Rostock. 2017 gab es in Mecklenburg-Vorpommern einen Rückgang bei den Übernachtungszahlen. Die ITB kommt da wie gerufen, um wieder Boden gut zu machen.

"Endlich Ruhe": Unter diesem Motto wirbt Mecklenburg-Vorpommern mit fünf Onlinespots für einen Urlaub im Nordosten. Für die einminütigen Filmchen wurden die Schauspieler Anneke Kim Sarnau, Hinnerk Schönemann und Olaf Schubert gewonnen. Ruhe ist in dem bevölkerungsarmen Flächenland häufig zu finden, doch so einfach ist die Botschaft nicht zu verstehen. Denn Ruhe steht auch für Einsamkeit, und das ist wohl das Letzte, was sich die Tourismusmanager wünschen.

Auf der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin führt kommende Woche kaum ein Weg an Mecklenburg-Vorpommern vorbei - erstmals tritt ein Bundesland als Partnerland der ITB auf. Etwa 100 Strandkörbe sind auf dem Gelände aufgestellt, jeder mit Hinweisen auf eines der vielen Reiseziele im Nordosten. Denn der Strandkorb, insbesondere die XXL-Version vom G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm, gilt als Symbol für das Urlaubsland MV.

Rückschlag auf hohem Niveau

"Die ITB ist eine riesige Plattform", sagt Wirtschafts- und Tourismusminister Harry Glawe (CDU). Sein Fokus liegt vor allem auf dem schwächelnden Auslandstourismus, der in Berlin angekurbelt werden soll. Kommen in Deutschland etwa 18 Prozent aus dem Ausland, sind es in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 3 und 4 Prozent.

Jahrelang war der Tourismus im Nordosten quasi ein Selbstläufer mit stetig steigenden Übernachtungszahlen. Doch 2017 kam - allerdings auf hohem Niveau - ein Rückschlag: Knapp zwei Prozent weniger Übernachtungen. Dies war nicht nur dem miesen Sommerwetter geschuldet, schließlich regnete es etwa auch in Schleswig-Holstein häufig. Allerdings stieg dort die Zahl der Übernachtungen um sechs Prozent.

Vielmehr gab es in Mecklenburg-Vorpommern in den Wachstumsjahren an wichtigen Stellschrauben Stillstand, und diese Defizite liegen nun offen auf dem Tisch. "Die ITB ist ein Aufbruchssignal für die Branche, es war dringend notwendig", betont Wolfgang Waldmüller, Präsident des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Schwierige Verkehrssituation könnte Touristen fern halten

Mit einer in dieser Form bundesweit einmaligen Tourismuskonzeption will das Land nun die Weichen stellen. "Wir wollen ein touristisches Wertesystem aufbauen", sagt Waldmüller. Dazu gehöre die Qualität, die Situation der Arbeitskräfte, die Erreichbarkeit. Waldmüller weiß: In einem Land mit sinkender Bevölkerungszahl kann auch der Tourismus nicht immer weiter wachsen. Die Frage ist also, wie viel Tourismus braucht und verträgt das Land.

Baustellen gibt es viele, nicht nur die eine, große, die seit Wochen den Nordosten sogar in die internationalen Schlagzeilen bringt: Die kaputte Autobahn 20 bei Tribsees, die gigantischen Löcher, wie von Riesen in die Straße getreten. Das ist alles andere als lustig, vor allem Vorpommern fürchtet, dass manche Urlauber aus dem Westen gar nicht erst kommen. Denn eine weitere Behinderung bei der An- oder Abreise ist schwer zu verkaufen, sind doch Rügen und Usedom in der Hauptsaison nur über Nadelöhre mit Staus zu erreichen.

Radwegenetz ist in einem schlechten Zustand

Waldmüller gesteht ein, dass die Erreichbarkeit ein Problem ist. Die Bahntakte sind zu lang, und Flieger kommen nur aus München und Stuttgart in Rostock-Laage an. In der Saison werden Heringsdorf auf Usedom und Laage nur am Wochenende aus mehreren deutschen, schweizerischen und österreichischen Städten angeflogen.

Das Mobilitätsproblem äußert sich auch im öffentlichen Nachverkehr. Es gibt keine vernünftige Verknüpfung von Bahn oder Bus. Allerdings wurde nun mit der Anbindung des Nahverkehrs Berlin-Brandenburg mit der Mecklenburgischen Seeplatte ein erster Schritt getan.

Ein eher trauriges Kapitel ist das Radwegenetz. Etwa ein Fünftel der Strecken auf den vier wichtigen Radfernwegen sei in einem schlechten Zustand, kritisiert der Landeschef des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Martin Elshoff. Vom 2016 getroffenen Beschluss, MV 2018 zu einem Radwanderland zu machen, ist man weit entfernt. Genügend Gründe also für Mecklenburg-Vorpommern, die Aufbruchstimmung durch die ITB zu nutzen. (dpa)