List. . Luxus sucht man in der Heimvolkshochschule im Klappholttal auf Sylt vergebens. Einfachheit wird hier seit 100 Jahren groß geschrieben. Dennoch zählt die Akademie mehr als 40 000 Übernachtungen im Jahr.
Die einfachen Hütten liegen verstreut in einem 7,5 Hektar großem Dünengebiet zwischen List und Kampen. Irgendwie scheinen sie nicht so recht ins Bild vom mondänen Sylt zu passen. Einige der Einzel-, Doppel- und Mehrbetthäuser haben nicht einmal ein WC, auch Fernseher gibt es nicht.
Die Hütten gehören zur Akademie am Meer Klappholttal, die im August ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Die einfache Ausstattung stört die Besucher nicht. Im Gegenteil: „Die meisten kommen wieder“, sagt Akademieleiter Hartmut Schiller. „Das ist unser Programm. Die Einfachheit, Kultur und die Naturnähe“. Dass es auch keinen Handyempfang gibt, stört die Gäste nicht.
Ein Ort, den man entdecken muss
Besucher kommen aus ganz Deutschland, aus den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz. Werbung macht die Heimvolkshochschule kaum. Vieles geht über Mundpropaganda. „Meine Strategie ist, dass wir ein Geheimnis sind. Ein Ort, den man entdecken muss“, so Schiller.
Und das wollen einige: Rund 41 000 Übernachtungen zählt die Akademie nach eigenen Angaben pro Jahr. Die Kombination aus unberührter Natur und einem großen kulturellen Angebot ist reizvoll für die Gäste. Und sie versetzt die Bildungsstätte in die Lage, ohne staatliche Unterstützung auskommen zu können.
Als Jugendlager gegründet
1919 hatte der junge Arzt und Naturschützer Knud Ahlborn, inspiriert vom pazifistischen Gedankengut der akademischen „Freideutschen“, das Jugendlager in den Dünen zwischen List und Kampen gegründet. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs steht die Einrichtung Menschen jeden Alters offen.
Anfangs wurden die Einrichtung und seine Besucher argwöhnisch beäugt - was auch an den Sitten lag, die damit auf der Insel Einzug hielten. So hat das Nacktbaden auf Sylt hier seinen Anfang genommen, wie Schiller erzählt. „Das war 1919 und es herrschte noch die Moralvorstellung des Kaiserreiches.“ Das brachte die Einrichtung damals zwar in Verruf, sorgte aber für Aufmerksamkeit.
Eine andere Welt
Im Klappholttal wird vieles anders gemacht, nicht jede Mode mitgemacht. „Wir fallen aus dem Rahmen“, sagt Schiller. Für den 62-Jährigen ist eines der Erfolgsgeheimnisse, das Menschen hier Sachen ausprobieren können, die sie normalerweise nicht machen würden. „Es kann sein, dass Menschen hier Seiten an sich bemerken, dass sie Fähigkeiten haben, von denen sie nicht wussten, dass sie sie haben.“ Meditatives Tanzen, Bogenschießen, Konzerte, Vorträge über Bauhaus und Jugendstil, philosophische Gesprächsreihen und Wattwanderungen: Das Angebot ist vielfältig, die Dozenten ausgesuchte, oft bekannte Experten auf ihrem Gebiet.
Bis nach Kampen, mit seinen teuren Reetdachhäusern, den schicken Boutiquen und den noblen Restaurants sind es nur wenige Kilometer. Und doch scheint es eine andere, weit entfernte Welt zu sein. Schiller fasst zusammen, was er selbst und viele seiner Gäste denken: „Klappholttal ist der letzte schöne Ort auf Sylt.“