Madrid. In Spanien reiht sich ein trockenes Jahr an das nächste, hinzu kam 2017 eine Rekordhitze. Trotzdem wird in der Landwirtschaft mehr bewässert.

Lange fährt Ricardo Ortega mit seinem Geländewagen durch eine Mondlandschaft. Auf einer Anhöhe bleibt er stehen. Vor einem Jahr sei hier noch die Anlegestelle für seinen Bootsverleih gewesen, sagt er. Jetzt ist dort nur ein rund zehn Meter tiefer Abhang. Der Stausee Entrepeñas, einst ein Paradies für Wassersportler, ist zum größten Teil ausgetrocknet. Er ist das Bild einer landesweiten Katastrophe: In Spanien reiht sich ein trockenes Jahr an das nächste.

Nicht einmal 80 Kubikhektometer Wasser sind im Stausee Entrepeñas noch gespeichert, das sind weniger als zehn Prozent der Kapazität, die vorgesehen war, als Diktator Francisco Franco ihn 1956 einweihte. Der Grund ist leicht ausgemacht: Es hat in Spanien kaum geregnet. Im sonst so grünen Norden des Landes waren die Niederschläge 2016/2017 rund 25 Prozent, im Landesdurchschnitt 15 Prozent niedriger als normal, wie die Meteorologen vom staatlichen Wetterdienst Aemet mitteilten.

Das klingt nicht dramatisch, doch Meteorologen, Landwirte und Menschen wie Ortega, die vom Tourismus leben, sind alarmiert. Denn schon seit 2014 reihe sich ein trockenes Jahr an das andere, sagt die Meteorologin Mar Gómez vom Wetterportal eltiempo.es. Das mit dem 1. Oktober 2017 begonnene neue "hydrologische Jahr" habe wieder außergewöhnlich trocken begonnen. Zudem sei 2017 eines der heißesten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen, ergänzt ihr Kollege José Antonio Maldonado. Und es nimmt kein Ende: Am 21. Januar wurden in Valencia mehr als 26 Grad gemessen, Hitzerekord im Januar.

Wasserstand hat sich halbiert

Zwar regnet und schneite es zuletzt auch in Spanien außergewöhnlich stark. Doch daraus wollen die Wetterforscher noch keinen neuen Trend ableiten. Auch am Wasserstand der Stauseen haben die Niederschläge bislang kaum etwas geändert.

Am Stausee von Entrepeñas, der einst als das "Meer von Kastilien" Sommerurlauber aus dem nahegelegenen Madrid anzog, fürchten sie inzwischen den Ruin. In nur einem Jahr habe sich der Wasserstand halbiert. Im Herbst seien die üblichen Gewitter ausgeblieben, sagt Bootsverleiher Ortega. "Das ist alles eine Katastrophe."

So sehen es viele in dem kleinen Städtchen Sacedón, das einst am Ufer des Stausees lag. Gerade habe wieder ein Lokal geschlossen, erzählt Juan José Jiménez, dem das Restaurant Pino gehört. Einst habe er an einem Samstag 150 Mittagessen verkauft, heute seien es an guten Tagen noch 40. Auch der Gastwirt sieht schwarz.

Zahlreiche Meerwasserentsalzungsanlagen

Denn zusätzlich zur Trockenheit komme der Durst anderer Landesteile. "Die Lobby der Bewässerungslandwirtschaft an der Küste ist enorm", sagt er. Er spricht damit das zweite große Problem der Menschen der Region an. Jedes Jahr wurden bislang große Mengen Wasser aus dem See zur 400 Kilometer entfernten Küste umgeleitet.

Die Landwirtschaft verbraucht mehr als 80 Prozent des Wassers in Spanien, 3,7 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche werden mit 16.000 Kubikhektometern bewässert. Seit 2002 seien drei Milliarden Euro in die Modernisierung der Bewässerung investiert worden, versichert Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Isabel García Tejerina von der konservativen PP. Dadurch würden 3.000 Kubikhektometer im Jahr eingespart. Aber auch ihr Ministerium gesteht ein: Die Bewässerungslandwirtschaft hat auch in den vergangenen Jahren der Trockenheit noch zugenommen.

Bislang kam dieses Wasser vor allem aus Stauseen und Brunnen. Das müsste es nicht. Denn an der Küste sind in den vergangenen Jahren mit Geldern der Europäischen Union zahlreiche Meerwasserentsalzungsanlagen entstanden. Doch sie sind nur zu 17 Prozent ausgelastet.

Oliven waren klein und verschrumpelt

Erst seit die Stauseen in Zentralspanien so gut wie leer sind, subventioniert die spanische Regierung das Wasser aus den Entsalzungsanlagen stärker und die Landwirte verwenden auch dieses Wasser. Sonst wären in der Küstenregion Murcia 44 Millionen Obstbäume vertrocknet, erklärten die Bauern Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) bei dessen Besuch in der Region im Dezember.

Landwirt Chema Cosca helfen die Subventionen an der Küste nicht. Er hat seine Olivenbäume und Weinstöcke in den Bergen über dem Stausee Entrepeñas. Dort kann er weder mit dem Wasser aus dem See noch aus den Entsalzungsanlagen bewässern. Er freut sich über den jüngsten Regen.

Doch er weiß auch, dass die Niederschläge nicht ausreichen, um dem Boden die bislang entzogene Feuchtigkeit zurückzugeben. Die im November geernteten Oliven seien klein und verschrumpelt gewesen, typisch in Zeiten der Trockenheit, berichtet er. Die Erntemaschinen habe er mit Lüftern für die Kühlung ausstatten müssen. Jeden Tag seien die Leitungen für das Hydrauliköl gerissen. Es sei im November einfach viel zu heiß gewesen. "Früher dachte ich, das mit dem Klimawandel ist Blödsinn, dass die Trockenperioden ganz normale Zyklen sind", sagt der Bauer. "Jetzt bin ich mir sicher: Irgendetwas passiert mit dem Klima." (epd)