Ito. Eine Stadt in Japan veranstaltet Kissenschlachten als regelrechten Sport. Bei der örtlichen Tourismusbranche klingeln die Kassen.
Als das Kissen angeflogen kommt, geht Kazuhiro Sugimoto blitzschnell in Deckung. Wochenlang hat er für dieses taktische Manöver geübt. "Wir haben unsere Sitzkissen von zu Hause eingesammelt und in einer Gemeindehalle trainiert", erzählt der 23 Jahre alte Student der Wirtschaftswissenschaften lachend. Sugimoto ist leidenschaftlicher Kissenschlacht-Kämpfer. "Todesmutige Kissentruppe" nennen sich Sugimoto und seine Freunde aus Osaka. Ihr Schlachtfeld: Eine Sporthalle in Ito, ein für seine heißen Badequellen bekannter Ausflugsort rund anderthalb Zugstunden von Tokio entfernt.
Um den örtlichen Tourismus anzukurbeln, hat die Ortsverwaltung das gegenseitige Bombardieren mit flauschigen Kissen nämlich zu einem regelrechten sportlichen Wettbewerb erhoben - mit allem was zu einem Wettkampf so dazugehört: von Regeln bis hin zu Schiedsrichtern.
Während der Rest der Welt am Wochenende den Abschluss der Olympischen Winterspiele im benachbarten Südkorea verfolgte, traten zur gleichen Zeit in Ito nicht weniger als rund 500 kissenbewehrte Athleten beim sechsten nationalen Kissenschlacht-Wettbewerb an den Start - mit mindestens ebenso großem Eifer wie die Olympioniken in Südkorea.
Teilnehmer müssen taktisch denken
Das Schlachtfeld aus Tatami-Reisstrohmatten misst genau 4,5 mal 7,2 Meter. Keinen Millimeter weniger. Auf sechs Seiten sind diese und anderen Regeln aufgelistet. Ja, wenn Japaner was machen, dann richtig. Beide Mannschaften bestehen aus sechs bis acht Mitgliedern, als "Trikot" dienen - trotz der winterlichen Temperaturen - Yukata.
In dem traditionellen Badegewand, eine leichtere und alltäglichere Variante des Kimonos, sehen die Kissenschlacht-Athleten aus, als würden sie ins Onsen-Bad gehen wollen. Stattdessen legt sich jeder in ein traditionelles Futon mit dazugehöriger flauschiger Bettdecke, vorne weg "taisho", der "General" der Mannschaft. Über Lautsprecher eröffnet der Schiedsrichter, dann springen alle aus den Betten.
"Es geht darum, die Gegner mit den Kissen zu treffen", erzählt Sugimoto und fügt hinzu: "Dabei muss man taktisch denken, die Positionsstellungen sind wichtig." Drei mal zwei Minuten tobt die Schlacht. Wer getroffen wird, muss raus. Die Mannschaft, die die meisten Spieler am Ende im Feld hat, hat gewonnen. Beim Unentschieden wird Kissen-Weitwerfen entschieden - wie beim Elfmeterschießen.
760 Euro Preisgeld
Und so flogen die Kissen am Sonntag nur so durch die Halle, begleitet vom Gröhlen der Zuschauer und anderen Mannschaften. Zur Verteidigung halten einzelne Spieler Bettdecken ausgebreitet hoch. "Für uns ist das nicht nur eine lustige Art, Stress abzubauen. Es ist auch etwas Nostalgie dabei, weil uns das an die Sportveranstaltungen, die wir zur Schulzeit hatten, erinnert", erzählt Sugimoto weiter.
Die Idee zu diesem kuriosen Wettbewerb lieferte vor Jahren denn auch ein Schüler einer örtlichen Oberschule. "Seither ist das Interesse stetig gewachsen", erzählt Tomonobu Ida von der Tourismusverwaltung. Rund 900 Männer, Frauen und Kinder hatten sich für den diesjährigen Wettkampf angemeldet, per Losentscheid wurden am Ende rund 500 von ihnen ausgewählt. Mancher kam sogar aus Hokkaido im hohen Norden des Landes, ein anderer extra aus der Stadt Nagasaki im Süden des Inselreiches nach Ito angereist.
Am Ende siegte eine Mannschaft aus Tokios Nachbarprovinz Chiba - und durfte das Preisgeld von 100.000 Yen (760 Euro) nach Hause nehmen. Sugimoto und seine "todesmutige Kissentruppe" kamen dennoch voll auf ihre Kosten: Dabei sein ist alles - wie bei Olympia, nur lustiger. (dpa)