Das Wintersportgebiet San Martino di Castrozza in den Dolomiten ist ein Geheimtipp ohne Après-Ski-Remmidemmi

San Martino di Castrozza. Letzte Abfahrt im Sonnenuntergang: rot, orange und rosafarben ragen die majestätischen Zackenfelsen der Dolomiten in den eisklaren Himmel. „Enrosadira” heißt diese typisch rötliche Gesteins-Färbung auf Ladinisch, der Minderheitensprache im norditalienischen Trentino. Das Skigebiet San Martino di Castrozza – Passo Rolle ist noch immer ein Geheimtipp und ideal für diejenigen, die zum Après-Ski keinen DJ Ötzi brauchen. Hier geht es im Gegensatz zur weitaus bekannteren Schwesterregion Südtirol deutlich ruhiger zu – und italienischer.

San Martino di Castrozza

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Lage:

Das Skigebiet San Martino di Castrozza liegt zu Fuße der berühmten Dolomitengruppe Pale di San Martino in der norditalienischen Region Trentino.

Anreise:

Mit dem Auto: Über die Brenner-Autobahn A22 bis Neumarkt/Auer. Dann über die Staatsstraße 48 nach Predazzo und von dort über die S 50 bis San Martino di Castrozza.

Mit dem DB Autozug (www.dbautozug.de): Ab

Düsseldorf nach Bozen oder Verona – Strecke ab 149 Euro.

Besonderheiten:

Der Skipass kostet je nach Saison für Erwachsene ab 32 Euro, für Kinder (geboren nach dem 28. November 1993) ab 22,50 Euro und für Senioren (geboren vor dem 28. November 1944) ab 29 Euro.

Kontakt:

Italienische Tourismuszentrale Enit, 069/ 23 74 34, www.visittrentino.it, www.sanmartino.com

Kaum Anstehen an den Liften und freie Fahrt auf 60 Kilometern Pisten sind das Ergebnis des geringen Bekanntheitsgrades Trentinos als Ski-Region. Breit und kaum steil sind die Hänge ideal für Kinder, Anfänger oder genussvolle Fahrer. Auch die schwarzen Pisten verlangen niemandem halsbrecherischen Manöver ab. So hat man Zeit, auch mal während der Fahrt in 1404 bis 2358 Metern Höhe den atemberaubenden Blick auf die umliegenden Dolomitenzüge der Pale di San Martino zu werfen.

Die Mittagspause auf den Hütten hat nichts mit den Massenabfertigungshallen der großen Skigebiete zu tun, die Gäste – meist italienische Familien – lassen sich hier Zeit beim Essen. Statt Kaspressknödel und Kaiserschmarrn kann man im Trentino original italienische Küche genießen. Neben der klassischen Pasta gibt es auch regionale Spezialitäten, zum Beispiel die schmackhaften „Strangolapreti” – deutsch: „Priesterwürger”. Diese wie Gnocchi anmutenden Bällchen aus Spinat, Brot und Ei erinnern an das Konzil im 16. Jahrhundert, das in der trentinischen Hauptstadt Trient abgehalten wurde: Ein Priester soll nach einer langwierigen Sitzung ausgehungert nach Hause geeilt sein und sich so gierig auf sein Essen gestürzt haben, dass er fast daran erstickte.

Ebenfalls typisch für die Region ist das „Carne Salada”: Eine Art Pökelfleisch, das 25 Tage in einem Salzmantel ruht und dann dünn aufgeschnitten als Vorspeise gereicht wird. Nach dem Essen gibt es einen trentinischen Grappa, der in jeder Hütte in den verschiedensten Geschmacksrichtungen ausgeschenkt wird. Und wer diesen original „trentinisch” trinken will, spült damit die soeben geleerte Espressotasse aus – „resentino” wird dieses Ritual hier genannt. Nicht weit von den Skiliften befindet sich der Naturpark Paneveggio. Das Besucherzentrum am Eingang verleiht Schneeschuhe und bietet auf Wunsch eine geführte Tour durch den verschneiten Wald an. Eine wunderbare Stille umgibt einen hier, zu hören ist nur das eigene Schnaufen und das Knirschen der Schneeschuhe. Die Sonnenstrahlen, die durch die Baumstämme brechen, verleihen dem ganzen Mystisches. Der Wald wird auch „Geigenwald” genannt, da sich die hier wachsenden Rottannen besonders gut für den Instrumentenbau eignen. Das Holz ist extrem elastisch und kann deshalb den Klang gut übertragen. Doch eine Tanne muss ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit sie für den Geigenbau in Frage kommt: Sie muss beim Fällen 80 bis 100 Jahre alt sein, eine möglichst zylindrische Form haben und gleichmäßig gewachsen sein. Ungefähr 20 Bäume werden im Jahr hier für den Instrumentenbau gefällt. Angeblich ist seinerzeit der berühmteste aller Geigenbauer, Antonio Stradivari, selbst durch den Paneveggio-Wald gestreift, um die idealen Bäume für seine Zwecke auszusuchen.

Ist die Sonne untergegangen, und die Farben der Zackenfelsen sind zu eisernem Grau erstarrt, zieht man sich als Urlauber in eines der zahlreichen Hotels zurück. Fast alle bieten ihren Gästen mittlerweile Wellnessbereiche, so dass man im Dampfbad oder mit einer Massage dem Muskelkater vorbeugen kann. Mit der großen abendliche Sause kann San Martino di Castrozza nicht dienen, hier lässt man den Abend eher mit einem Glas Teroldego, dem typischen, schweren Rotwein ausklingen. Hier geht es eben ruhiger zu – und italienischer.