene Prärie unter der Sonne verbrennt. Alles Getier duckt sich weg, es riecht nach frisch gemähtem Gras wie auf einer deutschen Streuobstwiese. Und so viel anders sieht es auch gar nicht aus. Fast könnte man meinen, dass all die Löwen, Geparden, Zebraherden, Antilopen, Giraffen, Affen und Warzenschweine bloße Erfindung des grauhaarigen Zoo-Professors waren. Die einzigen Lebensformen, die sofort da sind, wenn Fundi anhält, sind Fliegen. Hunderte. Tausende.
„Geduld”, sagt Fundi und starrt durch sein Fernglas. Leicht gesagt mit all den Insekten. „Da vorne bewegt sich was”. Pirschfahrt. Plötzlich eine Lichtung. Kurzes Gras. Ein Baum. Eine Löwenfamilie.
Dann steht man da. Motor aus, und parkt im Wohnzimmer der Löwenfamilie. Fünf ausgewachsene Tiere und drei Junge, nur vier Meter enfernt. Und das in einem offenen Fahrzeug! Keine Gitter, nicht einmal ein Gewehr hat Fundi dabei. Jetzt bloß keinen Mucks, man weiß ja nie, wann es gefährlich wird.
Tansania
Anreise: Mit KLM
0180/5 25 47 50
ab Düsseldorf über Amsterdam zum Kilimajaro Airport. Vom nahen Arusha Airport startet der Flugtransfer zu den Lodges. Einreise: Bundesbürger beantragen ihr Visum schriftlich mit Reisepass bei der Botschaft Tansania (Visa-Abteilung, Eschenalle 11, 14050 Berlin). Kosten: 50 Euro.
Gesundheit: Folgende Impfungen sollten bestehen: Tetanus, Polio, Diphtherie, Hepatitis A und B und Gelbfieber. Wichtig ist auch Malaria-Prophylaxe. Veranstalter: Kugler Reisen
08331/76 40 40
bietet Safaris nach Tansania. Die drei genannten Lodges sind auch direkt bei Singita
buchbar. Die Preise liegen pro Nacht und Person zwischen 550 bis 880 Euro – inklusive Gourmet-Mahlzeiten, allen Getränken und Touren.
Kontakt: Botschaft Tansania
030/3 03 08 00
Doch Fundi fängt an in Normallautstärke zu erklären: „Wenn man im Wagen bleibt, nehmen sie uns nicht als Menschen oder Beute wahr. Nur als stinkende große Blechkiste.” Er redet über das Ökosystem, über die Jagdgewohnheiten des Königs der Tiere und sonst noch allerlei. Und so langsam wird jedem im Wagen klar, dass hier ein Rendevouz mit Mutter Natur stattfindet, wie es intimer nicht sein kann. Man ist ganz nah dran an dem, was sich Leben nennt. Und wenn es einen Gott gibt, dann ist das sein unvergleichliches Werk. Amen.
Genau das ist es, warum Touristen bei Singita bereit sind 1000 Dollar pro Nacht und Safaritag auf den Tisch zu legen. Für etwa den doppelten Preis wie in den meisten anderen Parks bekommt man gefühlt zehnmal mehr Safari. Statt Touren in geschlossenen Bussen mit einem Dutzend anderer Urlauber, erlebt man die Savanne und ihre Schätze in offenen Jeeps, zu zweit oder zu dritt, hat einen echten Biologen am Steuer und weit und breit keine anderen Fahrzeuge. Und zum Sonenuntergang, gibt's immer noch mittendrin ein Picknick mit getrocknetem Fleisch, Nüssen und Spitzenweinen. Voilà.
Zurück in der Lodge, beziehungsweise im „Sabora Tented Camp”, geht die Reise in die Welt der Sinne weiter: Neun Safarizelte, mitten in der Savanne, im Kolonialstil der 20er Jahre gehalten. Meryl Streep und der Spielfilm „Jenseits von Afrika” lassen grüßen. Allein hier kümmern sich 80 Angestellte, Butler, Köche, Zimmermädchen und Sicherheitspersonal um das Wohl von gehöchstens 18 Gästen. Kolonialismus 2.0 mit Fitnessstudio, Wellnessbereich und Tennisplatz. Kurios – wüsste man nicht, dass alles auch einem guten Zweck dient. In Afrika kommt die Nacht schnell. Kein Gast bewegt sich nach Anbruch der Dunkelheit allein vom Restaurant zu seinem Zelt. Man weiß nie, wann es gefährlich wird. Der Himmel ist ein endloses Sternenmeer. Die Fliegen schlafen. Irgendwo brüllt ein Löwe.