Moramanga . Eisenbahnfans reisen mit Butler und Champagner durch Afrika, andere wie die Einheimischen. Madagaskars Billig-Bummelbahn verwöhnt mit Baguette und Brause.

Wer Madagaskar auf der Schiene erkunden will, muss sich sputen. Etliche Strecken sind stillgelegt. Am historischen Bahnhof in der Hauptstadt Antananarivo sind die Türen zum Bahnsteig verschlossen.

Immerhin: Ein Güterwaggon dient im schicken "Café de la Gare" als Klohäuschen. Doch im 120 Kilometer entfernten Moramanga wartet das Bahnabenteuer auf den Spuren der Lemuren. Diese Feuchtnasenaffen mit Kulleraugen und putzigem Gesicht sind die tierischen Stars der afrikanischen Insel im Indischen Ozean.

Rote Diesellok

Es ist 10 Uhr. Die Sonne brennt. Eine rote Diesellok rollt aus dem Schuppen in Moramanga. Der Lokführer hat die Maschine inspiziert. Er nickt zufrieden - noch. Dutzende Insulaner laufen über die Gleise, wuchten Säcke, Kisten und Körbe in die braunen Güterwaggons. Sieben Fracht- und vier Personenwagen hat der Zug. Der weiß-blaue Wagen der 1. Klasse wirbt mit der Aufschrift "Le trans lemurie express".

Mit dem Zug über die Insel Madagaskar

Viel Grün sehen die Passagiere beim Blick aus dem Fenster des
Viel Grün sehen die Passagiere beim Blick aus dem Fenster des "Le trans lémurie express". © dpa
Reisen in der 1. Klasse: Die Sitze erinnern an breite Korbsessel.
Reisen in der 1. Klasse: Die Sitze erinnern an breite Korbsessel. © dpa
Geschäftiges Treiben herrscht in Moramanga vor der Abfahrt des Zuges.
Geschäftiges Treiben herrscht in Moramanga vor der Abfahrt des Zuges. © dpa
Import aus Europa: In einem Lokschuppen in Moramanga steht eine gebrauchte Diesellok aus Portugal.
Import aus Europa: In einem Lokschuppen in Moramanga steht eine gebrauchte Diesellok aus Portugal. © dpa
Viel Platz für Kühe: Der Bahnverkehr in Andasibe ist vorübergehend stillgelegt.
Viel Platz für Kühe: Der Bahnverkehr in Andasibe ist vorübergehend stillgelegt. © dpa
Reisfelder und kleine Dörfer prägen das Bild an der Bahnstrecke von Moramanga nach Ambatondrazaka.
Reisfelder und kleine Dörfer prägen das Bild an der Bahnstrecke von Moramanga nach Ambatondrazaka. © dpa
Lebhafter Handel am Bahnsteig: Wenn der Zug kommt, ist auf Madagaskar das halbe Dorf auf den Beinen.
Lebhafter Handel am Bahnsteig: Wenn der Zug kommt, ist auf Madagaskar das halbe Dorf auf den Beinen. © dpa
Dreirad statt Zug: In Tamatave fahren derzeit keine Bahnen.
Dreirad statt Zug: In Tamatave fahren derzeit keine Bahnen. © dpa
Wenn es mit dem Zug nicht mehr weitergeht, steigen viele Passagiere auf ein Taxi brousse um.
Wenn es mit dem Zug nicht mehr weitergeht, steigen viele Passagiere auf ein Taxi brousse um. © dpa
Namensgeber für den Zug: Die Lemuren sind Feuchtnasenaffen mit Kulleraugen und putzigem Gesicht.
Namensgeber für den Zug: Die Lemuren sind Feuchtnasenaffen mit Kulleraugen und putzigem Gesicht. © dpa
Lemuren sind nur auf Madagaskar zu finden - hier in einem Park in Antananarivo.
Lemuren sind nur auf Madagaskar zu finden - hier in einem Park in Antananarivo. © dpa
In Tamatave locken Strände und Palmen ans Meer.
In Tamatave locken Strände und Palmen ans Meer. © dpa
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Der Zug setzt sich ruckelnd in Bewegung. Großfamilien palavern. Kinder spielen. Die Korbsessel-Sitze in der 1. Klasse sind bequem. Viele der Schienen stammen aus Deutschland. Nach dem Ersten Weltkrieg brachte die damalige Kolonialmacht Frankreich das Material aus Reparationszahlungen auf die Insel.

Reiskammer der Insel

Zweimal in der Woche bummelt ein Zug von Moramanga im Fahrradtempo die 170 Kilometer Richtung Norden nach Ambatondrazaka, die Reiskammer der Insel. Der "Express" stoppt in vielen Dörfern mit Kokospalmen, gackernden Hühnern und Häuschen aus Holz, Fasern oder Stein. Frauen und Kinder drängen um den Zug, verkaufen Bananen, Erdnüsse, Mangos und Getränke.

Ein Rentner aus Berlin geht nach vier Stunden Fahrt an den Bartresen. Lunch für 3300 Ariary, knapp ein Euro: Weißbrot, Ölsardinen und eine warme Limo. Die in einer Eisbox gekühlten Getränke sind längst ausverkauft.

Endstation nach 8 Stunden und 45 Minuten

Gerodete Flächen und Baumstümpfe hinter Moramanga sind wie vielerorts traurige Realität. Bald wird es grüner. Reisfelder bis zum Horizont, Teiche und kleine Flüsse, grüne Hügel. Endstation nach 8 Stunden und 45 Minuten. Nicht schlecht. "Ambatondrazaka hat außer Reis auch viel Obstanbau", erzählt Lea Arilala Razana, die Tourismuschefin der Stadt. Auf den Märkten gibt es fast alle exotischen Früchte dieser Welt: Litschi, Passionsfrucht, Guave und Jackfruit.

Eisenbahnfans verbringen hier oft nur eine Nacht. Denn der Weg, genauer die Fahrt, ist das Ziel. Abfahrt laut Fahrplan ist um 7.00 Uhr. Doch heute hat die Lok Probleme und startet am frühen Nachmittag. Die Alternative: das Taxi brousse. Der Kleinbus fährt immer los, wenn er voll ist. Auf dem Dach schnattern Enten in einem großen Korb. Auf halber Strecke der Holper- und Sandpiste hat dieses Vehikel Probleme mit Keilriemen und Kühlung, kommt abends aber noch lange vor dem Zug in Moramanga an. (dpa)