Trends und Herausforderungen: DRV-Präsident Klaus Laepple blickt in die touristische Kristallkugel
Unerklärliche Trends, Klimaschutz und Billigflieger: Kurz vor seinem letzten Amtsjahr gibt Klaus Laepple, Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), einen touristischen Ausblick auf das neue Jahr.
Stichwort Umweltschutz und Klimakonferenz in Kopenhagen: Muss die Reiseindustrie sich mehr engagieren?
Laepple: Die Branche tut schon viel. Auch die Verkehrsträger. Nehmen wir die Fluggesellschaften: Diese haben ja ein Eigeninteresse daran, möglichst wenig Kerosin zu verbrauchen. Jeder Liter weniger ist bares Geld. Aber auch die Politik ist gefordert, endlich eine einheitliche europäische Flugsicherheitsbehörde, den Single European Sky, in die Tat umzusetzen. Könnte die kürzeste Strecke zum Erreichen des Zielflughafens geflogen werden, ließen sich zwölf Prozent CO2 jährlich einsparen.
Was bringen Kompensationszahlungen an Organisationen wie Myclimate oder Atmosfair?
Laepple: Einzelkämpfer bringen wenig. Besser sind breit aufgestellte Initiativen wie die von der Reisebranche ins Leben gerufene Nachhaltigkeitsinitiative Futouris. Ziele sind die Förderung des Umweltschutzes, des Völkerverständigungsgedankens und der Entwicklungszusammenarbeit. Besondere Schwerpunkte bilden der Schutz des Klimas, der Erhalt der biologischen Vielfalt und die Förderung von Bildungsmaßnahmen. Partner sind bislang TUI, Thomas Cook und Neckermann Reisen, Airtours und Gebeco.
Es gibt einen Trend zu mehr Individualität beim Reisen. Wie kommt das?
Laepple: Genau genommen gibt es zwei Trends. Und die sind konträr. In der Hotellerie werden die Hotels ständig kleiner und privater. Im Schiffsbau ist es genau umgekehrt: Die Kreuzfahrtschiffe werden immer größer. Warum das so ist, hat mir noch keiner so recht erklären können. 4000, 5000 oder gar 6000 Passagiere: An Land wären Neubauten dieser Art unvorstellbar.
Ist die Kreuzfahrt also die neue Pauschalreise?
Laepple: Das kann man so sagen. Schiffsreisen sind eine Kombination aus Studienreise, Erholung und Spaß. Nicht zu vergessen die Wellnessanlagen an Bord. Überproportional viel sind übrigens ostdeutsche Urlauber an Bord. Es gibt nach wie vor ein Nachholbedürfnis in den neuen Ländern. Und es gibt noch Wachstumspotenzial bei den Passagierzahlen: Erst 1,7 Prozent aller Deutschen haben 2008 eine Kreuzfahrt unternommen. In Großbritannien sind es drei, in den USA fünf Prozent der Bevölkerung.
Immer mehr Fluglinien schließen sich zusammen. Ist das schlecht für den Wettbewerb, also für die Preise?
Laepple: Nein. Am Himmel ist soviel Konkurrenz wie nie zuvor. Der Preiskampf ist extrem hart. Und wenn sich irgendwo zwei zusammentun, wird woanders schon die nächste Airline gegründet. Ich denke sogar, dass der Passagier von Zusammenschlüssen profitiert. Nehmen wir nur die Luftfahrtbündnisse wie Star Alliance oder Sky Team: Dadurch, dass dort viele Fluggesellschaften zusammenarbeiten und sich unterstützen, kommt der Kunde leichter ans Ziel als vorher.
Geben Sie mal einen Ausblick auf das nächste Jahr.
Laepple: Aus Kundensicht ist das schnell gesagt: Freuen Sie sich über günstigere Preise! Leider auch über weniger Auswahl. Denn die EU-Kommission plant, die Mindestteilnehmerzahl bei Reisen abzuschaffen. Veranstalter müssen jede angebotene Reise durchführen, selbst dann, wenn es für sie ein Minusgeschäft ist. Das führt dazu, dass Ziele aus den Katalogen verschwinden. Für Reisebüros und Veranstalter wird 2010 ein schweres Jahr. Sinken die Preise, sinken die Umsätze. Die großen Reiseveranstalter werden Marktanteile an kleinere Konkurrenten verlieren.
Schauen Sie doch mal für uns in die touristische Kristallkugel: Was sind in zehn Jahren die fünf erfolgreichsten Reiseländer?
Laepple: Deutschland, Spanien, Italien, Österreich und die Türkei. In der Reihenfolge.
Und wie viele Menschen buchen in zehn Jahren ihren Urlaub im Internet?
Laepple: Wenn wir von der klassischen Pauschalreise ausgehen, sage ich keine 20 Prozent. Heute schließen fünf Prozent ihre Reise online ab.
Wird es 2020 noch Billigflieger geben?
Laepple: Es wird Hybridflieger geben. Eine Airline wird gleichzeitig Billigflieger und Premiumgesellschaft sein. Das eine schließt das andere nicht aus – siehe Air Berlin und Lufthansa. Wer bereit ist, weit im Voraus zu buchen, bekommt auch in Zukunft günstige Tickets.