Endlich legen sich EU und deutsche Airlines auf Kindersitze fest, die während des gesamten Flugs akzeptiert werden

Die Kleinsten fliegen bislang am gefährlichsten: Kinder bis zu zwei Jahren sitzen üblicherweise bei der Mama auf dem Schoß und werden dort nur mit den Händen festgehalten. Seit ein paar Jahren kann man für das Kind auch einen eigenen Sitzplatz reservieren und es dort im selbst mitgebrachten Autositz festschnallen. Aber ausgerechnet dann, wenn es brenzlig werden kann, muss das Kleine meist doch wieder auf den Schoß: bei dem Start, der Landung und wenn das Flugzeug in Turbulenzen gerät. Und das gilt sogar, wenn der Autositz das TÜV-Siegel „For Use in Aircraft” trägt, weil sich die zuständigen Sicherheitsbehörden nicht einigen können.

Dieser traurige Treppenwitz der Luftsicherheit soll nun endlich ein Ende haben: Mit sanftem Druck gelang es der europäischen Flugsicherheitsagentur EASA, alle großen deutschen Fluggesellschaften auf eine gemeinsame Liste von Autositzen festzulegen, die sie während des gesamten Flugs akzeptieren. Die Liste ist beim Bundesverband Deutscher Fluggesellschaften und bei der EASA veröffentlicht (www.easa.europa.eu/ws_prod/g/mit-kleinen-kindern-fliegen.php).

Bei der Aktion machen bereits Airlines wie Air Berlin, Cirrus, Condor, Germania und Tuifly mit. Lufthansa hat dies ebenfalls zugesagt, braucht wegen ihrer vielen Flugzeugtypen aber noch eine Weile für die Umsetzung. Bei all diesen Gesellschaften können die Erwachsenen jetzt wählen, ob sie ihren Autositz mitnehmen wollen.

Pferdefuß an der Sache allerdings: Sicher sein, dass dieser auch zum Einsatz kommt, kann der Fluggast nur, wenn er einen eigenen Sitzplatz für das Kind reserviert hat, also auch fürs Baby den vollen Kindertarif bezahlt. Sonst fliegt der Autositz nur auf „Standby” in der Kabine mit – und muss ins Gepäck, wenn alle Plätze in der Maschine besetzt werden. Weiteres Manko: Wer noch keinen passenden hat, muss den Kindersitz kaufen. Denn Fluggesellschaften bieten bislang noch keine Kindersitze zum Ausleihen an.

Die Einigung beendet einen jahrelangen Streit zwischen deutschen und EU-Behörden: Die EU setzte zunächst auf so genannte Schlaufengurte („Loop Belts”), die am Gurt des Erwachsenen eingehakt werden. Die lehnt das Bundesluftfahrtamt wegen erheblicher Gefährdung fürs Kind aber strikt ab. Tests des TÜV Rheinland zeigen nämlich, dass das Kind bei einem Unfall vom Erwachsenen regelrecht zusammengequetscht werden kann. Trotz des „Klappmesser-Effekts” setzte die Europäische Kommission 2008 durch, dass Deutschland diesen Gurt zulässt.

Nun hofft die EASA, dass nach der Einigung mit den deutschen Fluggesellschaften auch andere EU-Airlines nachziehen und Kindersitze im Flugzeug zur Regel werden.