Palma. Probleme hat Mallorca normalerweise nur mit Touristen, die über die Stränge schlagen. Dieser Tage sorgt aber eine tote Qualle für Wirbel.
Mit bis zu 50 Meter langen Tentakeln schwebt sie lautlos durch die Weltmeere, und wer ihren Weg streift, dem drohen höllische Schmerzen. Die Portugiesische Galeere (Physalia physalis) mit ihrem irisierenden, meist blau schimmernden Körper ist eine der giftigsten Quallenarten der Welt.
Totes Exemplar vor der Küste
Jetzt wurde ausgerechnet kurz vor Beginn der Sommersaison auf Mallorca ein totes Exemplar vor der Küste der Inselhauptstadt Palma entdeckt. Der Fund Anfang der Woche an dem beliebten Strand Ciudad Jardín - zwischen Ballermann und Stadtzentrum - löste einigen Wirbel aus. Die Regionalzeitung "Última Hora" brachte am Mittwoch (23. Mai) auf Seite eins ein großes Bild des ungebetenen Gastes.
Die Stadtverwaltung startete unter anderem mit einem großen Schiff Suchaktionen, die auch in den nächsten Tagen anhalten sollen, und sie bat die Regionalregierung der Balearen um Unterstützung. Ein Badeverbot solle geprüft werden, falls weitere Tiere auftauchen. Der regionale Notdienst bat die Strandgäste um extreme Vorsicht.
Gasblase, die aus dem Wasser herausguckt
Für den Menschen verläuft eine Begegnung mit dem Nesseltier - anders als für kleinere Fische - nur selten tödlich. Außerdem: Man kann die Gefahr im Fall der Portugiesischen Galeere schon im Vorfeld gut erkennen, wie Winfried Hochstetter, Leiter des Aquariums Wilhelmshaven, erklärt. "Das Gute ist, dass man sie vorher sieht, denn sie hat eine Gasblase, die aus dem Wasser herausguckt", sagt der Experte.
Mallorca ist nicht allein mit seinem Quallen-Dilemma: Exemplare waren im April bereits vor den Balearen-Inseln Formentera und Ibiza gesichtet worden. Allein auf Formentera wurden damals rund hundert Tiere eingesammelt. Und vorige Woche waren in der Provinz Alicante an der Costa Blanca ebenfalls mehrere Physalia physalis angespült worden. Ein Elfjähriger wurde am Arm gestochen und ins Krankenhaus gebracht. Die Folge: Auf einer Länge von knapp 120 Kilometern wurden in Alicante am Wochenende Strände gesperrt.
Einsatz von Netzen und Drohnen
Die Behörden dort erwägen den Einsatz von Netzen und Drohnen. Hochstetter: "Man kennt das aus Australien, wo es ein Problem mit Würfelquallen gibt: Solche Netze funktionieren." Dennoch, sollten noch mehr Quallen entdeckt und noch mehr Strände gesperrt werden, sind das keine guten Vorzeichen für den Sommer 2018 - denn Touristen sorgen in Spanien immerhin für rund elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Dabei ist diese Qualle eigentlich gar keine Qualle, auch wenn sie so aussieht. Die Portugiesische Galeere ist ein Wunderwerk der Natur, nämlich eine riesige Polypenkolonie, in der jedes Individuum eine bestimmte Aufgabe übernimmt - sei es zum Fressen, zur Verdauung, zur Fortpflanzung oder zur Abwehr von Feinden. So sehr sind die Organismen miteinander verwoben und aufeinander angewiesen, dass sie alleine nicht mehr lebensfähig wären.
Stark brennende Wundmale
Kennzeichen ist die bis zu 30 Zentimeter messende sackförmige Gasblase, die wie ein Segel funktioniert und für den Auftrieb des Tieres sorgt. "Bei Kontakt mit den Nesselzellen an den Fangarmen explodieren diese und injizieren mit einer Art Harpune Gift unter die Haut", erläutert Hochstetter. Die Folge: Stark brennende Wundmale, die wie Striemen nach Peitschenhieben aussehen.
Das Fachmagazin "Toxins" berichtet auch von Kopfschmerzen, Übergeben, Bauchschmerzen und Durchfall. Bei Allergikern ist ein allergischer Schock möglich, der im schlimmsten Fall zum Tode führt. Im Februar waren bei einer Attacke der Quallen in Thailand 23 Badegäste ins Krankenhaus gebracht worden.
Stiche mit unverdünntem Essig behandeln
Betroffene sollten die Stiche mit unverdünntem Essig behandeln - zu diesem Schluss kommt zumindest "Toxins". Umstritten ist, ob Meerwasser bei der Wundreinigung hilft. "Es gibt keine universell akzeptierte Erste-Hilfe-Maßnahme für Physalia-Stiche", schreiben die Forscher. "Alkohol und Hausmittel wie Urin, Backpulver und Rasiercreme (...) machen es aber wahrscheinlich noch schlimmer."
Dennoch, es besteht kein Grund zu Panik, sagt Hochstetter. Im Mittelmeer kämen Portugiesische Galeeren immer mal wieder vor, je nach Windrichtung würden sie zusammengedrückt und manchmal eben auch in Richtung Strand gespült. "Aber die Fahrt zum Meer ist wahrscheinlich gefährlicher als die Qualle", meint er und rät, vor jedem Bad einfach die Wasseroberfläche abzusuchen. (dpa)