Essen. Die Ostseeinsel Usedom ist populär als Badewanne und Wellnessziel. Und die Bäderarchitektur nirgendwo prachtvoller und eleganter als hier.

Es geht ab wie Schmidts Katze. Die geballte tierische Kraft, vor dem Start mühsam gebändigt vom Team, darf sich auf Kommando schlagartig frei entfalten. Sechs Huskys legen los wie die Feuerwehr, denn endlich können sie das tun, was sie am allerliebsten haben: Laufen. Schnell laufen. Lange schnell laufen. Mit durchschnittlich 25 km/h, vorzugsweise über Schnee, wenn es sein muss aber auch auf Ostseestrandsand – Schlittenhunde sind nicht wählerisch.

Schlittenhunderennen

Seit zwei Jahren begeistert mit „Baltic Lights“ Deutschlands nördlichstes Schlittenhunderennen tausende Besucher der Ostseeinsel Usedom im Osten von Mecklenburg-Vorpommern. Höchst beliebt als Badewanne Berlins und Wellness-Eldorado mit exzellenten natürlichen Voraussetzungen: 42 Kilometer puderfeiner Sandstrand am Stück und spitzenmäßige 2000 Sonnenstunden per anno. Mildes Reizklima, das die Abwehrkräfte auf Vordermann bringt. Reinste Seeluft, deren Salz und Aerosole den Lungen gut tun.

Fast sechs Kilometer haben die Schlittenhunde vor den Pfoten. Dicht entlang am Wasser und durch tiefen Sand. Von Deutschlands längster Seebrücke in Heringsdorf zu Deutschlands ältester Seebrücke in Ahlbeck und retour – doch für beide Flanier-Ikonen haben die Gespanne und ihre Musher kein Auge. Den Zuschauern geht es da deutlich besser – sie können Rennen und Kulisse in aller Ruhe genießen. Und bei letzterer zugleich auf Zeitreise gehen.

Denn Usedom ist berühmt für seine Bäderarchitektur. Speziell die drei „Kaiserbäder“ Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin, aber auch das im Norden gelegene Zinnowitz sind nicht nur stolz auf ihre Laufstege weit hinaus ins Meer, sondern präsentieren auch jede Menge feinste und hübsch aufpolierte Perlen aus jener imperialen Zeit vor über hundert Jahren, als Aristokraten und Finanzmagnaten ihre Villen an den Ostseestrand setzten und Seine Majestät, der deutsche Kaiser, auf Stippvisite vorbei kam. Beim Bau ihrer Luxus-Sommersitze ließen die Herrschaften ihren Vorlieben freien Lauf und griffen Elemente aus Renaissance und Barock, Klassizismus, Gründerzeit und Jugendstil auf. Im Ergebnis entstand ein irrer Mix aus Stilen und Epochen, ein Sammelsurium aus diversen Schmuckelementen, von denen Türmchen und Loggien mit filigranen Schnitz- oder Metallarbeiten am auffälligsten sind. Am mondänsten ging es dabei in Heringsdorf zur Sache – hier allein sind drei Dutzend besonders glanzvolle Bäderarchitektur-Juwele zu bestaunen. Das elitäre Flair zog auch eine illustre Gästeschar an: So logierten hier Theodor Fontane, Johann Strauß, Leo Tolstoi, Maxim Gorki, Kurt Tucholsky oder die Manns; der amerikanische Maler Lyonel Feininger verbrachte gleich mehrere Sommer in der Villa des Bankiers Benoit Oppenheim – einem strahlendweißen Putzbau nach antikem Vorbild, der auch zum Lieblingsmotiv des Malers avancierte.

Von Glanz und Gloria der Kaiserzeit und dem Trubel der Seebäder ist es auf Usedom nur ein kurzer Weg zu frappierender Ruhe in unberührter Natur. Das Achterwasser ist eine seeartige Boddenlandschaft im Rücken der Strände zwischen Insel und nahem Festland. Ideales Ter-rain für Segler und Surfer, Wanderer und Biker, aber auch Ausflugs- und Charterboottouren sind hier sehr populär. Und für romantische Gemüter gibt es kaum einen besseren Platz als das Naturschutzgebiet Loddiner Höft.

Auch als Wellness- und Gesundheitsziel steht Usedom ganz oben auf der touristischen Landkarte, die Dichte an qualifizierten Wohlfühloasen etwa ist nirgendwo höher als hier. Neuester Clou: Europas erster zertifizierter Kur- und Heilwald in Heringsdorf. Eine „Grüne Apotheke am Meer“, in der die heilenden Kräfte des Küstenwaldes bewusst genutzt werden. Ein einziger Tag im Wald nämlich stärkt das Immunsystem bereits kräftig, senkt den Blutdruck, reguliert den Puls und baut Stresshormone ab. An verschiedenen Stationen im Wald können Muskeln aufgebaut sowie Konzentration und Gleichgewicht trainiert werden – ein einzigartiges Projekt.

Raketenfabrik in Peenemünde

Usedoms international wohl bekanntester Ort liegt an der Nordspitze: Peenemünde. Einst ein kleines Fischerdorf, wurde der Ort durch die „Heeresversuchsanstalt“ weltbekannt, in welcher zwischen 1939 und 1945 neuartige Waffen entwickelt wurden. Unter der Leitung Wernher von Brauns gelang hier 1942 mit dem weltweit ersten Start einer Rakete ins All einer der spektakulärsten, aber auch gefährlichsten technischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts – die „Wunderwaffe“ V2 kam 1944/45 zum Einsatz bei den Luftangriffen auf London, Antwerpen und Lüttich. All das ist dokumentiert im Kraftwerk der ehemaligen Raketenfabrik – dem größten technischen Denkmal Mecklenburg-Vorpommerns.

>>> Informationen und Events

Anreise: Mit dem Auto aus dem Ruhrgebiet in rund acht Stunden (rund 700 Kilometer) nach Heringsdorf auf Usedom. Oder mit der Bahn: www.bahn.de
Veranstaltungen: Mai: Grand Schlemm – kulinarische Strandwanderung, Juni: Xtreme Coast Race – Extremsportspektakel, Juni/Juli: Kite-Surf-Masters, Juli-September: Vineta Festspiele, Oktober: Drachenfestival.
Kontakt: Unterkünfte und verschiedene Angebote sind über die Usedom Tourismus GmbH buchbar: Telefon 038375/24 41 44, www.usedom.de
Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, www.auf-nach-mv.de