Bad Berleburg. Schüler legen einen Wanderweg an. Eine fürstliche Familie lebt seit Jahrhunderten in einem herrschaftlichen Schloss. Und mächtige Tiere sorgen für mächtig Streit.

"Herr Grebe, Herr Grebe, schauen Sie mal schnell.

Rüdiger Grebe (r) hat einst mit seinen Schülern den Schieferpfad angelegt. Teja Radenbach (l) war früher einer von ihnen.
Rüdiger Grebe (r) hat einst mit seinen Schülern den Schieferpfad angelegt. Teja Radenbach (l) war früher einer von ihnen. © dpa

Wir haben Rinnen in den Felsen entdeckt!" Aufgeregt weisen die Schüler ihren Lehrer Rüdiger Grebe während des Wandertages auf zwei Rinnen am Berghang hin.

"Die Schüler hatten im dichten Gestrüpp die Überreste einer mittelalterlichen Handelsstraße zwischen Bad Berleburg und Marburg gefunden, wie Archäologen und Heimatkundler später bestätigten", erinnert sich Grebe. Räder schwer beladener Ochsenkarren hatten die Rinnen in das Schiefergestein gefräst.

Schüler bauen Wanderweg

Die zufällige Entdeckung am Berg Fredlar im Südosten Nordrhein-Westfalens sollte der Start sein für ungewöhnliche Unterrichtsstunden an der Bad Berleburger Hauptschule.

Unterwegs am am Rothaarkamm

Der Schieferpfad führt auch entlang des Flusses Eder und bietet malerische Ausblicke.
Der Schieferpfad führt auch entlang des Flusses Eder und bietet malerische Ausblicke. © dpa
Mächtige Tiere: In der Wisent-Wildnis in Bad Berleburg sind die gleichnamigen Tiere in einem 20 Hektar großen Schaugehege zu sehen.
Mächtige Tiere: In der Wisent-Wildnis in Bad Berleburg sind die gleichnamigen Tiere in einem 20 Hektar großen Schaugehege zu sehen. © dpa
Rüdiger Grebe (rechts) hat einst mit seinen Schülern den Schieferpfad angelegt. Teja Radenbach (links) war früher einer von ihnen.
Rüdiger Grebe (rechts) hat einst mit seinen Schülern den Schieferpfad angelegt. Teja Radenbach (links) war früher einer von ihnen. © dpa
Herrschaftliche Wohnstätte: Im Berleburger Schloss lebt seit mehr als 750 Jahren die Fürstliche Familie Sayn-Wittgenstein-Berleburg.
Herrschaftliche Wohnstätte: Im Berleburger Schloss lebt seit mehr als 750 Jahren die Fürstliche Familie Sayn-Wittgenstein-Berleburg. © dpa
Im Schieferschaubergwerk Raumland haben Kumpel bis 1923 Schiefer gespalten. Heute können sich hier Besucher den Abbau erklären lassen.
Im Schieferschaubergwerk Raumland haben Kumpel bis 1923 Schiefer gespalten. Heute können sich hier Besucher den Abbau erklären lassen. © dpa
Raue Felsklippen erwarten Wanderer, die auf dem Schieferpfad unterwegs sind, hier am Berg Fredlar.
Raue Felsklippen erwarten Wanderer, die auf dem Schieferpfad unterwegs sind, hier am Berg Fredlar. © dpa
Schiefer wird im Schaubergwerk Raumland schon lange nicht mehr abgebaut, doch alte Transportwagen zeugen noch davon, wie hier früher malocht wurde.
Schiefer wird im Schaubergwerk Raumland schon lange nicht mehr abgebaut, doch alte Transportwagen zeugen noch davon, wie hier früher malocht wurde. © dpa
Schilder mit Fledermaus-Zeichen weisen den Weg. Entlang des Wittgensteiner Schieferpfades hausen die kleinen Tiere in Höhlen und Stollen.
Schilder mit Fledermaus-Zeichen weisen den Weg. Entlang des Wittgensteiner Schieferpfades hausen die kleinen Tiere in Höhlen und Stollen. © dpa
Wanderer haben auf dem Schieferpfad besser Verpflegung dabei - Gasthäuser gibt es entlang des Weges nicht.
Wanderer haben auf dem Schieferpfad besser Verpflegung dabei - Gasthäuser gibt es entlang des Weges nicht. © dpa
Die Spuren einer alten Handelsstraße sind im Felsen zu sehen. Diese Entdeckung von Schülern war die Geburtsstunde des Schieferpfads, der daraufhin in jahrelanger Arbeit von Schülern und Lehrern angelegt wurde.
Die Spuren einer alten Handelsstraße sind im Felsen zu sehen. Diese Entdeckung von Schülern war die Geburtsstunde des Schieferpfads, der daraufhin in jahrelanger Arbeit von Schülern und Lehrern angelegt wurde. © dpa
Die Region um Bad Berleburg ist dicht bewaldet, immer wieder tun sich aber auch Lichtungen auf. Hier im Wohlbachtal, das man auf dem Schieferpfad passiert.
Die Region um Bad Berleburg ist dicht bewaldet, immer wieder tun sich aber auch Lichtungen auf. Hier im Wohlbachtal, das man auf dem Schieferpfad passiert. © dpa
Heidi Dickel bietet am Schieferpfad geführte Touren und Übernachtungen in alten Schäferwagen an.
Heidi Dickel bietet am Schieferpfad geführte Touren und Übernachtungen in alten Schäferwagen an. © dpa
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Alle zwei Wochen wanderten die Schüler mit Schaufeln, Hacken und Astsägen hinaus in die Wälder, um einen Rundwanderweg anzulegen. Über zehn Jahre zog der heute pensionierte Pädagoge Grebe mit seinen Schülern in die Natur, bis der Wittgensteiner Schieferpfad im April 2002 eröffnet werden konnte - mit 14 Kilometer Länge, 443 Höhenmetern bergauf und 490 bergab sowie fünf Stunden Gehzeit ein anspruchsvoller Rundkurs.

"Wanderer sollten trittsicher und schwindelfrei sein und hohe Wanderstiefel tragen, da einige handtuchschmale Felspassagen alpinen Charakter haben. Rucksackverpflegung ist angebracht, denn am Pfad gibt es keine Gasthäuser", rät Teja Radenbach. Als Schüler half der 32 Jahre alte Mann beim Bau des Weges mit.

Fledermaus als Wegezeichen

Manchmal geht Heidi Dickel mit kleinen Wandergruppen über den Schieferpfad. Die 53-jährige Landschaftsführerin hat den Weg in ihr Herz geschlossen, die Geschichte der Route begeistere die Wanderer. Der Schieferpfad hat die Fledermaus als Wegezeichen, weil die Tiere in den Höhlen und Schieferstollen entlang der Route hausen.

Dickels Gäste können am Schieferpfad übernachten - in einem ihrer vier Schäferkarren.

Heidi Dickel bietet am Schieferpfad geführte Touren und Übernachtungen in alten Schäferwagen an.
Heidi Dickel bietet am Schieferpfad geführte Touren und Übernachtungen in alten Schäferwagen an. © dpa

Dickel parkt die rollenden Nachtquartiere nach Absprache mit Waldbauern und Jagdpächtern auf einsamen Waldlichtungen oder an abgelegenen Wiesenrainen. Näher an der Natur geht nicht mehr, wenn dunkler Fichtenwald die Schlafenden umgibt und trügerische Stille herrscht, ab und zu unterbrochen durch einen Vogelschrei.

Schieferpfad und Schäferkarren sind zwei Attraktionen in Bad Berleburg. Das herrschaftliche Schloss, das Schieferschaubergwerk Raumland und die Wisent-Wildnis mit dem Wisent-Pfad zählen zu den weiteren Zielen für Feriengäste.

Das Schloss ist immer noch bewohnt

Das Schloss ist Museum und Wohnstätte zugleich: Seit mehr als 750 Jahren lebt die fürstliche Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg hier. Das sei doch hierzulande ziemlich einmalig, sagt Schlossguide Barbara Lenz-Irlenkäuser (54) beim Rundgang durch die Festsäle.

In der Ortschaft Raumland zeigt Hermann Franz im Schieferschaubergwerk , wie das schwarze Gold des Wittgensteiner Landes zwischen 1860 und 1923 abgebaut wurde. Einst arbeitete der 76-Jährige als Kaufmann für eine der Gruben: "In unserer Schaugrube haben bis zu 20 Kumpel den Schiefer gebrochen und zu Dachplatten gespalten." Ein Knochenjob war das. Schaubergwerk und Schieferpfad erinnern an diese Industriegeschichte.

Wisent-Herde ist gewachsen

Eine andere Geschichte schreiben die Wisente . Acht der gewaltigen Tiere wurden 2013 zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg ausgewildert. Die Herde ist inzwischen gewachsen und hat ihr Revier vergrößert, und das gefällt nicht jedem: Waldbesitzer beschweren sich, dass die Wisente die Bäume anknabbern und Schäden anrichten. Die Zukunft des Projektes ist unklar und beschäftigt die Gerichte.

Wanderer werden die scheuen Tiere in den weiten Waldungen kaum zu sehen bekommen. Die Chance dazu ist größer in der Wisent-Wildnis am Rothaarkamm, wo mehrere Tiere in einem eingezäunten, 20 Hektar großen Areal leben. Der Wanderweg Wisent-Pfad zwischen Wingeshausen und Schmallenberg-Jagdhaus streift das Gehege der sanften Riesen, den größten Landsäugetieren Europas. Wie der Schieferpfad ist auch dieser 13 Kilometer lange Rundkurs etwas für sportliche Wanderer. (dpa)