Das Ostallgäu will Gästen die sanften Seiten des Winters schmackhaft machen – als Gegenprogramm zum Ski-Tourismus

Ganz sanft gehe es bergab, hat uns Ruth, unsere fesche Schlittenführerin, zuvor versprochen. Und dann donnert das hölzerne Gefährt doch mit Schmackes die kilometerlange Rodelbahn am 1140 Meter hohen Buchenberg hinunter. Mal rutscht der Schlitten mit quietschenden Kufen um schummrig-schimmernde Kurven, mal springt er über eine Bodenwelle und der Mensch, der seit 30 Jahren nicht mehr gerodelt ist, stemmt verzweifelt die Hacken in den Schnee und presst die Knie ans Holz, was unten im Tal mit blauen Flecken und glühenden Wangen belohnt wird. „War doch gut, oder?" strahlt Ruth mit dem Flutlicht der Nachtrodelbahn um die Wette. Ja, nicken die Großstädter angesichts des rasanten, aber glücklichen Endes eines zünftigen Allgäuer Hüttenabends.

„War echt gut. Und ganz leicht." Es muss ja nicht immer die alpine Skiabfahrt sein, die einem das Adrenalin in die Venen pumpt. Geht auch bodenständiger, wie beim Rodeln, gemächlicher, wie beim Schneeschuhwandern.

Das Ostallgäu rund um die Schlösserstadt Füssen ist längst auf der Suche nach Alternativen zum Skizirkus fündig geworden, umwirbt die Touristen mit einem Paket aus gesunder Bewegung, Naturerlebnissen und Wellnessangeboten für Körper und Seele, um die stillen und sanften Seiten des Winters zu erleben, die so still und sanft gar nicht sind.

In der Region profitiert man nicht nur von den weltberühmten Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau, zauberhaften Wanderwegen und einem üppigen Angebot an Unterkünften, sondern zweifelsohne auch von rührigen Einheimischen, die einem ihr eher entspanntes Verhältnis zu Kälte, Entfernung oder Geschwindigkeit nahebringen und für die sich Arbeit und Gaudi irgendwie noch ganz gut vermengen lassen.

Ruth Wechner (49) beispielsweise steht, wenn sie nicht rodelt, hinterm Tresen des Touristenbüros und ist ausgebildete Expertin für Ayurveda-Massagen. Stefan, der zusammen mit seinem Kollegen Michl unser deftiges Hüttenmahl mit Kontrabass und mit Akkordeon begleitet, schreibt auch Artikel für die Allgäuer Zeitung. Und Andreas, der als Sportlehrer bei der Bundeswehr Rekruten fit macht und in 19 Minuten auf Tourenskiern den Buchenberg hinaufläuft, hat eine Engelsgeduld mit uns bei einer rund sieben Kilometer langen Schneeschuhwanderung zum Faulensee-Kiosk.

Auch so eine „sanfte" Sache, die es in sich hat, und damit sind nicht die Schnäpse gemeint, die Wirt Rainer hier zur Belohnung für Durchhaltevermögen kredenzt und die „Hirschkuss" oder „Haselnussgeist" heißen und auch so schmecken, kräftig und süß.

Füssen

Anreise: Mit Air Berlin

01805/73 78 00

www.airberlin.com

ab Köln-Bonn nach Memmingen. Via Flughafen-Transfer

08362/50 53 30

www.lorenz-touren.de

nach Füssen.

Mit der Bahn

0180/5 99 66 33

www.bahn.de

ab Dortmund mit IC und ICE bis Augsburg, dann weiter mit Regionalzügen nach Füssen.

Veranstalter: Füssen Tourismus bietet ein einwöchiges Arrangement im Feriendorf Weissensee ab 409 Euro für zwei Personen. Die Pauschale beinhaltet Übernachtungen in Ferienhaus oder -wohnung, fünf Transfers zur Skipiste sowie Kurbeiträge.

Kontakt: Füssen Tourismus und Marketing

08362/9 38 50

www.tourismus-fuessen.de

Die teuren Plastiktreter werden mit der Zeit schwer an den Füßen, das ist hervorragendes Muskeltraining. Aber anstrengend. Bei dem Muskelkater, der sich breit macht, ist es gut, wenn in einem der Bio- und Wellness-Hotels der Region der geplagte Körper mit einer Massage wieder auf Vordermann gebracht wird, wenn man saunieren oder dampfbaden kann oder sich eine halbe Stunde lang in einem „Sissi-Bad" ausruhen, das nach Rosenwasser riecht und eine Portion Molke für die Haut intus hat.

Nicht umsonst arbeiten Hotels und Aktiv-Anbieter Hand in Hand. Neuerdings gibt es hierfür auch die „Königscard", wer in einem ihr angeschlossenen Partnerhotel absteigt, erhält bis zu 150 Freizeitaktivitäten gratis, darunter Bergbahnen, Bäder, Langlauf-Schnuppern, Eisstockschießen oder eine Winterwanderung zur Wildfütterung am Bannwaldsee.

Hier kommt ein ganzes Wildrudel mit prächtigen Hirschen bis auf wenige meter an die aufgeregte Besucherschar heran, um sich über die Futterträge herzumachen. Zurück geht’s, wenn man will, mit einem Pferdeschlitten. Weniger rustikal geht es zu, wenn Renate Zöpf einen zum Morgenspaziergang abholt. Langsam läuft man am Hopfensee entlang, grüßt den Morgen mit Chi-Gong und atmet tief durch. Das ist nun wirklich eine sanfte Seite des Allgäuer Winters.