Palma. Ein deutscher Tourist stirbt auf Mallorca, als er auf einer Landstraße umgefahren wird. Kein Einzelfall: Radfahrer leben dort nicht ungefährlich.
Der sportliche Höhepunkt seiner Mallorca-Reise ist für einen deutschen Radtouristen zur Tragödie geworden. Der Mann war am 5. April 2018 mit mehreren Mitstreitern eines Trainingscamps auf einer Landstraße unterwegs zum höchsten Berg der spanischen Urlaubsinsel, dem 1445 Meter hohen Puig Major - da wurde er von einer Sportwagenfahrerin von hinten erfasst und überrollt. Er hatte keine Chance. Im Krankenhaus in Manacor starb der Deutsche in der Nacht zum Freitag an seinen schweren Verletzungen.
Neben dem Todesopfer - zu dem bis zum Abend keine näheren Informationen bekannt wurden - wurden in der Nähe von Capdepera im Nordosten Mallorcas acht weitere Fahrer der deutschen Gruppe verletzt, zwei von ihnen schwer. Sie sind nicht die ersten Unfallopfer als Radtouristen auf der Insel.
Radsportler leben auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln nicht ungefährlich. Erst am Ostersonntag wurde auf Menorca ein Radler von einem Wagen überfahren und getötet. Auf den Balearen starben in den vergangenen Jahren bei ähnlichen Unfällen allein in der Radsport-Hauptsaison im Frühling bis zu sechs Menschen.
Busfahrer brauchen viel Geduld
Bei einer Protestkundgebung forderte der balearische Radsport-Verband FCIB voriges Jahr Gegenmaßnahmen und bessere Gesetze zum Schutz der Fahrradfahrer. FCIB-Sprecher beklagten eine "alarmierende Zahl von Unfällen". Die Demonstration fand auch in anderen Städten Spaniens statt. Vor allem aber für Mallorca ist es wichtig, dass sich die aus anderen Regionen und Ländern anreisenden Radsportler auf den Straßen der Insel sicher fühlen können - setzt man doch im Rathaus von Palma angesichts der saisonalen Tourismus-Schwankungen neben Golf und Wandern auch auf den "Ciclismo".
Der Radsportverband appelliert an Autofahrer, gerade auch auf den vorwiegend sehr engen Straßen Mallorcas bei Überholmanövern einen Mindestabstand von 1,50 Meter zu Radfahrern einzuhalten. Das ist nicht immer möglich. Ein Busfahrer sagte jüngst dem "Mallorca Magazin": "Ich fahre regelmäßig nach Sa Calobra runter, zwölf Kilometer Serpentinen - da kann ich selten Radfahrer überholen. Das Einzige, was hilft, ist Geduld und nochmal Geduld."
Das Unfallfahrzeug bei Capdepera wurde nach Polizeiangaben von einer Spanierin gesteuert. Von Medien zitierte Augenzeugen versicherten, die 28-Jährige habe zu keinem Zeitpunkt gebremst und sei auf einer geraden Landstraße in ihrem SUV mit hoher Geschwindigkeit in die Gruppe gerast. Der Augenzeuge Juan Esteban sagte dem TV-Sender La Sexta: "Der Knall war erschütternd. Helme, Turnschuhe, Flaschen, Radteile und Reifen flogen durch die Luft."
"Der Unfall hätte überall passieren können"
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben Ermittlungen auf - und die Fahrerin zunächst in Gewahrsam. Ein erster Drogentest ergab, dass die Frau Cannabis konsumiert hatte - das Ergebnis müsse aber von einem Labor in Madrid noch bestätigt werden, hieß es. Die Frau - eine Unternehmerin und Mutter einer sechsjährigen Tochter - wurde am Freitag unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.
Der frühere spanische Radrennfahrer Óscar Pereiro beklagte, in Spanien herrsche "Straflosigkeit" und eine Vernachlässigung der Radsportler. "Wir geben ein trauriges Bild ab. Die Empörung in der Gemeinde der Radsportler ist riesengroß. Worauf warten die Politiker, um Maßnahmen zu ergreifen?"
"Von Radsport auf Mallorca muss vor dem Hintergrund dieses neuerlichen Unfalls abgeraten werden", schrieb ein Leser des "Mallorca Magazins" in einem Online-Kommentar. Marcel Iseli, Sportdirektor beim mit rund 60.000 Kunden größten Radsport-Reiseanbieter der Insel, ist anderer Meinung: Gegen solche Tragödien sei man nie gewappnet, "der Unfall in Capdepera hätte überall passieren können", sagte er der "Mallorca Zeitung".
Die Radsport-Touristen waren aus verschiedenen Regionen Deutschlands angereist. Die "Mallorca Zeitung" schrieb, es handele sich um eine Gruppe von 30- bis 40-Jährigen, "die seit Jahren in derselben Besetzung" anreise, um an einem Trainingscamp teilzunehmen. Reiseveranstalter Hannes Blaschke sagte dem Blatt, die Fahrt zum Puig Major sei als Höhepunkt der Reise geplant gewesen. "Das Monster kam dann von hinten." (dpa)