Ausprobiert: Im Bayerischen Wald setzt ein Kinderhotel ganz auf Nachhaltigkeit – inklusive Solaranlage, Dinkelbier und Bionade

Von Biotop bis Bionade: Das Thema Bio ist in aller Munde. Auch die Hotellerie hat den Trend entdeckt – besonders wo es um Ferien mit Kindern geht. Aber wie funktioniert ein Biohotel? Wir haben es im Ulrichshof im Bayerischen Wald ausprobiert. Beherzt geht die sechsjährige Julia „Käpt'n Blaubär„ an die Gurgel. Und der dreijährige Jan lässt sich derweil „Pinocchio„ schmecken. Die Eltern staunen nur so über den Appetit der ausgewiesenen Gemüsemuffel. Denn hinter diesen Namen steckt Gesundes aus der Bioküche.

„Alles Bio” heißt die Devise im Ulrichshof. „Gesundes Essen kommt im Alltag doch meist zu kurz„, weiß Besitzer Ulrich Brandl – hier die Pizza aus der Packung, dort das Fertiggericht aus der Tüte. Im Urlaub aber ist man offen für Neues, zum Beispiel für den Unterschied zwischen Karotte und Karotte. Vor drei Jahren hat das Kinderhotel im Bayerischen Wald umgestellt. Im Vorfeld wurde drei Monate lang per Fragebogen die Meinung der Gäste eingeholt: 70 Prozent waren dafür.

Am putzig-niedrigen Kinderbuffet laden sich seitdem die Kleinen selbst Öko-Wiener und Bio-Pommes mit Natur-Ketchup auf den Teller. Die Küche verzichtet strikt auf alles, was Farbstoffe und Geschmacksverstärker enthält. Freudlos muss es deshalb nicht sein: Außer fünf Quarks und sechs Kräutertees gibt es zum Frühstück auch Kaffee (Transfair), Schokocreme, Rührei von glücklichen Hühnern und sogar Prosecco. Mittags und abends kann man vegetarisch oder vollwertig speisen, aber ebenso gern Öko-Wildschweinbraten und Bio-Rinderlende.

Das Bio-Dinkelbier aus dem Kloster Plankstetten ist absolut okay. Nur die Cola schmeckt nach Pappe, urteilt Selina (5) fachmännisch.

„Der Anfang war schon schwer”, erinnert sich Chefkoch Markus Pinapfel an die Umstellung. „Der Vanillepudding nicht mehr so süß wie gewohnt und auch nicht mehr gelb. Vier Eissorten, die alle gleich aussehen. Ein Snack-Automat, in dem es nur noch Mangoriegel und keine Milky Way mehr gibt.

Da muss man den Gästen schon manches erklären.” Einige wenige Sachen gibt es überhaupt nicht bio, Hummer zum Beispiel – aber auf den kann man ja im Kinderhotel gut verzichten. Viele Eltern sind begeistert; oft war die Bioküche entscheidend für die Hotelwahl.

Zum Beispiel für Pia und Marc Niemeier aus Frankfurt: „Daheim kaufen wir ja auch im Bioladen ein”, erklären sie. Andere bemerkten erst am Frühstücksbüffet, dass sie in einem Biohotel gelandet sind. Und manch einer würde auch gern auf Bio verzichten, wenn es dann günstiger wäre. Wäre es das? Brandl nickt: Die jetzt verwendeten Küchenzutaten seien „zwar 100 Prozent besser, aber auch 30 Prozent teurer”.

Ursprünglich wollte der Hotelier nur die vielen Lebensmittel-Allergien von Kindern in den Griff bekommen. „Aber dann haben wir schnell gemerkt, dass wir tiefer angreifen müssen.” Daraus entstand die Idee zum Biohotel. Dabei ist Brandl, dessen Ahnen seit 1416 den „Ferdlhof” bewirtschaften, ganz anders, als man sich einen Ökohotelier vorstellt: Er trägt Markenschuhe statt Ökosandalen, fährt gleich zwei Porsches und ist Vizepräsident beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. 1992 wagte der gelernte Landwirtschaftsmeister den Schritt vom Milchviehbetrieb in den Tourismus. Mit neun Ferienwohnungen fing es an, heute hat der Ulrichshof 58 Apartments, und selbst in der Nebensaison ist kaum eins zu bekommen.

„Bio” will ein Hotel wie der Ulrichshof nicht nur in der Küche sein: Die Putzfrauen verwenden tensidfreie Reinigungsmittel, in der Wellness geht es naturkosmetisch zu. Brandl zeigt stolz seine Hack-schnitzelheizung und auf dem Dach die Fotovoltaikanlage und versichert: „Wir beziehen kein Watt Strom mehr aus der Leitung.”

Öko ist auch das Ferienprogramm: Mehrmals in der Woche lädt Küchenchef Pinapfel Kinder und Eltern zum Brotbacken ein, zu Pizzabackkursen oder zum Bio American Cooking für alle Sinne. Dort erfahren Kids, wo das Fleisch herkommt und wo das Gemüse wächst. Im zertifizierten, hoteleigenen Bio-Bauerngarten lernen die Gäste, welche Kräuter hierzulande gedeihen, und erfahren, dass Natur einfach Spaß macht. Die Hütte am Waldbach mit dem Wasserspielplatz, der Wald-Geschicklichkeits-Parcours, die Traumschaukel oder die Naturerkundungen zeigen, dass es auch ein Leben fernab von Nintendo gibt.

Und auf dem Zimmer liegt schließlich sogar der Bestellschein für Bio-Lebensmittel: Ananas-Chips oder Risottoreis kann bei der Abreise mit nach Hause nehmen, wem es geschmeckt hat. Den Kindern ist das weitgehend egal. Sie machen die Lobby zum Bobbycar-Rundkurs, hüpfen auf den zehn Trampolins, belagern die 80-Meter-Schwimmbadrutsche und schwingen wie Tarzan in die Heukoje in der Spielscheune. Julia liebt besonders die Seilrutsche am großen Außenspielplatz, Selina ist vom Pferd nicht mehr herunter zu bekommen. Und selbst die Sache mit der Papp-Cola ist nicht mehr so schlimm: Die Kleine tröstet sich mit Kiba-Cocktails – Kirsch- und Bananensaft on the Rocks.