Heute startet in Berlin mit der ITB die weltweit größte Reisemesse – das Trendbarometer der Branche

Nach anderthalb Jahren Wirtschaftskrise geht für die gebeutelte Tourismusindustrie wieder die Sonne auf. Die anspringende Konjunktur animiert mehr Menschen zum Reisen, die so die Kassen von Reiseunternehmen füllen. Entsprechend hoffnungsvoll fallen die Prognosen der Branche auf der weltgrößten Reisemesse ITB in Berlin aus. Sie öffnet heute für Fachbesucher und am Wochenende auch für das Publikum.

Die Welttourismusorganisation UNWTO erwartet für 2010 ein Branchenwachstum zwischen drei und vier Prozent, nachdem die Zahl der Ankünfte im Vorjahr um vier Prozent auf weltweit 880 Millionen zurückgegangen war. Zu dem Plus dürften vor allem Urlaubsreisen beitragen, während der Geschäftsreiseverkehr noch unter der Krise leidet. Der Markt brach im vergangenen Jahr ein, weil viele Firmen Reisestopps verhängten, um Geld zu sparen. Zwar üben sich Verbände wie der deutsche Geschäftsreiseverband VDR in vorsichtigem Optimismus für das laufende Jahr. Experten sind sich jedoch einig, dass das Umsatzniveau von vor der Krise noch lange außer Reichweite bleibt. „Doch die Talsohle ist durchschritten”, sagt Klaus Laepple, Präsident des Deutschen Reise-Verbands (DRV): „Die Buchungen ziehen seit Mitte Dezember spürbar an.”

In der Krise sind Wachstumsmärkte heiß begehrt. Die ITB stellt deshalb den schwulen Reisemarkt offiziell als eigenständiges Segment vor. Erstmals, obwohl sich dort bereits seit Ende der 1990er-Jahre Vertreter des Gay-Reisemarktes tummeln. Für das neue Segment ist die Messe Berlin-Managerin Rika Jean-Francois verantwortlich: „Lesben und Schwule definieren eine eigene Konsumentengruppe und einen Wachstumsmarkt, der eine besondere Infrastruktur erforderlich macht.”

ITB: Am Wochenende ein Besuchermagnet
ITB: Am Wochenende ein Besuchermagnet © itb

Mit Spezialangeboten wie Kultur- und Abenteuerreisen will die Branche auch andere zahlungskräftige Randgruppen für sich gewinnen. Grund: Die klassische Sonnen- und Strandpauschalreise bietet kaum Rendite. Gerade einmal drei Prozent bleiben vom Reisepreis bei den Veranstaltern hängen. Die deutschen Reiseveranstalter TUI und Thomas Cook haben sich mit einer Verknappung des Angebots über die Krise gerettet und so die Preise stabil gehalten. Dabei haben sie allerdings Marktanteile an Konkurrenten wie die schnell wachsende Rewe Touristik verloren.

Heftig ist der Preiskampf unter den als Strandurlaub-Ziel bekannten Mittelmeerländern: Während Spanien und Griechenland im Vorjahr infolge kräftiger Preiserhöhungen Einbußen hinnehmen mussten, liegen Länder wie Ägypten oder die Türkei gut im Rennen.

Beide umgarnen die deutsche Kundschaft mit Erfolg: Die Türkei rangiert laut BAT, der Stiftung für Zukunftsfragen, unter den beliebtesten Auslandsreisezielen auf dem dritten Platz. Auf der ITB wird sie diese Position festigen: Die Türkei ist als Partnerland mit einer eigenen Halle vertreten und setzt neben dem Strandtourismus auf antike Sehenswürdigkeiten und die Anziehungskraft der europäischen Kulturhauptstadt Istanbul.

Ein Dammbruch wider der Flaute sind diese Tendenzen allerdings nicht. Aber Reiselobbyist Laepple betont, dass die Vorausbuchungen für die kommenden Monate inzwischen sogar über dem Vorjahresniveau lägen: „Die Nachfrage nach Fernreisen zieht ebenfalls an.” Mauritius, Thailand und Indonesien sind mit einem herausragenden Umsatzwachstum Klassenerster. Laepple sieht noch einen Gewinner: „Das boomende Segment der Kreuzfahrten bleibt auch 2010 auf Wachstumskurs.”

Das klingt nach Zuversicht. Und deutsche Marktforschungsinstitute belegen das: Die Kaufkraft der Konsumenten sei „durch zurückgelegtes Einkommen vorhanden”. Zudem gab es 2009 Lohnerhöhungen, mehr Kindergeld und eine höhere Pendlerpauschale. Die Preise für die Lebenshaltung dagegen fielen.

ITB

Vom 10. bis 12. März öffnet die ITB nur für Fachbesucher. Am 13. und 14. März für alle Besucher: Täglich 10 bis 18 Uhr, Tickets für 14 Euro.

www.itb-berlin.de

Die Krise habe jedoch die Mentalität der Verbraucher geändert: Qualität statt Quantität, vertraute Marken und individuelle Produkte, darauf setzen die Urlauber nach der Wirtschaftskrise.

Laepple beschreibt den neuesten Urlaubstrend 2010: „Sinnstiftendes Reisen ist angesagt, bei denen sich der Urlauber während seines Aufenthalts in sozialen Projekten engagieren kann.”