Berlin. Engelsfigur auf dem Dach, leuchtende Gärten und Zehntausende Lämpchen: In Deutschland leuchten dieser Tage die Häuser - trotz Stromkosten.
In der Adventszeit läuft der Stromzähler in vielen deutschen Haushalten auf Hochtouren. Denn dann leuchtet so manches Haus besonders hell: Mit dem klassischen Lichterbogen geben sich einige Menschen längst nicht zufrieden.
Sie trumpfen auf mit kilometerlangen Lichterketten im Vorgarten, dekorieren ihre Gärten mit beleuchteten Weihnachtsfiguren und verwandeln ihre Eigenheime in blinkende Weihnachtshäuser.
17 Milliarden Lämpchen werden in der Advents- und Weihnachtszeit einer YouGov-Umfrage zufolge in deutschen Haushalten erstrahlen - rund eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Mit der Energie könnte man eine Stadt wie Mülheim an der Ruhr - rund 170.000 Einwohner - für ein Jahr versorgen. Der Energieverbrauch sinke trotzdem, denn immer mehr Menschen steigen auf energiesparende LED-Lampen um, heißt es in einer Mitteilung des Ökostromanbieters Lichtblick, in dessen Auftrag die Umfrage entstand.
Glanz und Glühwein in Delmenhorst
Martina und Sven Borchart aus Delmenhorst in Niedersachsen rechnen für die Adventswochen mit bis zu 500 Euro Stromkosten. Denn wenn sie am 1. Advent den Schalter umlegen, gehen über 60 000 Lichter an.
In diesem Jahr fährt erstmal eine kleine Eisenbahn mit vier Waggons über die Terrasse. Im Vorgarten steht die Weihnachtspyramide, auf der Garage eine große Krippe, und in drei Metern Höhe rauscht der Weihnachtsmann mit dem vom Rentier Rudolf gezogenen Schlitten durch die Adventsnacht. Am 1. Advent und am 6. Dezember gibt es zudem Glühwein. 2018 kamen 600 bis 700 Besucher zum Lichtanknipsen am 1. Advent. Der Erlös wird gespendet und geht an das therapeutische Reiten an einer Förderschule.
Winterwunderland bei Ravensburg
Der Garten von Felix Schlagmüller in Berg in der Nähe von Ravensburg strahlt jedes Jahr zur Weihnachtszeit wie ein riesiges Lichtermeer. Mitte Oktober beginnen er und seine Familie mit dem Aufbauen, pro Tag sind sie einige Stunden damit beschäftigt. Pünktlich zum 1. Advent steht das baden-württembergische Winter-Wunder-Land. Zahlreiche Besucher staunen vom Zaun aus. Wer nett frage, bekomme eine Führung durch den Garten, sagt Schlagmüller.
Ein Weg führt durch den 1000 Quadratmeter großen Garten, vorbei an Rentieren, Schneemännern, Sternen und leuchtenden Tannenbäumen. Einige Figuren hat der Inhaber eines Zweiradgeschäfts selbst gebaut, andere dazugekauft. Trotzdem ist die Dekoration relativ dezent - es ist zwar bunt, aber es blinken nur wenige Lampen. "Uns ist es wichtig, dass es schön aussieht und wir Freude verbreiten", sagt Schlagmüller.
Kein Kitsch im Hamburger Weihnachtshaus
Uwe Farkas und sein Nachbar Stephan Kalkreuter schmücken ihre Doppelhaushälften in diesem Jahr zum zwölften Mal. Fünf Wochen lang wird das Haus jeden Abend hell beleuchtet sein. "Wir haben immer schon so ein bisschen geschmückt. Und dann kam meine Frau auf die Idee, das einfach groß aufzuziehen - mit Grillen, Grünkohl und Glühwein", erinnert sich Farkas. Mehr als 80.000 Lichter und 140 Steckdosen seien inzwischen im Einsatz.
Der Deko-Traum hat aber Grenzen: Kitsch will Farkas nicht im Vorgarten haben. "Ein 2,50 Meter großer Nussknacker ist für mich Kitsch. Wir haben einen 1,20 Meter hohen Schneemann, das ist die Grenze", sagt er. Wenn der Zauber im Januar wieder in Kisten verschwindet, kommen Farkas manchmal Zweifel. "Das Schlimmste ist das Verpacken, das Abbauen. Das dauert sehr viel länger und macht auch weniger Spaß. Und da kommt man dann schon ins Grübeln", sagt er mit einem Lachen.
Ein Mainzer Weihnachtshaus für die Tochter
Seit Jahren erstrahlt ein Haus in Mainz immer zur Weihnachtszeit. Das sei schon seit über 30 Jahren so, sagt Erwin Blankenberger. Er mache das für seine Tochter, die seit 36 Jahren im Wachkoma liege. Sie könne zwar nicht sprechen, "aber sie strahlt, wenn die Lichter brennen". Wie viele es sind, wisse er selbst nicht. "Die zähle ich schon lange nicht mehr. 10.000 bestimmt. Es kommt immer mal was dazu, und dann geht mal was kaputt."
Früher habe er auch das Dach seines Hauses dekoriert. Darauf müsse er inzwischen verzichten - aus Altersgründen, erzählt der 76-Jährige. Trotzdem werde auch in diesem Jahr das Haus wieder mit viel Licht geschmückt. "So weit, wie man dran kommt." Bei der Dekoration beschränkt sich Blankenberger nicht auf Lichterketten. Er stelle beispielsweise auch eine Krippe auf, erzählt er, und einen 2,40 Meter großen Schneemann.
Der Weihnachtsgarten im Spreewald
Im Garten von Gisela Liebsch und Gerd Mörl stehen, liegen, klettern und sitzen Weihnachts- und Schneemänner in unterschiedlichen Größen. Der "Weihnachtsgarten", wie die beiden 72-Jährigen ihr Anwesen im brandenburgischen Straupitz nennen, ist in warmes gelbes Licht getaucht. "Ich verwende keine LEDs, die sind uns zu grell", erklärt der Hausherr. Auch andere Farben oder blinkende und flackernde Lichter sucht man vergebens.
Liebsch ordnet die Figuren jedes Jahr etwas anders ab. "Damit es nicht langweilig wird", sagt sie. Ursprünglich hätten sie den Aufwand vor allem für die fünf Enkel und die zwei Urenkel betrieben. Inzwischen wird es im Straupitzer Weihnachtsgarten richtig voll, sobald das Licht angeht und die Besucher in Scharen kommen.
Und wenn Weihnachten und der Winter vorbei sind, wird umdekoriert: Dann bevölkern mehr als 300 Osterhasen das Grundstück. (dpa)