Berlin. Viele Deutsche reisen auch trotz Pandemie ins Ausland, über 30.000 infizierten sich dabei mit dem Virus. Wie das die Reiseplanung beeinflusst.
Reisen trotz Corona? Die Urlaubsplanung vieler Deutscher hat sich durch die Pandemie verändert. Nicht nur bei der Anreise, sondern auch bei der Wahl der Unterkunft bemühen sich viele Menschen darum, allzu große Kontakte zu vermeiden und Abstand zu halten.
„Man will jetzt auch auf der Reise unter sich sein, vielleicht sogar alleine sein“, berichtet der ADAC-Tourismusvorstand Karlheinz Jungbeck von den Sommerreisen der Deutschen. Ein neuer Trend zum „Cocooning“ – also dem Rückzug ins Private – mache sich breit.
Viele Deutsche fahren mit dem Auto in den Urlaub
Schon bei der Wahl des Verkehrsmittels oder der Unterkunft werde diese Entwicklung besonders deutlich. Insbesondere das Auto erlebe eine neue Renaissance – mit allen positiven und negativen Begleiterscheinungen.
Einerseits fahre man in seinem Wagen mit seinen Liebsten unter sich, andererseits erhöhe sich der Verkehr deutlich. In diesem Sommer waren so viele Autos unterwegs wie lange nicht mehr, berichtet Jungbeck.
Deutschland als beliebtestes Reiseziel
Deutschland bewährt sich in diesem Jahr erneut als beliebtestes Reiseland der Bundesbürger. 26,1 Prozent verbrachten hierzulande ihren Urlaub – insbesondere an Nord- und Ostsee, aber auch an Seen oder in Bayern.
Dennoch büßen die Inlandsziele gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozentpunkte an Gästen ein, wie eine Auswertung von 380.000 Online-Routenplanungen durch den ADAC ergeben hat.
Viele Deutsche machen Urlaub in Italien
Doch den Großteil lockt es ins Ausland – insbesondere in europäische Länder. Am beliebtesten ist Italien, wo 18,3 Prozent hinreisten – zumal es von Deutschland aus auch leicht mit dem Auto oder dem Camper erreichbar ist.
Aber auch Kroatien, Österreich, Frankreich oder die Schweiz zählen zu den zehn beliebtesten Destinationen.
Türkei-Urlaub wird immer gefragter
Den größten prozentualen Zuwachs erfährt diesen Sommer die Türkei, die im vergangenen Jahr besonders unter Corona-Einschränkungen gelitten hatte.
Mit 15,7 Prozent der Urlauber zog das Land sogar einen deutlich größeren Urlauberanteil ins Land wie vor der Pandemie mit 9,8 Prozent.
So riskant sind Reisen ins Ausland während der Pandemie
In Griechenland verbrachten laut ADAC rund 2,2 Prozent der Bundesbürger ihren Urlaub, in Spanien 1,4 Prozent.
Doch wie riskant sind die Reisen ins Ausland? Kamen besonders viele Urlauber aus den beliebten Regionen mit Covid-19 nach Deutschland zurück?
Über 30.000 Auslandsreisende infizierten sich mit Corona
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) meldeten die Gesundheitsämter zwischen Ende Juni und Anfang September insgesamt rund 33.300 Reisende, bei denen nach der Rückkehr in Deutschland eine Corona-Infektion festgestellt wurde.
Rund 113.000 gemeldete Ansteckungen passierten in dem Zeitraum innerhalb Deutschlands, weitere rund 131.300 Fälle ließen sich nicht zuordnen.
Die meisten infizierten Reiserückkehrer kamen aus der Türkei
Die meisten der infizierten Auslandsrückreisenden kamen aus der Türkei – etwa 7500. Und damit aus dem derzeit zweitbeliebtesten Auslandsziel der Deutschen, in dem laut ADAC gut jeder Sechste seinen Urlaub verbracht habe.
Dem beliebtesten Urlaubsziel Italien wurden dagegen nur 1223 Covid-19-Fälle zugeschrieben. Aus Kroatien wurden unterdessen etwa 3090 infizierte Fälle gemeldet, aus Spanien 1931 und aus Griechenland 1112 Fälle.
Urlaub oder Familienbesuch im Ausland?
Ob es sich bei den infizierten Rückkehrern um Touristen handelt oder um Bürgerinnen und Bürger, die ihre Familien oder Freunde in ihrer früheren Heimat besucht haben, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, da diese Details nicht erfasst werden, sagte eine RKI-Sprecherin.
Bei Ländern und Regionen wie dem Kosovo, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Serbien oder Bulgarien, die nicht zur Topliste der Tourismusziele gehören, könnte es sich häufig um Menschen handeln, die ihre Familien besucht haben.
Reisen werde laut Experte immer "spontaner, individueller und vielfältiger"
Touristen und Urlauber scheinen jedenfalls Distanz und Abstand zu mögen. Das trifft auf alle Preissegmente zu, meint ADAC-Vorstand Jungbeck: „vom Zelturlaub und Hausboot bis zu Yachtcharter und Flügen im Privatjet“.
Allerdings sei auch Flexibilität gefragt. Denn auch beim Camping, das weiter boomt, werde es immer enger. Doch die meisten stellen sich auch darauf ein: „Es wird heute spontaner, individueller und vielfältiger gebucht.“