Jever. Ganz Deutschland gehört zur Eurozone, nur eine Ferieninsel leistet Widerstand? Ganz so weit schert Wangerooge nicht aus, soll aber künftig auf die kleinen Kupfermünzen verzichten.

Wer Urlaub auf der Nordseeinsel Wangerooge macht, kann künftig das ganz kleine Geld zuhause lassen. Die Volksbank Jever beliefert Geschäfte auf der Insel nicht mehr mit 1-, 2- oder 5-Cent-Münzen - zu teuer, heißt es.

Stattdessen sollen die Preise beim Bäcker oder im Supermarkt auf- oder abgerundet werden - oder der Kunde zahlt gleich bargeldlos. Die Wirtschaft ist aber skeptisch. Und die anderen ostfriesischen Inseln und die dort vertretenen Banken vom Festland machen das Experiment nicht mit.

Vertragsfreiheit zwischen Händlern und Kunden

Die Kupfermünzen verlieren auf der Insel nicht ihre Gültigkeit, da sei die Bundesbank vor. "Einseitig können gesetzliche Zahlungsmittel nicht aus dem Verkehr genommen werden", sagte eine Sprecherin in Frankfurt. Andererseits herrsche Vertragsfreiheit zwischen Händlern und Kunden. Bestimmte Zahlungsweisen könnten vereinbart werden. Oft nehmen Tankstellen aus Sicherheitsgründen keine großen Banknoten an.

"Wir schaffen gar nichts ab", stellt auch Martin Schadewald klar, einer von drei Vorständen der Volksbank Jever. Die Kleinmünzen sollten nur möglichst nicht genutzt werden. "Die Insel ist besonders, weil wir dort hohe Kosten haben." Der Transport der Münzrollen sei für die Bank wie für die Firmenkunden teurer als der Geldwert.

Zehn Tonnen Hartgeld jährlich

Und Kleinvieh macht eben doch Mist. "Wir bringen jedes Jahr etwa zehn Tonnen Hartgeld hinüber", rechnet Schadewald vor. Zurück sei es mehr, weil die Münzen aus den Portemonnaies der Feriengäste dazu kämen. Nach Wangerooge müssten die Geldkuriere meist mit dem Flugzeug fliegen, weil die Fähre abhängig von den Gezeiten verkehre.

Für die Umstellung hat die Volksbank die Nachsaison gewählt. Wenn die Weihnachts- und Silvestergäste kommen, soll alles bereit sein. Schadewald rechnet damit, dass ohnehin nur wenige Händler betroffen sein werden. In Bekleidungsläden, bei Übernachtungen oder Dienstleistungen werde nicht in Cent-Beträgen gerechnet.

Trotzdem versetze der Schritt die örtliche Wirtschaft in Unruhe, sagt Mike Kruse, Inhaber der Inselbäckerei Kruse auf Wangerooge. Einige Kollegen überlegten, selber aufs Festland zu fahren, um Wechselgeld zu besorgen. Für sein Geschäft reiche das von den Kunden eingenommene Kleingeld zum Wechseln, sagt Kruse. Aber er bepreist seine Brötchen in Fünf-Cent-Schritten. Eine Rundung auf zehn Cent sei schwierig. "Ich kann ja nicht auf einmal die Brötchen fünf Cent teurer machen. Und bei fünf Cent weniger schneide ich mir ins eigene Fleisch."

Große Logistik

Bargeld-Management ist für Banken teuer. Sie geben die Kosten an ihre Firmenkunden und die wiederum an den Verbraucher weiter. Dass der Betrieb der Filialen auf den beliebten Ferieninseln besonders aufwendig ist, bestätigen auch andere Banken der Region. "Dahinter steckt eine große Logistik", sagt der Sprecher der Oldenburgischen Landesbank OLB, Timo Cyriacks. Trotzdem hege die OLB keine Pläne wie die Volksbank in Jever. "Wir machen weiter mit dem Transport." Allenfalls versuche man den Aufwand etwas zu steuern.

Ähnlich sieht es die Sparkasse Leer-Wittmund. Zudem bereite man Firmenkunden auf den Inseln intensiv auf bargeldloses Zahlen mit Karte oder Handy vor, sagt Sprecher Carsten Mohr. Auf Borkum, Norderney oder Juist sind noch mehrere Banken vertreten, auf Wangerooge gibt es seit dem Rückzug der OLB nur die Volksbank.

Generell hängen die Deutschen an ihrem Bargeld. Drei Viertel aller Transaktionen , meist kleinere Beträge, werden bar gezahlt, ergab eine Studie der Bundesbank 2017. Doch beim Umsatz machte Bargeld mit 48 Prozent erstmals weniger als bargeldloses Zahlen aus.

Niederlande oder Skandinavien

Bankvorstand Schadewald verweist dagegen auf die Niederlande oder Skandinavien, sie seien beim Verzicht auf Münzgeld weiter. Er hofft, dass der Versuch auf Wangerooge Schule macht. "Es könnte auch ein Projekt sein, die Insel komplett bargeldlos zu machen", sagt er der Deutschen Presse-Agentur.

Aber da wollen ihm seine Kollegen nicht folgen. Und die Bundesbank erinnert daran, dass in Kleve am Niederrhein ein Versuch gescheitert sei, die Nutzung von Kleinmünzen zurückzudrängen. "Insbesondere steuerrechtliche Bedenken und Funktionsstörungen der Kassensysteme spielten dabei eine Rolle", sagte eine Sprecherin. Es habe die Läden viel Zeit gekostet, den Kunden das Rundungsverfahren zu erläutern. (dpa)