Pilsum. Sie sind Symbol der Nordsee und ihr Anblick allein kann Gefühle von Freiheit auslösen. Doch in der Corona-Krise sind auch Leuchttürme von Beschränkungen betroffen. Touristen entgehen in diesem Jahr einige Einzigartigkeiten.

Man kennt sie aus dem Nordseeurlaub, von Postkarten oder sogar der Kinoleinwand: Leuchttürme. Über Jahrhunderte wiesen sie an Inseln und Küsten Seeleuten den Weg.

Als Navigationshilfe oder Warnung vor Untiefen sind heute nicht mehr viele in Betrieb, dafür können einige der zum Teil denkmalgeschützten Leuchttürme in Niedersachsen und Bremen besucht werden - eigentlich. Wegen der Corona-Pandemie darf derzeit fast keiner von Innen besichtigt werden. Ein Blick auf besondere Bauwerke:

PILSUMER LEUCHTTURM

Mit etwa elf Metern Höhe eher klein und dennoch berüchtigt - schon der an Ringelsocken erinnernde gelb-rote Anstrich lässt den Pilsumer Leuchtturm (Landkreis Aurich) optisch hervorstechen. Zu einem der bekanntesten Wahrzeichen Ostfrieslands hat ihn aber sicherlich Komiker Otto Waalkes gemacht. Im Film "Otto der Außerfriesische" aus dem Jahr 1989 wohnte der Hauptdarsteller darin.

Nur etwa 1000 Besucher pro Jahr können nach Angaben der zuständigen Deichacht Krummhörn die 28 Stufen während einer der kostenlosen Führungen erklimmen - wegen der Corona-Pandemie bleibt der Turm komplett geschlossen. Wie viele Menschen sich jedes Jahr vor ihm versammeln, ist nicht bekannt. "An guten Tagen tummelt sich da eine Vielzahl", sagte Geschäftsführer Frank Rosenberg.

ROTER SAND IN DER DEUTSCHEN BUCHT

Berühmt ist auch der Leuchtturm Roter Sand , der als erstes Offshore-Bauwerk der Welt gilt: Am 1. November 1885 erstrahlte das Seefeuer zum ersten Mal, es wies acht Jahrzehnte Schiffsführern den Weg. Drei Leuchtturmwärter lebten zeitgleich in dem mehr als 50 Meter hohen Turm, sie wurden alle acht Wochen gegen ein neues Trio ausgetauscht. Ab 1964 wurde das Seezeichen nicht mehr benötigt, seit 1982 steht es unter Denkmalschutz. 2010 erhielt es den Titel "Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland".

Rund zweieinhalb Stunden dauert eine Fahrt von Bremerhaven zum 135 Jahre alten Leuchtturm. Zuletzt fuhr 2018 das Spezialschiff "Lev Taifun" Tages- und Übernachtungsgäste zum Leuchtturm. Die verantwortliche Reederei kündigte an, nach dem vergangenen Jahr auch in diesem Sommer die Fahrten auszusetzen - selbst wenn sie in Corona-Zeiten erlaubt wären.

CAMPENER LEUCHTTURM IN GREETSIEL

Er ist mit einer Höhe von 65,3 Metern der größte Leuchtturm an der deutschen Nordsee - und der Stahlfachwerkturm weckt bei einigen Erinnerungen an den Pariser Eiffelturm. Tatsächlich wurde der Campener Leuchtturm fast zeitgleich mit dem Pariser Wahrzeichen erbaut und ging 1891 in Betrieb. Im Maschinenraum steht noch einer der Dieselmotoren von 1906, die früher den Generator des Leuchtfeuers betrieben. Davor hatten Dampfmaschinen den notwendigen Strom erzeugt.

Auch im Zeitalter der satellitengestützten Navigationssysteme ist der Turm nach Angaben der Gemeinde Krummhörn nicht funktionslos. Wenn alles ausfällt, gebe es den Turm noch, der auch für Richtfunkstrecken genutzt werde, heißt es auf der Webseite. Weil die dreibeinige, rot-weiß gestrichene Konstruktion in diesem Jahr saniert wird, kann sie derzeit nicht erklommen werden.

KLEINER PREUSSE WREMEN

Seinen Namen verdankt der Turm an der Wurster Nordseeküste seiner Größe von nur rund zehn Metern und seinem Anstrich in den preußischen Farben schwarz-weiß. Bis zum Jahr 1930 leuchtete er am Deich von Wremen (Kreis Cuxhaven). 2005 wurde ein Nachbau am Kutterhafen errichtet.

Der TourismusMarketing Niedersachsen zufolge ist der Kleine Preuße der einzige Leuchtturm an der niedersächsischen Küste, der trotz Pandemie derzeit von Besuchern betreten werden kann.

LEUCHTTURM ARNGAST IN DANGAST

Der Leuchtturm Arngast (Kreis Friesland) liegt inmitten des Jadebusens und ist knapp 37 Meter hoch. Er wurde im Jahr 1910 zur Ansteuerung von Wilhelmshaven und zur Orientierung im Jadebusen erbaut und bis 1967 ständig mit einer Wache besetzt. Nach Angaben von Ostfriesland Tourismus wird das Feuer des noch aktiven Turms heute durch Fernsteuerung betrieben.

Der auf der Sandbank der früheren Insel Arngast gelegene Leuchtturm wird entweder mit dem Schiff oder zu Fuß bei einer Wattwanderung erreicht. Er kann aber nicht von Innen besichtigt werden.

LEUCHTTURM OBEREVERSAND

Der 1886 gebaute Turm mit seiner markanten Außentreppe stand ursprünglich in der Außenweser und wurde 1923 abgeschaltet. Im Frühjahr 2003 wurde das Bauwerk an die Küste in Dorum (Kreis Cuxhaven) versetzt und danach zur Touristenattraktion umgebaut.

Im Inneren des Turmes gibt es Führungen zur Lebens- und Arbeitswelt der Leuchtfeuerwärter im ausgehenden 19. Jahrhundert. Rund 9000 Besucher kommen jährlich, wie der Förderverein Leuchtturm Obereversand mitteilte. Doch wegen Corona ist der Turm derzeit auch gesperrt.

LEUCHTTÜRME AUF DEN OSTFRIESISCHEN INSELN

Auf den Ostfriesischen Inseln finden sich selbstverständlich auch Leuchttürme und auf Juist wartet ein Kuriosum: Nach Angaben der Gemeinde ist er der einzige Leuchtturm, der sein Licht nicht auf das Meer hinausschickt. Als 1986 die Laterne des stillgelegten Leuchtfeuers der Insel Memmert abmontiert wurde, setzten sich Bewohner für den Erhalt des "Memmertfeuers" ein. Ein Turm wurde am Hafeneingang für das Leuchtfeuer errichtet. Da das Licht nicht der Schifffahrt dienen darf, ist es in Längsrichtung der Insel zu sehen. Ebenfalls besonders: Der Turm darf derzeit trotz Corona besichtigt werden.

Auf Wangerooge kann im Alten Leuchtturm in 39 Metern Höhe geheiratet werden und im Alten Leuchtturm auf Borkum sind historische Exponate ausgestellt und mitunter kann an ostfriesischen Teezeremonien teilgenommen werden.

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