Auf den Spuren des Rock 'n' Roll: eine Reise durch Mississippi und Tennessee

Verlängerungskabel kosten 6,49 Dollar, Bratpfannen 16,95, und es wird sogar Blaubeersirup angeboten. 6,99 das Glas. Doch es gibt auch Unbezahlbares in der Tupelo Hardware Company, diesem altmodischen Eisenwarenladen: Erinnerungen an einen kleinen Jungen, der hier seine erste Gitarre kaufte. Elvis Presley, der am 8. Januar 75 Jahre alt geworden wäre.

Wer auf den Spuren des Rock 'n' Roll durch die US-Staaten Mississippi und Tennessee reist, kommt an diesem Geschäft nicht vorbei. Rund 35 000 Menschen pilgern jedes Jahr dorthin, um sich die Geschichte erzählen zu lassen. Elvis war zehn, als ihm Mutter Gladys ein Fahrrad kaufen wollte. Doch Elvis wollte lieber ein Gewehr. Seine Mutter war verärgert, doch zum Glück hatte Mr. Bobo, ein Freund der Familie, Dienst. Er zeigte Elvis eine Gitarre, ließ ihn klimpern. Und Elvis sagte: „Okay, ich nehme sie.” Für 7,90 Dollar, kaum teurer als heute ein Glas Blaubeersirup.

Was aus Elvis' erster Gitarre geworden ist, weiß keiner mehr. Aber sie war mit einem reitenden Cowboy verziert. Eine Kopie hängt im Elvis-Presley-Museum in Tupelo, das neben seinem Geburtshaus und der Kirche steht, in der Elvis als Kind zum ersten Mal vor Publikum gesungen hat. 180 Dollar hatte Vater Vernon Presley damals für das Holzhäuschen der Familie bezahlt. Es ist so klein, dass es bequem ins Wohnzimmer von Graceland passen würde, dem späteren Elvis-Domizil in Memphis. Museum, Wohnhaus und Kirche erzählen die Geschichte von Elvis' ersten 13 Lebensjahren in Tupelo.

Eine Pilgerstätte: Hunderttausende zieht es jährlich nach Graceland, wo auch Elvis' Cadillacs nicht fehlen dürfen.
Eine Pilgerstätte: Hunderttausende zieht es jährlich nach Graceland, wo auch Elvis' Cadillacs nicht fehlen dürfen. © Foto: Burandt

Es war Elvis selbst, der 1957 als schon gefeierter 22-jähriger Star sein längst weiterverkauftes Geburtshaus wieder erwarb und es der Stadt Tupelo schenkte. Er soll 10 000 Dollar gezahlt haben – viel Geld für das Haus mit zwei klitzekleinen Zimmern, dessen karge Einrichtung Elvis' Kindertagen nachempfunden ist.

An diese Zeit können sich Schulfreunde wie James Ausborn gut erinnern: „Wir haben Ball gespielt und sind fischen gegangen”, sagt der heute 76-Jährige. Und der junge James gehört wohl zu den wenigen Menschen, die Elvis auch mal das Singen verboten haben. „Er sang immer beim Angeln. Hör' besser auf, sagte ich. Sonst beißt keiner an.” Shirley Jones weiß noch, wie sie und der junge Elvis bei einem Gesangswettbewerb auftraten. Elvis wurde Fünfter. Sie gewann und bekam 25 Dollar. Beste Erinnerungen hat auch der heute 73-jährige Sam Bell. „Elvis hat immer Blues gehört, zum Beispiel John Lee Hooker.” Im Kino mussten die beiden Freunde wegen der Rassentrennung in verschiedenen Bereichen sitzen. „Doch Elvis kletterte immer über das Geländer, kam rüber zu mir.”

Seine Jugendfreunde in Tupelo wussten alle, dass er verdammt gut singen konnte. Aber dass er einen solchen weltweiten Erfolg haben würde, hatten sie nicht erwartet. Und dieser Erfolg begann in Memphis im heute legendären Sun Studio, wo der 18-jährige 1953 seine erste Platte aufnahm: „My Happiness”, ein einziges Exemplar für vier Dollar. Viel Begeisterung gab es aber noch nicht für die Privat-Single. Es sollte noch ein Jahr – bis 1954 – dauern, bis Sun Studio-Chef Sam Phillips es einmal richtig mit Elvis versuchte.

Und dann sang Elvis „That's All Right, Mama” so unglaublich, dass Phillips baff war. Er brachte die Aufnahme zur lokalen Radiostation. Da wurde der Song sofort rauf- und runtergespielt. Elvis wohnte damals in Memphis bei seinen Eltern in den Lauderdale Courts im ersten Stock einer Mietskaserne. Auch diese Wohnung wird seit 2004 jährlich von Tausenden besichtigt. Sie kann auch gemietet werden – für 250 Dollar die Nacht. Immer mehr Lippenstift-Spuren zieren die Wand im Zimmer des einstigen Stars, seit das erste Paar dort übernachtete. Die Frau war so begeistert, dass sie die Wand küsste. Seither folgen viele weibliche Besucher diesem Vorbild. Tausend Küsse für Elvis.

Mississippi und Tennesee

Anreise: Mit Delta Air Lines

0180/3 33 78 80

www.delta.com

ab Amsterdam nach Memphis inkl. KLM-Zugbringer ab Düsseldorf ab 530 Euro (Hin-/Rückflug). Mit Air France

01805/83 08 30

www.airfrance.de

ab Düsseldorf über Atlanta.

Einreise: „Visa Waiver“-Programm

https://esta.cbp.dhs.gov

Nur mit regulärem Reisepass.

Veranstalter: America Experience

08022/63 27

www.usa-spezialist.de

Neuntägige Gruppen-Musikreise ab 1595 Euro. ADAC Reisen

01805/33 76 03

www.adacreisen.de

Zweiwöchige Rundreise mit Stopp in Memphis ab 3000 Euro (für zwei Personen).

Kontakt: Verkehrsbüro Memphis & Mississippi

0521/9 86 04 20

www.memphis-mississippi.de

Die Rock 'n' Roll- Geschichte lebt und wird dokumentiert in dem auch heute noch voll funktionsfähigen Sun Studio. Hier haben Carl Perkins, Johnny Cash, Roy Orbison und Jerry Lee Lewis Alben aufgenommen, aber auch U 2. Jährlich 300 000 Besucher werden hier gezählt. Und sie können staunen: Im Studio ist alles original erhalten und die Gitarren an der Wand lassen Musikerherzen höher schlagen.

Alles original – das gilt auch für Presleys Wohnsitz Graceland, in dem er am 16. August 1977 im Alter von gerade einmal 42 Jahren starb. Sogar „Lisa Marie” ist da. So heißt nicht nur seine Tochter, sondern auch eines seiner beiden umgebauten Flugzeuge, eine Convair 880 mit Doppelbett, Konferenztisch und dicken Sesseln.

Im palastartigen Graceland-Gebäude ist die erste Etage, in der Elvis starb, gesperrt. Aber die 600 000 Besucher im Jahr können einen Blick werfen ins luxuriöse Wohnzimmer, in den Billardraum oder in den Dschungelraum, in dem ein Wasserfall installiert wurde. In Graceland lebt die Erinnerung in prall gefüllten Vitrinen mit Schallplatten, Zeitungsausschnitten und Bühnenanzügen. Und auch seine Cadillacs fehlen natürlich nicht. Hier findet sich auch sein Grab. Es ist ein Mausoleum der Anerkennung, des Gedenkens und des Kitsches: Teddys, Blumen und andere Geschenke der Fans werden dort aufgestellt.

75 wäre der „King of Rock 'n' Roll” am 8. Januar geworden. Was er heute machen würde, das kann am besten George Klein vermuten, der TV- und Radiomoderator, der oft als Elvis' bester Freund bezeichnet wird: „Er würde Shows machen wie Frank Sinatra oder Dean Martin”, so glaubt er . „Und er würde es lieben, was in Graceland passiert.”