EU-Kommission will Rechte von Touristen stärken – Wer Reisepakete über das Internet bucht, soll besser abgesichert werden – Auch Entschädigung bei Pleiten von Fluglinien geplant

Reisen können alles andere als erholsam sein – etwa, wenn das Hotel einer Baustelle gleicht, Ausflüge kurzfristig gestrichen werden oder man vor dem Heimflug feststellen muss, dass die Fluggesellschaft pleite gegangen ist. Die EU-Kommission will die Rechte der Verbraucher stärken und die Richtlinie für Pauschalreisen überarbeiten. So sollen Reisende Anspruch auf Entschädigung oder Rücktransport haben, wenn die Fluglinie pleite geht. Wer über das Internet sein eigenes Reisepaket schnürt, soll ebenfalls besser abgesichert werden. Außerdem könnten verbraucherfreundliche Angebote künftig mit einem EU-Reiseschutzsiegel gekennzeichnet werden. Das schlug EU-Verbraucherkommissarin Meglena Kuneva gestern in Brüssel vor.

„Pauschalreisende müssen beruhigt ihren Urlaub verbringen können“, sagte Kuneva. „Zugleich brauchen wir einheitliche Bedingungen für die Unternehmen, damit sie unter gleichen Voraussetzungen miteinander konkurrieren können.“ Der Deutsche Reise-Verband wollte die Vorschläge gestern noch nicht beurteilen. Zuvor hatte er sich aber skeptisch über eine Reform geäußert. Die Anwendung der aktuellen Regelung laufe in Deutschland unproblematisch, hieß es.

Eine Studie im Auftrag des EU-Parlaments hatte im vorigen Jahr große Lücken im EU-Recht für Pauschalreisende ausgemacht. Tatsächlich stammt die Richtlinie aus dem Jahr 1990, als der Urlaub noch über Katalog bei einem Reisebüro gebucht wurde. Sie erstreckt sich auf die Informationen in Prospekten, das Rücktrittsrecht ohne Vertragsstrafe, die Haftung für nicht vorschriftsmäßige Leistungen sowie den Schutz vor Zahlungsunfähigkeit eines Reiseveranstalters.

Nicht berücksichtigt sind hingegen eigene Reisepakete, die Verbraucher über das Internet schnüren. Laut EU-Kommission organisieren bereits mehr als die Hälfte der Europäer ihre Reisen selbst, 23 Prozent wählen so genannte dynamischen Pakete – sie stellen etwa Flug und Hotel von einem Anbieter zusammen und fügen weitere Angebote über einen Partner oder über verbundene Webseiten hinzu.

In diesen Fällen ist die Haftungsfrage sehr kompliziert. Wer muss dafür gerade stehen, wenn etwas schief läuft? Die Fluggesellschaft? Das Hotel? Das Reiseunternehmen? Die meisten Verbraucher wüssten gar nicht, dass diese dynamischen Urlaubspakete nicht geschützt sind, erklärt Kuneva. Wenn etwas schief geht, bleiben die meisten auf ihren Kosten sitzen. Im Durchschnitt beträgt der Verlust an die 600 Euro. „Der Schutz muss deshalb so weit wie möglich ausgedehnt werden“, fordert die Bulgarin. Tatsächlich getrennt vorgenommene Buchungen stehen allerdings nicht auf den Prüfstand.

Gleichzeitig drängt die EU-Kommission auf eine Lösung im Fall von Airline-Pleiten. Auch das EU-Parlament hatte sich bereits für ein Gesetz ausgesprochen, das Entschädigungen und einen Rücktransport von Passagieren vorsieht, die wegen des Konkurses einer Fluggesellschaft am Boden bleiben. Die Mittel sollten durch eine Pflichtversicherung für Fluglinien zur Verfügung gestellt werden, schlugen die EU-Abgeordneten vor.

Allein zwischen November 2005 und September 2008 hatten 29 Fluggesellschaften Bankrott angemeldet. Erst im Sommer waren nach der Pleite des Billigfliegers Sky Europe Tausende Passagiere an Flughäfen in ganz Europa hängen geblieben. Außerdem gab es zum Beispiel in Frankreich im vorigen Jahr 125 Insolvenzen von Reiseveranstaltern, von denen mehr als 90.000 Verbraucher betroffen waren.

Kuneva will nun erst die Stellungnahme von Unternehmen und Verbraucherschutzverbänden abwarten, bevor die Brüsseler Behörde im Herbst 2010 konkrete Gesetzesvorschläge vorlegt. Damit wird sich ohnehin die nächste EU-Kommission befassen müssen, die vermutlich im Februar ihr Amt aufnehmen und der die Bulgarin nicht mehr angehören wird.