Bilbao wurde durch das Guggenheim-Museum weltweit bekannt, aber die größte Stadt des Baskenlandes hat viel mehr zu bieten

Warum nach Bilbao? Die erste Antwort erhält man bereits auf dem Flughafen: Das nach Plänen des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava 2005 fertiggestellte Terminal, La Paloma genannt, ähnelt von weitem in der Tat einer riesigen weißen Taube. Auch berühmte internationale Architekten waren in Bilbao tätig: Sir Norman Foster gestaltete viele Stationen der neuen U-Bahn, Frank O. Gehry konzipierte das Guggenheim-Museum.

Dahinter steht ein besonderes Konzept. Als in den 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Industrie der Region im Niedergang begriffen war, hatten die Stadtväter die zündende Idee: Ein neues Image musste her, weg von der grauen Tristesse und hin zur kulturvollen, lebhaften und international attraktiven Stadt. Dazu waren die Visionen der Architekten gefragt.

Wie ein riesiges Schiff scheint das gewaltige aus Kalkstein, Titan und Glas bestehende Guggenheim-Museum am Fluss Ria zu segeln. Nähert man sich von der Stadtseite, trifft man zunächst auf „Puppy“, eine riesige, mit Blumen bepflanzte Hundeskulptur von Jeff Koons. Auf der dem Fluss zugewandten Rückseite fallen seine metallischen „Tulpen“ ins Auge. Die neun Meter hohe schwarze Spinne der französischen Künstlerin Louise Bourgois wirkt wie der Gegenentwurf dazu. Den Abschluss bildet die kolossale La-Salve-Brücke. Mit seiner Umgebung stellt das Museum gewissermaßen ein Gesamtkunstwerk dar, eine vollkommen neuartige Architekturform. Böse Zungen behaupten, dass das Gebäude damit eigentlich bedeutender als seine Exponate sei.

Das Licht durchflutete Atrium beeindruckt zunächst durch seine schiere Größe; es ist 55 Meter hoch. Über die hier befindlichen Kunstwerke mag man streiten: Hoch oben unter der Decke hängen zwei Autos, in einem Nebenraum stehen drei riesige rote, kopflose „Venusse von Milo“. Beeindruckend ist jedoch die Ausstellung „Vom Privaten zum Öffentlichen“, die einen Überblick über die Malerei-Bestände der Guggenheim-Sammlungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Moderne bietet, vom Postimpressionismus über Kubismus bis zum Surrealismus: Cezanne, Gauguin, Van Gogh, Kandinsky, Marc, Picasso, Chagall, Miro’ und viele andere.

Ansehen sollte man sich auch den mit 130 Metern längsten Raum, in dem gewaltige, viele Tonnen schwere Stahlfiguren von Richard Serra ausgestellt sind: Ellipsen, Spiralen, Kreise. Nicht jedem Betrachter mag sich ihr Sinn erschließen. Eine Grundidee könnte sein, dass damit auf die uralte Tradition der Eisenherstellung in Bilbao verwiesen werden soll. Der Name des Sponsors ArcelorMittal, ein Stahlproduzent, lässt natürlich noch andere Interpretationen zu: Sollte vielleicht während einer Stahlkrise nur eine gewisse Überproduktion entsorgt werden? Am Saaleingang liest man noch verwundert ein Schild: „Bitte berühren Sie nicht die Kunstwerke. Sie sind zerbrechlich und die leichteste Berührung könnte sie beschädigen. Bitte helfen Sie, diese zu bewahren.“ Unfreiwilliger Humor?

Das Guggenheim ist aber nur der Anfang. Bilbao zählt derzeit mehr als zehn Museen; genau ließ sich ihre Zahl nicht feststellen. Ständig scheinen neue hinzuzukommen. Unweit vom Guggenheim, aber durchaus nicht in seinem Schatten, steht das Museum der schönen Künste. Mit seiner Sammlung an Gemälden und Skulpturen vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart gehört es zweifellos zu den besten und größten Einrichtungen seiner Art in Spanien. Neben Werken berühmter internationaler Künstler - von Van Dyck bis Lüpertz - sind hier alle Maler versammelt, welche die Kunst Spaniens seit dem Mittelalter prägten. Das 17. Jahrhundert ist natürlich mit Gemälden von Murillo, Ribera und Zurbaran vertreten. Augenfällig der Unterschied zu ihrem Zeitgenossen El Greco, dessen „Verkündigung“ die Moderne schon 300 Jahre vorwegzunehmen scheint. Und natürlich dürfen Goya und Picasso nicht fehlen. Viele in Deutschland weitgehend unbekannte Künstler lassen aufmerken, so Luis Fernandez mit seinem 1940 gemalten, ergreifenden Werk „Stierkampf“, das an Picassos „Guernica“ erinnert.

Ein „Aschenputtel“-Dasein scheint das Museum der Reproduktionen zu führen, das – weit entfernt von den beiden großen Museen – in der Altstadt nur schwer zu finden ist. Es stellt mit den Kopien berühmter Skulpturen eine Art Bindeglied zur Weltkunst dar. Ins Auge fällt ihre Qualität wie etwa die von Reliefs des Pergamon-Altars oder Michelangelos „Moses“, denn sie wurden direkt in den betreffenden Museen angefertigt. Interaktive Einrichtungen beziehen den Besucher ein, kombinieren quasi Lernen und Spaß. Im Nachbarhaus wird bereits eine neue Abteilung des Museums eingerichtet.

Bilbao

Bilbao ist die Hauptstadt der Provinz Vizkaya (baskisch: Bizkaia) und mit ca. 350 000 Einwohnern die größte Stadt der Autonomen Gemeinschaft Baskenland.

Flugverbindungen: Anreise ab Düsseldorf nach Bilbao:

mit Lufthansa www.lufthansa.com

mit Air Berlin: www.airberlin.com

Internet: www.spain.info

Die Zeit reicht nicht, um die anderen Themen gewidmeten Museen Bilbaos zu besuchen – Archäologie und Geschichte des Baskenlandes, Osterwoche, Seefahrt, Stierkampf u.a.

Bei aller Kunst und Kultur sollte aber die Gastronomie nicht zu kurz kommen. In den Restaurants und Bars der Altstadt, vor allem an den „Siete Calles“ – den „sieben Straßen“ – lohnt es sich, die baskische Küche zu probieren, insbesondere die Pinchos, auf Baskisch Pintxos, kleine Mahlzeiten, etwas aufwendiger zubereitet als die bekannten spanischen Tapas.